1.1 Ist ein Abzug an anderer Stelle möglich?
Da nur private Lebenshaltungskosten als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden sollen, schließt das Gesetz die Aufwendungen aus, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten und Sonderausgaben gehören. Soweit diese Aufwendungen sich dort steuermindernd auswirken, steht einer Zuordnung zu den außergewöhnlichen Belastungen bereits der Gesichtspunkt der unzulässigen Doppelbegünstigung entgegen.
Ausgeschlossen bleiben derartige Aufwendungen selbst dann, wenn sie sich wegen eines Abzugsverbots oder wegen geltender Höchstbeträge nicht oder nur teilweise als Betriebsausgaben, Werbungskosten und Sonderausgaben auswirken können. Ausnahmen sieht das Gesetz lediglich bei den Kosten einer eigenen Berufsausbildung und bei Kosten von Privatschulen für ein Kind vor.
1.2 Beschränkt Steuerpflichtige
Im Rahmen der Veranlagung als beschränkt Steuerpflichtiger versagt das Gesetz den Abzug von außergewöhnlichen Belastungen. Die Rechtfertigung liegt im Regelfall darin, dass es bei beschränkt Steuerpflichtigen Aufgabe des auswärtigen Wohnsitzstaates ist, derartige Belastungen bei der Besteuerung abzugelten. Dieser Gedanke ist möglichweise nicht mehr anwendbar, wenn der Steuerpflichtige zwar überwiegend inländische Einkünfte bezieht, seine ausländischen Einkünfte jedoch nur knapp über dem deutschen Grundfreibetrag liegen. Dann kann er sich zwar nicht als unbeschränkt steuerpflichtig behandeln lassen. Die bescheidenen ausländischen Einkünfte geben dem ausländischen Wohnsitzstaat aber keinen Spielraum, hohe außergewöhnliche Belastungen durch eine Steuerermäßigung abzugelten. Ob die deutsche gesetzliche Regelung in derartigen Fällen als Verstoß gegen EU-Recht beanstandet werden würde, lässt sich nicht zuverlässig abschätzen.
1.3 Veranlagungszeitraum des Abzugs
Außergewöhnliche Belastungen sind grundsätzlich in dem Jahr steuerlich zu berücksichtigen, in dem die Aufwendungen geleistet worden sind (Abflussprinzip). In dem Regelfall der Überweisung ist – bei ausreichender Kontendeckung – der Zeitpunkt der Erteilung des Überweisungsauftrags (Eingang bei der Bank) maßgeblich. In Sonderfällen kann der Steuerpflichtige die steuerlichen Auswirkungen der Aufwendungen erhöhen, insbesondere wegen der zumutbaren Belastung, wenn er die Zahlung in ein anderes Jahr vor- oder zurückschiebt.
Die Sonderregelung für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben kommt bei außergewöhnlichen Belastungen eher selten zur Anwendung, z. B.bei regelmäßig fällig werdenden Unterhaltsleistungen (Abzug in dem Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit).
Verteilung auf mehrere Jahre oder Verschiebung in ein anderes Jahr
Können sich hohe außergewöhnliche Belastungen im Jahr der Zahlung nur zu einem kleinen Teil steuerlich auswirken, kam nach einer Entscheidung des FG des Saarlandes aus Billigkeitsgründen eine Verteilung auf bis zu 5 Jahre in Betracht kommen. Der BFH hat dies jedoch verneint. Eine Verschiebung der Aufwendungen in ein anderes Jahr bleibt daher nur im Rahmen des Abflussprinzips möglich.
1.4 Behandlung von Erstattungen
Werden dem Steuerpflichtigen seine Aufwendungen von dritter Seite erstattet, z. B. von einer Hausratversicherung, kann er den erstatteten Betrag mangels eigener Belastung nicht als außergewöhnliche Aufwendungen geltend machen. Das gilt nach Auffassung des BFH auch dann, wenn ihm die Erstattung erst in einem späteren Jahr zufließt.
1.5 Pauschaler Abzug
Grundsätzlich dürfen außergewöhnliche Belastungen nur in der Höhe abgesetzt werden, in der sie tatsächlich entstanden sind. Seit dem Veranlagungsjahr 2021 dürfen im Rahmen von § 33 Abs. 2a EStG pauschale Fahrtkosten angesetzt werden.
- Bei Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen "G" beträgt die Pauschale 900 EUR.
- Bei Menschen mit dem Merkzeichen "aG", "Bl", "TBl" oder "H" beträgt die Pauschale 4.500 EUR.
1.6 Veranlagungsformen bei Ehegatten
Ehegatten werden bei (zulässiger) Wahl der Zusammenveranlagung für den Bereich der außergewöhnlichen Belastungen "gemeinsam als Steuerpflichtiger behandelt". Deshalb spielt es keine Rolle, wer von ihnen die Aufwendungen bezahlt und wirtschaftlich getragen hat.
Bei Wahl der Ehegatten-Einzelveranlagung soll das Finanzamt darauf abstellen, wer die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat. Gemeinsam können die Ehegatten jedoch eine hälftige Aufteilung wählen. Das Wahlrecht zugunsten der hälftigen Aufteilung kann in begründeten Einzelfällen auch allein derjenige Ehegatte ausüben, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat.