– Zwangsläufigkeit der Aufwendungen
Aufwendungen, die unmittelbar entweder der Heilung einer Krankheit dienen oder den Zweck verfolgen, eine Krankheit erträglich zu machen oder deren Folgen zu lindern, erwachsen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig. Eine Krankheit liegt nicht bei jeder körperlichen Unregelmäßigkeit vor, sondern nur dann, wenn Körperfunktionen beeinträchtigt sind oder die anatomische Abweichung entstellend wirkt. Die Kosten der Heilbehandlung werden in ständiger Rechtsprechung typisierend als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG gebotenen Prüfung bedarf, ob die Aufwendungen dem Grunde und der Höhe nach im Einzelfall zwangsläufig erwachsen sind.
Die Art und Ursache der Erkrankung sind nicht entscheidend. Unerheblich ist daher, ob eine Erkrankung auf Unachtsamkeit, auf eine selbstverschuldete Gefährdung, etwa bei ungesunder Lebensweise oder einer gefährlichen Sportart, oder auf Alkohol- bzw. Drogenmissbrauch zurückzuführen ist.
Aufwendungen für vorbeugende, der Gesundheit ganz allgemein dienende Maßnahmen sind nicht zwangsläufig und gehören nicht zu den abziehbaren Kosten. Deshalb sind auch die Aufwendungen z. B. für die Entnahme und Einlagerung von Nabelschnurblut zum Zweck einer evtl. späteren therapeutischen Verwendung nicht abziehbar; ebenso nicht Aufwendungen für Medikamente für die Hausapotheke (Schmerzmittel, Erkältungspräparate) ohne ärztliche Verordnung. Die Ausgaben für eine Erholungsreise sind nicht abziehbar, auch wenn die Reise der Erhaltung der Gesundheit und der Arbeitskraft des Steuerpflichtigen dient, etwa für die Fortsetzung der Berufstätigkeit unerlässlich erscheint.
Verfassungsmäßigkeit der zumutbaren Belastung geklärt
Wegen verfassungsrechtlicher Bedenken gegen die Anrechnung der zumutbaren Belastung in Krankheits- und Pflegefällen wurden Veranlagungen hinsichtlich des Abzugs einer zumutbaren Belastung nur vorläufig durchgeführt. Der BFH hatte die Verfassungsmäßigkeit bejaht. Nachdem das BVerfG die Verfassungsbeschwerden gegen die Urteile VI R 32/13 und VIII R 52/13 nicht zur Entscheidung angenommen hatte, dürfte sich die Problematik für die Praxis erledigt haben. Nach BMF-Anweisung wird endgültig veranlagt. Noch anhängige Einsprüche sollten zurückgenommen werden.
– Nachweis
Die Aufwendungen müssen grundsätzlich durch vorherige Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers nachgewiesen werden. Bei einer länger andauernden Erkrankung mit ständigem Verbrauch bestimmter Arzneimittel, Heil- oder Hilfsmittel reicht die einmalige Vorlage einer Verordnung. Ist z. B. die Notwendigkeit einer Sehhilfe durch einen Augenarzt bereits anlässlich einer früheren Untersuchung festgestellt worden, genügt die Folgerefraktionsbestimmung durch einen Augenoptiker. Als Nachweis der angefallenen Krankheitsaufwendungen kann auch die Vorlage der Erstattungsmitteilung der privaten Krankenversicherung oder des Beihilfebescheids einer Behörde ausreichen. Diese Erleichterung entbindet den Steuerpflichtigen aber nicht von der Verpflichtung, in einzelnen Fällen die Zwangsläufigkeit, Notwendigkeit und Angemessenheit nicht erstatteter Aufwendungen dem Finanzamt auf Verlangen nachzuweisen.
Formalisierter Nachweis von Krankheitskosten
§ 64 EStDV verlangt für bestimmte Fälle den Nachweis der Zwangsläufigkeit von Krankheitskosten in qualifizierter Form. Für die Kosten von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln muss danach eine vor Beginn der Behandlung ausgestellte Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers vorgelegt werden. In weiteren einzeln aufgeführten Fällen wird ein vor Beginn der Maßnahme oder dem Erwerb des Hilfsmittels ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine entsprechende Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung verlangt. Das betrifft: Bade-, Heil- und Vorsorgekuren, psychotherapeutische Behandlung, auswärtige Unterbringung eines Kindes wegen Legasthenie oder anderer Behinderung, Notwendigkeit der Betreuung durch eine Begleitperson, allgemeine Gebrauchsgegenstände als medizinische Hilfsmittel, wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungen wie Frischzellentherapie usw. Für Besuchsfahrten zum im Krankenhaus liegenden Ehegatten oder Kind ist die Bescheinigung des Krankenhausarztes über die Erforderlichkeit des Besuchs zur Heilung oder Linderung einer Krankheit erforderlich.
Der formalisierte Nachweis gilt auch bei einer Erkrankung mit einer nur noch begrenzten Lebenserwartung. Er gilt aber nur in den abschließend geregelten Katalogfällen. Ein formalisierter Nachweis ist daher z. B. nicht erforderlich, wenn den Eltern Kosten für eine Schulung entstehen, die den Zweck hat, ihnen den Umgang mit der Krankheit des Kindes zu erleichtern. Ähnliches kann für die Einbeziehung naher Angehöriger eines Suchtkranken gelten.
Von dem grundsätzlich geltenden formalisierten Nachweiserfordernis sollte in Ausnahmefällen Abstand genommen werden, z. B. bei p...