OFD Münster, Verfügung v. 9.4.2002, S 2290 – 88 – St 12 – 31
Bis einschließlich VZ 1998 unterlagen außerordentliche Einkünfte, wie beispielsweise Veräußerungsgewinne oder Entlassungsentschädigungen, nach § 34 EStG dem halben Steuersatz. Diese Art der Steuerermäßigung wurde durch das StEntIG 1999/2000/2002 mit Wirkung auf den 1.1.1999 durch die sog. Fünftel-Methode ersetzt. Ab dem VZ 2001 wurde der halbe Steuersatz für Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe von Betrieben durch das Steuersenkungsergänzungsgesetz (StSenkErgG) vom 19.12.2000 (BStBl 2000 I S. 2001 S. 25) in modifizierter Form wieder eingeführt. Gegen diese Regelungen wurden folgende verfassungsrechtliche Bedenken geäußert:
Rückwirkung des StEntIG 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 auf den 1.1.1999 (echte Rückwirkung)
Zur Frage der Rückwirkung hat inzwischen das FG Baden-Württemberg durch Urteil vom 9.7.2001, 12 K 196/00 abschlägig entschieden. Die wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Revision ist beim BFH unter dem Az. XI R 42/01 anhängig. Entsprechende Rechtsbehelfsverfahren können deshalb nach § 363 AO zum Ruhen gebracht werden.
Anwendung der sog. Fünftel-Methode für Veräußerungsgewinne i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG für die Jahre 1999 und 2000
Beim FG Köln ist unter dem Az. 8 K 4932/01 eine Klage anhängig, die sich gegen die Wiedereinführung des halben Steuersatzes durch das StSenkErgG ab dem VZ 2001 und nicht bereits ab dem VZ 1999 richtet.
Hinweis: Interessenvereinigungen, wie z.B. der Bund der Steuerzahler, haben sich für eine rückwirkende Wiedereinführung der alten Gesetzesfassung eingesetzt und beim Deutschen Bundestag eine sog. Sammelpetition eingelegt.
Es bestehen keine Bedenken, wenn auch solche Rechtsbehelfsverfahren ruhen.
Aussetzung der Vollziehung
Das FG Düsseldorf hat im Beschluss vom 6.2.2002, 2 V 4883/01 A (E) in einem Verfahren betreffend die Aufhebung der Vollziehung erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel betreffend die Regelung des § 34 Abs. 1 EStG in der für die Veranlagungszeiträume 1999 und 2001 gültigen Fassung geäußert. Das Gericht hält es für ernstlich zweifelhaft, ob die Entscheidung des Gesetzgebers, die mit Wirkung ab dem Jahr 2001 – in modifizierter Weise – wieder eingeführte Anwendung der Tarifermäßigung auf Veräußerungsgewinne gem. § 34 Abs. 3 EStG nicht auf Veräußerungsfälle der Jahre 1999 und 2000 anzuwenden und insoweit keine Überleitungsvorschrift zu schaffen, mit dem Gleichheitsgrundsatz desArt. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist. Gegen den vorgenannten Beschluss ist seitens der Verwaltung die vom FG zugelassene Beschwerde eingelegt worden. Das FG führt in seinem Beschluss zutreffend aus, dass es in Fällen, in denen es um die mögliche Verfassungsmäßigkeit einer angewandten Rechtsnorm geht, nach der Rechtsprechung erforderlich ist, dass die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch schwerwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Da es sich wahrscheinlich nur um wenige Fälle handeln wird, kann eine Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung nicht generell mit dem Hinweis auf das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung und dessen Vorrang vor Zweifeln an einem verfassungsmäßig zu Stande gekommenen Gesetz begründet werden. Vielmehr ist in jedem Fall zu prüfen, ob die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige Härte darstellt.
Normenkette
EStG § 34