OFD Niedersachsen, Verfügung v. 22.1.2010, S 0623 - 1106 - StO 141
(Hinweise zum Anwendungserlass zur Abgabenordnung vom 2.1.2008, IV A 4 – S 0062/07/0001, BStBl 2008 I S. 26)
Zu Nr. 5.2
Wollen einzelne Feststellungsbeteiligte trotz der von Amts wegen vorzunehmenden Aussetzung der Vollziehung (§ 361 Abs. 3 Satz 1 AO, sog. Folgeaussetzung) auf ihre persönliche Steuerschuld erfüllen, um nach einem für sie erfolglosen Ausgang des Rechtsbehelfsverfahrens Aussetzungszinsen (§ 237 AO) zu vermeiden, ist wie folgt zu verfahren:
- Es ist rechtlich zulässig, die AdV eines Feststellungsbescheides auf die Gewinnanteile einzelner Feststellungsbeteiligter zu beschränken (BFH 7.11.1968, IV B 47/68, BStBl 1969 II S. 85 in AEAO Nr. 5.2). Will daher ein Feststellungsbeteiligter die strittige Steuerschuld aus den vorgenannten Gründen erfüllen, ist er zunächst auf diese Möglichkeit hinzuweisen.
- Es kann aber auch zugelassen werden, dass der Feststellungsbeteiligte trotz gewährter AdV die strittige Steuer zahlt und das FA den entrichteten Betrag im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen ausnahmsweise vorerst behält. In diesem Fall sind später gegen den Steuerpflichtigen auch bei (teilweiser) Erfolglosigkeit des Rechtsbehelfsverfahrens keine AdV-Zinsen festzusetzen, da es insoweit an der in § 237 Abs. 1 Satz 1 AO enthaltenen Tatbestandsvoraussetzung eines geschuldeten Betrages fehlt.
Zu Nr. 5.4.2
In der Praxis bestehen Probleme beim Informationsaustausch zwischen den für die Grundlagenbescheide und den für die Folgebescheide zuständigen Finanzämtern. Trotz vorliegender Anweisungen (z.B. Nr. 5.4.2 des AEAO zu § 361) werden die für die Folgebescheide zuständigen Finanzämter nicht immer über die Beendigung der AdV eines Grundlagenbescheides unterrichtet.
Damit eine zeitgerechte Aufhebung der AdV des Folgebescheides möglich ist, haben die Betriebs- bzw. Beteiligungsfinanzämter den Wohnsitzfinanzämtern die Beendigung der AdV des Grundlagenbescheides durch Vordruck AO(S) 44 A (Beendigung der Aussetzung der Vollziehung) umgehend mitzuteilen. In begründeten Fällen sollen die Wohnsitzfinanzämter beim Betriebs- bzw. Beteiligungsfinanzamt den Stand des Einspruchsverfahrens erfragen. Dies gilt insbesondere für Aussetzungsfälle mit hohen und/oder bereits seit längerem ausgesetzten Beträgen. Diesen Fällen müssen die Sachgebietsleiter aufgrund ihrer Dienst- und Fachaufsicht erhöhte Aufmerksamkeit schenken (Niederschrift AO-Tagung 2000, Aussetzung der Vollziehung (AdV) unter besonderer Berücksichtigung der Zusammenarbeit zwischen Rechtsbehelfsstelle und Vollstreckungsstelle, hier AdV von Grundlagenbescheiden und Folgebescheiden (Fachinformationsportal/Fachbereiche/Abgabenordnung/Tagungsunterlagen und Niederschriften)).
Zu Nr. 8.2
1. |
Mit der Beendigung der AdV nach Erlass der Einspruchsentscheidung endet auch die dadurch eingetretene Unterbrechung der Zahlungsverjährung und es beginnt eine neue Verjährungsfrist (§ 231 AO). Wegen dieser Folgen für die Zahlungsverjährung darf nach Klageerhebung nicht „stillschweigend” AdV (weiter) gewährt werden. Es muss vielmehr zur Unterbrechung der Zahlungsverjährung eine (erneute) AdV bekannt gegeben werden (BFH 22.7.1999, V R 44/ 98, BStBl 1999 II S. 749, sowie 24.4.1996, BFH/NV 1996 S. 865). Geschieht dies nicht – wird also AdV „stillschweigend” weiter gewährt –, können bei länger dauernden Rechtsbehelfsverfahren Ansprüche wegen Zahlungsverjährung ausfallen. |
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2.1 |
Solange das Insolvenzverfahren noch nicht eröffnet ist, kann ein Rechtsschutzbedürfnis an der AdV noch geltend gemacht werden (BFH 15.2.2002, XI S 32/01, BFH/NV 2002 S. 940). |
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2.2 |
Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, gilt die von der Vollziehung ausgesetzte Steuerforderung als fällig (§ 41 Abs. 1 InsO). Sie ist intern fällig zu stellen (vgl. hierzu DA-ADV Fach 7 Teil 2 Nr. 7). Neuer Zahlungstermin ist der Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. |
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2.3 |
Ein Rechtsbehelfsverfahren wegen Ablehnung der AdV wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht unterbrochen (FG Baden-Württemberg 12.3.1994, EFG 1994 S. 711). Es ist ohne weitere Verfahrenshandlungen als „Storno” (Erledigungsart) aus der automationsunterstützten Rechtsbehelfsüberwachung (Verfahren REBE) auszutragen. |
Zu Nr. 9.2.3
Die Anordnung einer Sicherheitsleistung ist verfassungsrechtlich nicht tragfähig begründet, wenn sich statt der entsprechenden Aufklärung und substantiierten Auseinandersetzung zur Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit einer Sicherheitsleistung lediglich auf die abstrakte rechtliche Erwägung zurückgezogen wird, dass von einer Sicherheitsleistung dann nicht abzusehen sei, wenn es um Steuerforderungen gehe, die laufend entstünden, das steuerpflichtige Unternehmen dann laufende Erlöse zurückhalten und diese als Sicherheitsleistung zur Verfügung stellen könne (BVerfG 22.9.2009, 1 BvR 1305/09).
Das ist bei allen fortlaufend veranlagten und festgesetzten Steuern (wie z.B. Lohn- und Umsatzsteuer, d.h. auch bei vorangemeldeter Umsatzsteuer von Geldspielautomatenbetreibern) ...