OFD Karlsruhe, Verfügung v. 1.6.2010, S 0623/1

 

1. Bearbeitung von Aussetzungsanträgen

Anträge auf Aussetzung der Vollziehung sind Eilsachen (s. AEAO zu § 361, Nr. 3). Im Hinblick auf die Folgen für die Vollstreckung und die Erhebung der anfallenden Säumniszuschläge ist über Aussetzungsanträge auch dann unverzüglich zu entscheiden, wenn der Steuerpflichtige seinen Einspruch zunächst nicht oder nur teilweise begründet. Es ist deshalb davon abzusehen, die Entscheidung über einen Aussetzungsantrag bis zur Vorlage der in Aussicht gestellten Einspruchsbegründung zurückzustellen. Ist der Einspruch nur zur Fristwahrung eingelegt worden oder fehlen Angaben darüber, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten wird, ist der Aussetzungsantrag abzulehnen. Ist nur der Umfang des Einspruchsbegehrens – ohne nähere Begründung – dargelegt, ist zu prüfen, ob daraus schon ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes hergeleitet werden können.

Die beim FA eingehenden Aussetzungsanträge sind grundsätzlich unmittelbar den Festsetzungsstellen zuzuleiten, die zur Vermeidung ungerechtfertigter Vollstreckungsmaßnahmen eine auf 14 Tage befristete – in der Regel steuerarten- und zeitraumspezifische – VT-Sperre setzen. Gehen die Anträge ausnahmsweise bei der Finanzkasse ein, setzt diese unverzüglich die VT-Sperre. Ist eine Entscheidung über den Aussetzungsantrag vor Ablauf dieser Frist nicht möglich, hat grundsätzlich die Festsetzungsstelle bei der Finanzkasse die Verlängerung des Sperrvermerks rechtzeitig vor Ablauf der Frist zu beantragen, es sei denn, dass wegen Gefahr im Verzug Maßnahmen der Vollstreckung erforderlich sind. In Ausnahmefällen kann die Sperrfrist auch unmittelbar von der Festsetzungsstelle durch das erneute Setzen der 14-tägigen VT-Sperre verlängert werden.

 

2. Änderung des angefochtenen Steuerbescheides im Einspruchsverfahren

Wird ein mit dem Einspruch angefochtener Steuerbescheid im Rechtsbehelfsverfahren geändert, nimmt der Änderungsbescheid den ursprünglichen Steuerbescheid in seinen Regelungsinhalt mit auf. Solange der Änderungsbescheid Bestand hat, entfaltet der ursprüngliche Bescheid keine Wirkung mehr (BFH-Beschluss GrS vom 25.10.1972, BStBl 1973 II S. 231). Dies hat zur Folge, dass eine für den ursprünglichen Steuerbescheid gewährte Aussetzung der Vollziehung mit der Bekanntgabe des geänderten Bescheids beendet ist.

Sofern sich der gegen den ursprünglichen Steuerbescheid eingelegte Einspruch durch den geänderten Steuerbescheid nicht erledigt und der Änderungsbescheid somit Gegenstand des Einspruchsverfahrens wird (§ 365 Abs. 3 AO), hat das FA von Amts wegen zu prüfen und darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfange für den geänderten Steuerbescheid Aussetzung der Vollziehung zu gewähren ist und den Steuerpflichtigen möglichst gleichzeitig mit Erlass des geänderten Steuerbescheids entsprechend zu unterrichten.

Auf die Folgen der Aussetzung der Vollziehung für die Zahlungsverjährung (Unterbrechung der Verjährung nach § 231 AO) und die Erhebung von Aussetzungszinsen wird hingewiesen (Hinweis auf die BFH-Urteile vom 24.4.1996, BFH/NV 1996 S. 865, und vom 22.7.1999, BStBl 1999 II S. 749).

 

Normenkette

AO 1977 § 361

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