Prof. Dr. Andreas Seufert, Marc Schwarzwaelder
3.4.1 Gewinner des ICV Excellence Awards 2020
Als eines der erfolgreichsten Projekte innerhalb der digitalen Transformation im Controlling der BASF gilt PACE (Predictive AnalytiCs ForEcast). Das Projekt ist eine gemeinschaftliche, interne Entwicklung der BASF Einheiten Group Reporting & Performance Management und Advanced Business Analytics, die im Jahr 2020 mit dem ICV Excellence Award des Internationalen Controller Vereins (ICV) ausgezeichnet wurde.
Im Rahmen der globalen Finanzkrise 2008/2009 war die BASF sehr stark von der zurückgehenden weltweiten Nachfrage betroffen. Als Reaktion wurden – wie in der gesamten chemischen Industrie – Kapazitäten zurückgefahren und Anlagen temporär abgeschaltet. Als die Nachfrage wieder anstieg, hatte man als zentrale Herausforderung die Wiederherstellung der Lieferfähigkeit und ein möglichst optimales Hochfahren der einzelnen Anlagen zu bewältigen. Zu den Lessons Learned zählte an dieser Stelle, dass ein Vorhersagemechanismus, der auf öffentlichen Konjunkturindizes basiert, sehr hilfreich gewesen wäre. In der Folgezeit wurde ein erstes statistisches Modell zur Prognose von Absatzmengen mit diesem Ansatz entwickelt. Aufgrund des internen Erfolgs und der Genauigkeit der Vorhersage entstand sehr schnell die Idee, diesen Startpunkt zu erweitern und weitere Kennzahlen in das Prognosemodell mit aufzunehmen.
3.4.2 Aufbau des Modells
In Zusammenarbeit mit dem internen Team von Advanced Business Analytics startete im Jahr 2016 eine Initiative im Corporate Controlling mit dem Ziel, den derzeitigen Prozess der (rollierenden) finanziellen Forecast-Erstellung zu verbessern und zu optimieren. Den Scope stellten die Kennzahlen Net Sales, Contribution Margin 1, Fixed Cost und EBIT before Special Items auf Ebene der Unternehmensbereiche und der BASF-Gruppe dar.
Das statistische Modell innerhalb der Applikation PACE nutzt große Datenmengen und prädikative Analysen. In das Modell fließen interne Informationen wie die Datenhistorie der letzten 10 Jahre und wiederkehrende Ereignisse bzw. die Saisonalität der Geschäfte ein. Als externe Informationen werden sowohl industriespezifische Indizes als auch solche Indizes eingespielt, die die gesamten Wirtschaftszweige betreffen.
Abb. 5: PACE Datenquellen
Eine erste Evaluierung von mehr als 600 Indikatoren gegen historische Daten der Ergebnisrechnung fand heraus, dass der Forecast der BASF auf Gruppenebene Korrelationen mit 63 der 600 Indikatoren aufweist.
Abb. 6: Evaluierung externer Indikatoren in PACE
Als Beispiel für Korrelationen sei hierbei der Zusammenhang zwischen den Net Sales des BASF Unternehmensbereiches Petrochemicals (schwarze Linie in Abb. 7) und der Preisnotierung des Gases Propylen (blaue Linie in Abb. 7) genannt, eines der wichtigsten Zwischenprodukte der organischen Chemie.
Abb. 7: Korrelation Preisnotierung Propylen und Net Sales
Gleiches gilt für die Net Sales des BASF Unternehmensbereiches Catalysts (schwarze Linie in Abb. 8) und die Preisnotierung von Palladium (blaue Linie in Abb. 8), einem Platinmetall, das in großen Mengen für die Produktion von 3-Wege-Katalysatoren verwendet wird.
Abb. 8: Korrelation Preisnotierung Palladium und Net Sales CC
In der Folge wurde das Modell weiterentwickelt und mit der monatlichen Erstellung eines rollierenden Forecasts (6 Monate) und einer Hochschätzung auf das Jahresende für die o. g. Kennzahlen begonnen.
3.4.3 Ergebnis: PACE wird zum Standard-Forecast
Die Ergebnisse waren insgesamt sehr positiv bzw. sehr nah an den späteren tatsächlichen Kennzahlenwerten. Dies galt insbesondere für den Zeitraum von 3 bis 6 Monate in die Zukunft. Beim laufenden Vergleich der manuell erstellten Forecasts mit den PACE-Werten zeigte sich, dass bei der Einschätzung der ersten beiden Folgemonate in der Regel der manuelle Forecast leicht genauer ist. Zudem kann PACE externe Ereignisse wie Anlagenausfälle oder schwerwiegende Umweltereignisse nicht berücksichtigen. Sehr gute Ergebnisse lieferte PACE insbesondere bei der Hochschätzung auf das Gesamtjahr bzw. bei Forecasts über längere Zeiträume.
Um auf Veränderungen reagieren zu können, wurde ein Prozess aufgesetzt, der alle aktiv genutzten Korrelationen erneut auf Gültigkeit und Stärke überprüft. Diese Modell-Maintenance wird aktuell in teilautomatisierter Form alle 6 Monate durchgeführt.
Abb. 9: PACE Regular Model Refinement
Nach einem insgesamt überzeugenden Parallelbetrieb in den Jahren 2017 und 2018 ist der PACE-Forecast seit 2019 der Standard im Forecast-Prozess der BASF. Den Startpunkt der Forecast-Erstellung bildet der automatisiert errechnete PACE-Forecast. Danach startet eine Abstimmung, bei der die Unternehmensbereiche über die Möglichkeit verfügen, die PACE-Ergebnisse über Extraordinary Events noch zu verändern.
Abb. 10: PACE Forecast und Extraordinary Events
Somit werden die Vorteile neutraler, automatisierter Prognosen mit vorhandenem Expertenwissen zusammengebracht. In diesem Kontext werden von den Unternehmensbereichen keine weiteren Monatsprog...