Entscheidungsstichwort (Thema)
Bürgenhaftung bei Arbeitnehmerentsendung
Leitsatz (amtlich)
- Die Bürgenhaftung nach § 1a AEntG ist mit der durch Art. 49 EG gewährleisteten Freiheit des Dienstleistungsverkehrs vereinbar.
- Der Haftung nach § 1a AEntG unterliegt nur der Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt für tatsächlich geleistete Arbeit. Nicht erfasst werden Annahmeverzugsansprüche des Arbeitnehmers sowie Ansprüche gegen den Arbeitgeber auf Verzugszinsen wegen verspäteter Lohnzahlung.
Orientierungssatz
- Der durch § 1a AEntG bewirkte Eingriff in die durch Art. 12 GG geschützte Unternehmerfreiheit des Generalunternehmers ist durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
- Der nach § 1 Abs. 1 AEntG vom Arbeitgeber zu zahlende Mindestlohn wird ausschließlich für tatsächlich erbrachte Arbeitsleistungen geschuldet, weil die Rechtsnormen des für allgemeinverbindlich erklärten TV Mindestlohn vom 26. Mai 1999 nur insoweit international zwingend iSv. Art. 34 EGBGB sind.
Normenkette
AEntG § 1a; GG Art. 12; EG Art. 49
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten zu 2) wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 31. August 2001 – 6 Sa 495/01 – aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
Auf die Berufung der Beklagten zu 2) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 7. Dezember 2000 – 71 Ca 24717/00 – zum Teil abgeändert. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an den Kläger 1.677,51 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 4 % aus 151,76 Euro sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem Restbetrag seit dem 12. August 2000 als Bürgin zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung der Beklagten zu 2) zurückgewiesen.
- Die weitergehende Revision der Beklagten zu 2) wird zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers erster Instanz haben der Kläger bei einem Streitwert von 4.819,23 DM zu 24,3 % und die Beklagte zu 1) zu 41,7 % und die Beklagte zu 2) zu 34 % zu tragen. Der Kläger hat von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) 16,6 % und von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) 32 % zu tragen. Im Übrigen haben die Beklagten ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen. Von den Gerichtskosten haben der Kläger 24,3 %, die Beklagte zu 1) 41,7 % und die Beklagte zu 2) 34 % zu tragen.
Von den Kosten der Berufung haben der Kläger bei einem Streitwert von 4.019,23 DM 18,4 % und die Beklagte zu 2) 81,6 % zu tragen.
Von den Kosten der Revision haben der Kläger 4 % und die Beklagte zu 2) 96 % zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über Arbeitsvergütung.
Der Kläger ist Staatsangehöriger der Republik Portugal. Er war in der Zeit vom 21. Februar 2000 bis zum 15. Mai 2000 als Arbeitnehmer der Beklagten zu 1), einem Bauunternehmen mit Sitz in F…, Portugal, als Maurer auf einer Baustelle in Berlin tätig. Die Beklagte zu 1) führte auf dieser Baustelle für die Beklagte zu 2), die ein Bauunternehmen betreibt, Beton- und Stahlbetonarbeiten aus. In dem zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) geschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrag vom 21. Februar 2000 ist Folgendes vereinbart:
“…
3. Klausel – Entsendebefristung
1. Die Entsendezeit in die Bundesrepublik Deutschland beträgt voraussichtlich 6 (sechs) Monate, bzw. erfolgt für die Zeitdauer der Bauarbeiten, welche mehr/weniger als sechs Monate, beginnend am 21. Februar 2000 bis zum 15. Mai 2000 dauern werden.
…
4. Klausel – Arbeitszeit
1. Unter Berücksichtigung der auf die Erbringung von Arbeitsleistungen in Deutschland anwendbaren Rechtsvorschriften sowie der Besonderheiten der auszuübenden Tätigkeit, vereinbaren die Parteien eine regelmäßige Arbeitszeit von 8 Stunden täglich, von Montag bis einschließlich Samstag, mithin 48 Stunden wöchentlich und 208 im Monat, gemäß dem deutschen Arbeitszeitgesetz vom 6. Juni 1994.
2. Die tägliche Arbeitszeit kann jedoch auf 10 Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Monaten oder innerhalb von 24 Wochen 8 Stunden pro Tag von Montag bis Samstag nicht überschritten werden.
…
7. Klausel – Pflichten des Arbeitnehmers
…
3. Die Einkommenssteuer in Deutschland entrichten, wobei er (der Arbeitnehmer) damit einverstanden ist, daß die erste Vertragspartei sie an der Quelle einbehält und in seinem Namen den entsprechenden Betrag entrichtet.
…
9. Klausel – Vergütung
1. Der Arbeitnehmer erhält einen monatlichen Bruttolohn von 220.000,00 (portug.) Escudos, zahlbar nach dem 15. (fünfzehnten) eines jeden Monats.
…
10. Klausel – Mindestlohn
…
7. Die rechtliche Behandlung der Sozialabgaben sowie Besteuerung der Aufwandsentschädigung für die Entsendung ins Ausland erfolgt nach dem portugiesischen Sozialversicherungsrecht sowie nach dem deutschen Steuerrecht, soweit die Parteien eine günstigere Regelung mit Minimalabgaben wünschen.
…
14. Klausel – Anwendbares Recht
1. Arbeitgeberin und Arbeitnehmer wählen das portugiesische Recht
…”
In der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen im Baugewerbe vom 25. August 1999 (BGBl. I S. 1894) ist bestimmt:
“Auf Grund des § 1 Abs. 3a des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG), der durch Artikel 10 Nr. 1d des Gesetzes vom 19. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3843) eingefügt worden ist, verordnet das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, nachdem es den in den Geltungsbereich der Rechtsverordnung fallenden Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie den Parteien des Tarifvertrages nach § 1 dieser Verordnung Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme gegeben hat:
§ 1
Zwingende Arbeitsbedingungen
Die in der Anlage 1 zu dieser Verordnung aufgeführten Rechtsnormen des Tarifvertrages zur Regelung eines Mindestlohnes im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV Mindestlohn) vom 26. Mai 1999, abgeschlossen zwischen dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e.V., Kronenstraße 55-58, 10117 Berlin, und dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V., Kurfürstenstraße 129, 10785 Berlin, einerseits sowie der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Bundesvorstand, Olof-Palme-Straße 19, 60439 Frankfurt am Main, andererseits finden auf alle nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Anwendung, die unter seinen am 1. September 1999 gültigen Geltungsbereich fallen, wenn der Betrieb überwiegend Bauleistungen im Sinne des § 211 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch erbringt. Die Rechtsnormen des Tarifvertrages gelten auch für Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und ihre im Geltungsbereich der Rechtsverordnung beschäftigten Arbeitnehmer.
…
§ 4
In- und Außerkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. September 1999 in Kraft und am 31. August 2000 außer Kraft.
Anlage 1
(zu § 1)
Rechtsnormen des Tarifvertrages zur Regelung eines Mindestlohnes im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV Mindestlohn) vom 26. Mai 1999
[Gültig ab 1. September 1999 bis 31. August 2000]
…
§ 2
Lohn der Berufsgruppe VII 2/Mindestlohn
(1) Der Gesamttarifstundenlohn (GTL) der Berufsgruppe VII 2 (Die Definition der Berufsgruppe VII 2 im Anhang zum Bundesrahmentarifvertrag lautet wie folgt: Dies sind Arbeitnehmer, die einfache Bauarbeiten verrichten, in den ersten sechs Monaten ihrer Tätigkeit.) setzt sich aus dem Tarifstundenlohn (TL) und dem Bauzuschlag (BZ) zusammen. Der Bauzuschlag beträgt 5,9 v.H. des Tarifstundenlohnes. Der Bauzuschlag wird gewährt zum Ausgleich der besonderen Belastungen, denen der Arbeitnehmer insbesondere durch den ständigen Wechsel der Baustelle (2,5 v.H.) und die Abhängigkeit von der Witterung außerhalb der gesetzlichen Schlechtwetterzeit (2,9 v.H.) ausgesetzt ist; er dient ferner in Höhe von 0,5 v.H. dem Ausgleich von Lohneinbußen, die sich in der gesetzlichen Schlechtwetterzeit ergeben. Der Bauzuschlag wird für jede lohnzahlungspflichtige Stunde, nicht jedoch für Leistungslohn-Mehrstunden (Überschussstunden im Akkord), gewährt.
(2) Der Tarifstundenlohn, der Bauzuschlag und der Gesamttarifstundenlohn betragen:
a) |
|
TL |
BZ |
GTL |
|
DM |
DM |
DM |
|
17,47 |
1,03 |
18,50 |
im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, ausgenommen die Gebiete der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen |
b) |
|
15,37 |
0,91 |
16,28 |
im Gebiet der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen |
(3) Der Gesamttarifstundenlohn der Berufsgruppe VII 2 ist zugleich Mindestlohn im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 AEntG für alle von dem persönlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages erfaßten Arbeitnehmer. Höhere Lohnansprüche auf Grund anderer Tarifverträge oder einzelvertraglicher Vereinbarungen bleiben unberührt.
(4) Der Anspruch auf den Mindestlohn wird spätestens zur Mitte des Monats fällig, der auf den Monat folgt, für den er zu zahlen ist.
…”
Nach dem von der Europäischen Zentralbank (EZB) festgesetzten Umrechnungskurs entsprechen 200,482 portugiesische Escudos 1,00 Euro.
Mit seiner am 4. September 2000 beim Arbeitsgericht Berlin eingereichten Klage hat der Kläger von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Zahlung rückständiger Arbeitsvergütung verlangt. Er hat geltend gemacht, im Februar 2000 insgesamt 75 Stunden gearbeitet zu haben. Hierfür stünden ihm 687,50 DM zu. Auf diesen Betrag habe die Beklagte zu 1) insgesamt 510,00 DM geleistet, so dass er noch 177,50 DM zu fordern habe. Für den Monat März 2000 stünden ihm 2.200,00 DM sowie weitere 205,90 DM für 39 Überstunden zu. Hierauf habe die Beklagte zu 1) insgesamt 2.000,00 DM bezahlt, so dass noch 405,90 DM offen seien. Die Lohnforderung für April betrage 2.200,00 DM zuzüglich 174,16 DM für 19 geleistete Überstunden. Hierauf habe die Beklagte zu 1) insgesamt 250,00 DM geleistet, so dass noch 2.124,16 DM geschuldet seien. Im Mai 2000 habe er insgesamt acht Überstunden erbracht, so dass ihm für seine Tätigkeit bis zum 15. Mai 2000 insgesamt 1.311,67 DM zustünden. Hierauf habe die Beklagte zu 1) nichts bezahlt. Die noch offenen Lohnforderungen betrügen daher 4.019,23 DM. Hierbei handele es sich um einen Nettobetrag, da zwischen den Parteien eine Nettolohnzahlungsvereinbarung getroffen worden sei. Dies habe der Generalhandlungsbevollmächtigte der Beklagten zu 1) im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht bestätigt.
Der Kläger vertritt die Auffassung, die Beklagte zu 1) sei als Arbeitgeberin zur Lohnzahlung verpflichtet, die Beklagte zu 2) hafte gem. § 1a AEntG als Bürgin für die geltend gemachten Lohnforderungen.
Der Kläger hat im ersten Rechtszug beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 4.019,23 DM netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen;
2. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 21. Februar 2000 bis 15. Mai 2000 eine Lohnabrechnung zu erteilen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte zu 1) ist der Klage nicht mit Sachargumenten entgegengetreten. Die Beklagte zu 2) hat die Auffassung vertreten, die Nettolohnforderung sei nicht schlüssig geltend gemacht. Arbeitsvertraglich sei ein Bruttolohn von 220.000,00 portugiesischen Escudos vereinbart worden. Die von dem Vertreter der Beklagten zu 1) vor dem Arbeitsgericht abgegebene Erklärung zu der angeblichen Nettolohnvereinbarung sei unwirksam. Die vorgelegte Generalhandlungsvollmacht habe ihn hierzu nicht berechtigt. Weiterhin bestreite sie die vom Kläger behaupteten Überstunden. Es sei nicht feststellbar, wie viele Stunden der Kläger monatlich gearbeitet habe. Eine Aufschlüsselung fehle. Im Übrigen scheide ihre Haftung aus, weil § 1a AEntG einen unzulässigen Eingriff in die durch Art. 12 GG verfassungsrechtlich geschützte Berufsausübungsfreiheit enthalte sowie gegen die im EG-Vertrag gewährleistete Dienstleistungsfreiheit verstoße. Sie bezieht sich für ihre Rechtsauffassung auf Rechtsgutachten deutscher Hochschullehrer.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Urteil ist hinsichtlich der Verurteilung der Beklagten zu 1) rechtskräftig geworden. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten zu 2) das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert, soweit das Arbeitsgericht die Beklagte zu 2) zur Zahlung von Überstundenvergütung und zu einer gesamtschuldnerischen Haftung verurteilt hat. Im Übrigen hat das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten zu 2) zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beklagte zu 2) mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision.
Mit Beschluss vom 6. November 2002 (BAGE 103, 240) hat der Senat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gem. Art. 234 EG folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
“Steht Art. 49 EG (vormals Art. 59 EG-Vertrag) einer nationalen Regelung entgegen, nach der ein Bauunternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen beauftragt, für die Verpflichtungen dieses Unternehmers oder eines Nachunternehmers zur Zahlung des Mindestentgelts an einen Arbeitnehmer oder zur Zahlung von Beiträgen an eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien wie ein Bürge haftet, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat, wenn das Mindestentgelt den Betrag erfaßt, der nach Abzug der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung oder entsprechender Aufwendungen zur sozialen Sicherung an den Arbeitnehmer auszuzahlen ist (Nettoentgelt), wenn der Entgeltschutz der Arbeitnehmer nicht vorrangiges oder nur nachrangiges Ziel des Gesetzes ist?”
Mit Urteil vom 12. Oktober 2004 (– C-60/03 – AP EG Art. 49 Nr. 9) hat der Gerichtshof der europäischen Gemeinschaften die Vorlagefrage wie folgt beantwortet:
“Artikel 5 der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen steht bei Auslegung im Licht des Artikels 49 EG in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens einer nationalen Regelung nicht entgegen, nach der ein Bauunternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen beauftragt, für die Verpflichtungen dieses Unternehmers oder eines Nachunternehmers zur Zahlung des Mindestentgelts an einen Arbeitnehmer oder zur Zahlung von Beiträgen an eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien wie ein Bürge haftet, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat, wenn das Mindestentgelt den Betrag erfasst, der nach Abzug der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung oder entsprechender Aufwendungen zur sozialen Sicherung an den Arbeitnehmer auszuzahlen ist (Nettoentgelt), wenn der Entgeltschutz der Arbeitnehmer nicht vorrangiges oder nur nachrangiges Ziel des Gesetzes ist.”
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten zu 2) ist zu einem geringen Teil begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage dem Grunde nach zu Recht stattgegeben. Bei der Umrechnung der geltend gemachten Lohnforderung von portugiesischen Escudos in DM hat das Landesarbeitsgericht allerdings zu Unrecht einen gerundeten Kurs zugrunde gelegt. Unter Berücksichtigung des von der EZB festgelegten Wechselkurses von 1,00 Euro zu 200,482 portugiesischen Escudos beträgt die Lohnforderung 1.677,51 Euro. Für die vor dem 1. Mai 2000 fällig gewordenen Beträge stehen dem Kläger lediglich Zinsen in Höhe von 4 % zu.
I. Die vom Kläger erhobene Nettolohnklage ist zulässig, denn sie ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 Zivilprozessordnung (ZPO).
1. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 21. Februar bis zum 15. Mai 2000 von einer regelmäßigen Arbeitszeit des Klägers von arbeitstäglich acht Stunden bei sechs Arbeitstagen je Woche auszugehen. Die Revision hat hiergegen keine Rügen erhoben.
2. In dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 21. Februar 2000 haben der Kläger und die Beklagte zu 1) allerdings keinen Nettolohn, sondern einen Bruttolohn vereinbart. Von der Wirksamkeit dieser Vereinbarung ist trotz der von dem Vertreter der Beklagten zu 1) im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht abgegebenen Erklärung im Verhältnis des Klägers zur Beklagten zu 2) auszugehen. Soweit dieser Vertreter behauptet hat, zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) sei – entgegen dem schriftlichen Arbeitsvertrag – eine Nettolohnvereinbarung getroffen worden, muss die Beklagte zu 2) dies nicht gegen sich gelten lassen. Die in § 1a AEntG geregelte Haftung der Beklagten zu 2) als Bürgin, die auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat, bewirkt lediglich den Ausschluss der Einrede der Vorausklage (§ 771 BGB). Wird der Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat, aus der Bürgschaft in Anspruch genommen, kann er in diesem Verfahren einwenden, die erhobene Forderung bestehe nicht. Der Ausschluss der Einrede der Vorausklage ändert nichts an der Abhängigkeit der Bürgschaftsschuld von der Hauptschuld (§ 767 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Beklagte zu 2) hat daher unabhängig von der Erklärung des Vertreters der Beklagten zu 1) die Nettomonatslohnvereinbarung bestreiten können. Dem steht auch das gegen die Beklagte zu 1) in Rechtskraft erwachsene Urteil des Arbeitsgerichts nicht entgegen. Die Rechtskraft einer dem Gläubiger günstigen Entscheidung gegen den Hauptschuldner wirkt nicht gegenüber dem Bürgen (BGH 28. Februar 1989 – IX ZR 130/88 – BGHZ 107, 92).
3. Gleichwohl ist die auf eine Nettolohnzahlung gerichtete Klage nicht wegen mangelnder Bestimmbarkeit der Forderungshöhe unzulässig. Der vom Kläger verlangte Nettostundenlohn von 10,58 DM ist nach den von der Revision nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit gemäß § 561 ZPO aF bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts niedriger als der Nettostundenlohn, der sich aus dem in der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen im Baugewerbe vom 25. August 1999 (BGBl. I S. 1894) festgelegten Mindestbruttostundenlohn von 18,50 DM ergibt (zur Wirksamkeit dieser Verordnung BVerfG 18. Juli 2000 – 1 BvR 948/00 – AP AEntG § 1 Nr. 4 = EzA GG Art. 9 Nr. 69; kritisch hierzu Scholz SAE 2000, 266 ff.).
Der Bestimmtheit der Nettolohnklage steht auch nicht entgegen, dass der Kläger nicht die zur schlüssigen Begründung der Klage erforderlichen, für den Tag des Zuflusses des Arbeitsentgelts geltenden Besteuerungsmerkmale im Einzelnen dargelegt hat (vgl. Senat 26. Februar 2003 – 5 AZR 223/02 – BAGE 105, 181). § 1a AEntG enthält eine Sonderregelung, die eine Nettolohnklage in Höhe der sich im Jahr des Tätigwerdens ergebenden Vergütung zulässt.
Bei der Berechnung der geltend gemachten Lohnforderung hat das Landesarbeitsgericht allerdings zu Unrecht einen gerundeten Wechselkurs von portugiesischen Escudos zu DM zugrunde gelegt. Maßgeblich ist vielmehr der von der EZB festgesetzte Wechselkurs von 1,00 Euro zu 200,482 portugiesischen Escudos. Unter Berücksichtigung dieses Kurses verringert sich die Lohnforderung des Klägers auf 1.677,51 Euro.
II. Die Lohnforderung des Klägers gegen die Beklagte zu 1), die der Bürgenhaftung der Beklagten zu 2) zugrunde liegt, ist nicht nach § 16 des für allgemeinverbindlich erklärten Rahmentarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer des Baugewerbes vom 3. Februar 1981 (BRTV-Bau) verfallen. Der BRTV-Bau findet auf das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten zu 1) keine Anwendung.
1. Die Beklagte zu 1) fällt nicht in den räumlichen Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 BRTV-Bau. Hiernach gilt der BRTV-Bau im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Die Beklagte zu 1) hat in der Bundesrepublik Deutschland keinen Betrieb. Der Sitz der Beklagten zu 1) liegt in der Republik Portugal. Der Vertreter der Beklagten zu 1) in Deutschland, Herr M…, hat für die Beklagte zu 1) lediglich Post entgegengenommen und diese nach Portugal weitergeleitet. Der Kläger und die Beklagte zu 1) haben die Geltung des § 16 BRTV-Bau auch nicht vertraglich vereinbart. Auf das Arbeitsverhältnis findet nach Nr. 14 des Arbeitsvertrags portugiesisches Recht Anwendung.
2. Die Ausschlussfrist des § 16 BRTV-Bau ist nicht gem. Art. 34 EGBGB als international zwingende Eingriffsnorm auf das Arbeitsverhältnis anwendbar.
a) Nach Art. 34 EGBGB bleiben ohne Rücksicht auf die nach Art. 27 ff. EGBGB getroffene Rechtswahl und das hiernach auf den Vertrag anzuwendende Recht diejenigen Bestimmungen des deutschen Rechts unberührt, die den Sachverhalt zwingend regeln. Nicht alle nach deutschem Recht zwingenden Rechtsnormen sind allerdings zugleich gemäß Art. 34 EGBGB unabdingbar. Dies folgt für arbeitsrechtliche Vorschriften bereits aus Art. 30 Abs. 1 EGBGB. Danach darf die vereinbarte Rechtswahl dem Arbeitnehmer nicht den Schutz zwingenden deutschen Arbeitsrechts entziehen, sofern dieses ohne Rechtswahl nach den objektiven Anknüpfungen des Art. 30 Abs. 2 EGBGB anzuwenden wäre. Diese Bestimmung wäre, soweit es die Anwendbarkeit deutschen Rechts angeht, überflüssig, wenn jede vertraglich unabdingbare arbeitsrechtliche Norm über Art. 34 EGBGB auf das Arbeitsverhältnis einwirken würde. Inländische Gesetze sind deshalb nur dann Eingriffsnorm iSd. Art. 34 EGBGB, wenn sie entweder ausdrücklich (so zB § 139 Abs. 2 GWB) oder nach ihrem Sinn und Zweck ohne Rücksicht auf das nach den deutschen Kollisionsnormen anwendbare Recht gelten sollen. Erforderlich ist, dass die Vorschrift nicht nur auf den Schutz von Individualinteressen der Arbeitnehmer gerichtet ist, sondern mit ihr zumindest auch öffentliche Gemeinwohlinteressen verfolgt werden (Senat 12. Dezember 2001 – 5 AZR 255/00 – BAGE 100, 130; 3. Mai 1995 – 5 AZR 15/94 – BAGE 80, 84, 92; MünchKomm-Martiny 3. Aufl. Art. 34 EGBGB Rn. 6 f.).
b) In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze erweist sich § 16 BRTV-Bau nicht als Eingriffsnorm iSv. Art. 34 EGBGB. Tarifvertragliche Vorschriften sind zwar gem. Art. 2 EGBGB Gesetze im materiellen Sinne und damit auch mögliche Eingriffsnormen iSd. Art. 34 EGBGB (vgl. ErfK/Schlachter Art. 34 EGBGB Rn. 19). Mit der in § 16 BRTV-Bau geregelten Ausschlussfrist werden jedoch ungeachtet der Allgemeinverbindlicherklärung des BRTV-Bau keine bedeutenden Gemeinwohlinteressen verfolgt (ebenso Franzen SAE 2003, 190, 193; sowie zum gesamten BRTV-Bau Dörfler Die Nettolohnhaftung nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz S. 13; Fritzsche Die Vereinbarkeit des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes sowie der erfassten Tarifverträge mit höherrangigem Recht S. 164 ff.; sowie grundsätzlich zu für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen Gerken/Löwisch/Rieble BB 1995, 2370, 2374 f.; Wiedemann TVG § 1 Rn. 73; aA Kempen/Zachert TVG § 4 Rn. 74; zweifelnd Wank in Wiedemann TVG § 5 Rn. 139 f.; zur Rechtslage vor der Neuregelung des Internationalen Privatrechts BAG 4. Mai 1977 – 4 AZR 10/76 – BAGE 29, 138, 146 f.). Die tarifliche Ausschlussfrist gilt sowohl für Ansprüche des Arbeitnehmers als auch des Arbeitgebers. Sie verfolgt in erster Linie den Zweck, innerhalb der dort genannten kurzen Fristen Klarheit über das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen zu verschaffen. Die Vorschrift dient vorrangig der Rechtssicherheit beider Vertragsparteien, nicht aber einem weitergehenden öffentlichen Interesse.
III. Die Voraussetzungen der Bürgenhaftung der Beklagten zu 2) nach § 1a AEntG liegen vor.
1. Nach § 1a Satz 1 AEntG haftet ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen iSd. § 211 Abs. 1 SGB III beauftragt hat, für die Verpflichtung dieses Unternehmers oder eines Nachunternehmers zur Zahlung des Mindestentgelts an einen Arbeitnehmer wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Das Mindestentgelt umfasst gem. § 1a Satz 2 AEntG den Betrag, der nach Abzug der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung oder entsprechender Aufwendungen zur sozialen Sicherung an den Arbeitnehmer auszuzahlen ist (Nettoentgelt). Bauleistungen nach § 211 Abs. 1 Satz 2 SGB III sind alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.
2. Die Beklagte zu 2) ist Unternehmerin iSv. § 1a AEntG.
a) Nach § 14 Abs. 1 BGB ist Unternehmer jede natürliche oder juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Darunter fallen auch Freiberufler, Handwerker, Landwirte und Kleingewerbetreibende.
b) Der Begriff Unternehmer in § 1a AEntG ist einschränkend auszulegen.
aa) Nach der Gesetzesbegründung soll mit § 1a AEntG eine Haftung des Generalunternehmers eingeführt werden. Er soll darauf achten, dass seine Subunternehmer die nach dem AEntG zwingenden Arbeitsbedingungen einhalten (BT-Drucks. 14/45 S. 17 f.). Eine Belastung kleiner und mittlerer Betriebe ist dabei nach Auffassung der Bundesregierung nicht zu befürchten, weil sie davon ausgeht, die Generalunternehmer würden in Zukunft wieder verstärkt Aufträge an zuverlässige kleine und mittlere Unternehmen vergeben, von denen sie wüssten, dass sie die gesetzlichen Bestimmungen einhalten (Plenarprotokoll 14/14 Verhandlung des Deutschen Bundestages vom 10. Dezember 1998 S. 868 D). Die Durchgriffshaftung trifft nach Auffassung der Regierungskoalition die Generalunternehmer, die wüssten, dass die von den Nachunternehmern angeboten Preise mit vernünftigen Arbeitsbedingungen überhaupt nicht zu erbringen seien. § 1a AEntG richte sich gegen Schmutzkonkurrenz und diene damit dem Schutz kleiner Betriebe, die in der Vergangenheit vom Markt gedrängt worden seien (so eine Vertreterin der Regierungskoalition, Plenarprotokoll 14/14 aaO S. 877 C, D).
bb) Der Gesetzgeber wollte nicht jeden Unternehmer iSv. § 14 Abs. 1 BGB, der eine Bauleistung in Auftrag gibt, in den Geltungsbereich des § 1a AEntG einbeziehen. Ziel des Gesetzes ist vielmehr, Bauunternehmer, die sich verpflichtet haben, ein Bauwerk zu errichten, und dies nicht mit eigenen Arbeitskräften erledigen, sondern sich zur Erfüllung ihrer Verpflichtung eines oder mehrerer Subunternehmen bedienen, als Bürgen haften zu lassen, damit sie letztlich im eigenen Interesse verstärkt darauf achten, dass die Nachunternehmer die nach § 1 AEntG geltenden zwingenden Arbeitsbedingungen einhalten. Da diesen Bauunternehmen der wirtschaftliche Vorteil der Beauftragung von Nachunternehmern zugute kommt, sollen sie für die Lohnforderungen der dort beschäftigten Arbeitnehmer nach § 1a AEntG einstehen (ebenso Franzen SAE 2003, 190, 192).
Die Ziele des Gesetzes treffen nicht auf andere Unternehmer zu, die als Bauherren eine Bauleistung in Auftrag geben. Diese Unternehmer beschäftigen keine eigenen Bauarbeitnehmer. Sie beauftragen auch keine Subunternehmer, die für sie eigene Leistungspflichten erfüllen. Bauherren fallen daher nicht in den Geltungsbereich des § 1a AEntG (ebenso ErfK/Schlachter § 1a AEntG Rn. 2; Franzen SAE 2003, 190, 192; Meyer NZA 1999, 121, 127; aA Dörfler Die Nettolohnhaftung nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz S. 22; Koberski/Asshoff/Hold AEntG § 1a Rn. 11; Rieble/Lessner ZfA 2002, 29, 39; unklar Däubler/Lakies TVG § 5 Anhang 2, § 1a AEntG Rn. 8 f.).
c) Die Beklagte zu 1) hat für die Beklagte zu 2) Bauleistungen iSv. § 211 Abs. 1 Satz 2 SGB III erbracht. Sie führte auf einer Baustelle in Berlin für die Beklagte zu 2) Beton- und Stahlbetonarbeiten aus. Der Kläger war Arbeitnehmer der Beklagten zu 1). Die noch offene Nettolohnforderung des Klägers beträgt 1.677,51 Euro. Hierfür hat die Beklagte zu 2) nach § 1a AEntG wie ein Bürge zu haften, der auf die Einrede der Vorausklage (§ 771 BGB) verzichtet hat. Die Beklagte zu 2) kann daher die Zahlung an den Kläger nicht mit der Begründung ablehnen, er habe bislang noch nicht ohne Erfolg die Zwangsvollstreckung aus dem rechtskräftigen Urteil des Arbeitsgerichts gegen die Beklagte zu 1) versucht. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die Beklagte zu 2) als Bürgin und die Beklagte zu 1) als Schuldner der Lohnforderung nicht als Gesamtschuldner haften (vgl. BGH 24. November 1983 – III ZR 160/82 – WM 1984, 131).
IV. § 1a AEntG verstößt nicht gegen die in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsausübungsfreiheit. Die in § 1a AEntG geregelte Bürgenhaftung greift zwar in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ein, wonach alle Deutschen das Recht haben, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit ist jedoch durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt.
1. § 1a AEntG berührt die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit.
a) Art. 12 Abs. 1 GG ist eine besondere Ausprägung des umfassenderen, in Art. 2 Abs. 1 GG verbürgten Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Er schützt die freie berufliche Betätigung und gewährleistet dem Einzelnen das Recht, jede Tätigkeit, für die er sich geeignet glaubt, zur Grundlage seiner Lebensführung zu machen. Von diesem Schutzbereich her ist zu beurteilen, ob eine gesetzliche Vorschrift die besondere Freiheitsverbürgung dieses Grundrechts berührt und daher an ihm gemessen werden kann. In aller Regel kommt Art. 12 Abs. 1 GG als Maßstabsnorm nur für solche Bestimmungen in Betracht, die sich gerade auf die berufliche Betätigung beziehen und diese unmittelbar zum Gegenstand haben. Dieser unmittelbare Bezug zu der beruflichen Betätigung besteht namentlich bei solchen Vorschriften, die in Form von Zulassungsvoraussetzungen die Ausübung eines Berufs bei ihrem Beginn oder bei ihrer Beendigung regeln oder die als sogenannte reine Ausübungsregelungen die Art und Weise bestimmen, wie die Berufsangehörigen ihre Berufstätigkeit im Einzelnen zu gestalten haben (BVerfG 30. Oktober 1961 – 1 BvR 833/59 – BVerfGE 13, 181).
Die berufliche Betätigung muss nach der Rechtsprechung des BVerfG jedoch nicht unmittelbares Regelungsobjekt einer Norm sein, um sie an Art. 12 Abs. 1 GG messen zu können. Wie das BVerfG im Apotheken-Urteil ausgesprochen hat, muss angesichts des Wertes der freien menschlichen Persönlichkeit die Berufswahl als ein Akt der wirtschaftlichen Selbstbestimmung des Einzelnen von Eingriffen der öffentlichen Gewalt möglichst unberührt bleiben (BVerfG 11. Juni 1958 – 1 BvR 596/56 – BVerfGE 7, 377, 403, 405). Der Schutz des Einzelnen vor Beschränkungen seiner freien Berufswahl wäre nur unvollkommen gewährleistet, wollte man nur solche Vorschriften am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich prüfen, die die berufliche Betätigung unmittelbar zum Gegenstand haben. Der besondere Freiheitsraum, den Art. 12 Abs. 1 GG sichern will, kann auch durch Vorschriften berührt werden, die infolge ihrer tatsächlichen Auswirkungen geeignet sind, die Freiheit der Berufswahl mittelbar zu beeinträchtigen, obwohl sie keinen unmittelbar berufsregelnden Charakter tragen (vgl. BVerfG 13. Juli 2004 – 1 BvR 1298/94 ua. – NJW 2005, 45). Der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ist bei Vorschriften ohne berufsregelnde Zielsetzung nach der Rechtsprechung des BVerfG berührt, wenn diese eine objektive Tendenz zur Regelung unternehmerischer Tätigkeiten haben (BVerfG 15. Juli 1980 – 1 BvR 24/74 und 1 BvR 439/79 – BVerfGE 55, 7).
b) § 1a AEntG ist keine unmittelbar berufsregelnde Norm. Die Bürgenhaftung berührt jedoch die Berufsfreiheit des auftraggebenden Unternehmers aus Art. 12 Abs. 1 GG, indem sie die eigenverantwortliche Gestaltung unternehmerischen Tätigwerdens eingrenzt. Der Generalunternehmer muss im eigenen Interesse verstärkt darauf achten, dass seine Nachunternehmer die nach § 1 AEntG geltenden zwingenden Arbeitsbedingungen einhalten und erfüllen (BT-Drucks. 14/45 S. 17 f.). Das Gesetz beeinflusst über die Begründung der Haftungsfolgen die Auswahlentscheidungen von Generalunternehmern und Nachunternehmern, die ihrerseits mit der Ausführung von Bauleistungen weitere Nachunternehmer beauftragen. Eine objektive Tendenz zur Regelung unternehmerischen Handelns liegt damit vor. § 1a AEntG hat berufsausübungsregelnden Charakter.
2. Ein Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung ist nur nach Maßgabe von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG zulässig. Nach dieser Bestimmung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes die Berufsausübung eingeschränkt werden. Erforderlich ist, dass die in das Grundrecht eingreifende Norm kompetenzgemäß erlassen worden ist, durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht (vgl. BVerfG 23. Januar 1990 – 1 BvL 44/86 und 1 BvL 48/87 – BVerfGE 81, 156, 188 f.; 10. November 1998 – 1 BvR 2296/96 und 1 BvR 1081/97 – BVerfGE 99, 202; 11. Februar 2003 – 1 BvR 1972/00 und 1 BvR 70/01 – BVerfGE 107, 186). Diese Voraussetzungen liegen vor.
a) § 1a AEntG ist kompetenzgemäß erlassen worden. Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes folgt aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG.
b) Der durch § 1a AEntG bewirkte Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt.
aa) Das Grundgesetz lässt dem Gesetzgeber im Zusammenhang mit Berufsausübungsregelungen ein erhebliches Maß an Freiheit und räumt ihm bei der Festlegung der zu verfolgenden arbeitsmarkt- oder sozialpolitischen Ziele eine ebenso weite Gestaltungsfreiheit wie bei der Bestimmung wirtschaftspolitischer Ziele ein (vgl. BVerfG 5. März 1974 – 1 BvL 27/72 – BVerfGE 37, 1, 21; 17. November 1992 – 1 BvR 168/89 ua. – BVerfGE 87, 363; 9. Juni 2004 – 1 BvR 636/02 – AP GG Art. 12 Nr. 135). Je enger der Bezug von Vorschriften zu einem Schutzgut ist, desto eher lassen sich Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit verfassungsrechtlich rechtfertigen. Steht dagegen die grundrechtliche Beschränkung nur in einem entfernten Zusammenhang zum Gemeinschaftsgut, so kann dieses nicht generell Vorrang vor der Berufsausübungsfreiheit beanspruchen (BVerfG 11. Februar 2003 – 1 BvR 1972/00 und 1 BvR 70/01 – BVerfGE 107, 186). Der Gesetzgeber darf bei der Verwirklichung seiner Ziele auch Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit in den Vordergrund stellen. Seine Gestaltungsfreiheit ist in den Fällen noch größer, in denen die Regelung – wie hier – keinen unmittelbar berufsregelnden Charakter hat (BVerfG 23. Januar 1990 – 1 BvL 44/86 und 1 BvL 48/87 – BVerfGE 81, 156; 15. Dezember 1987 – 1 BvR 563/85 ua. – BVerfGE 77, 308).
Es ist vornehmlich Sache des Gesetzgebers, auf der Grundlage seiner wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Vorstellungen sowie unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten des betreffenden Gebiets zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will. Im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG muss der Gesetzgeber zwischen dem Nutzen der Regelung für das Gemeinwohl und den die Berufstätigen belastenden Vorkehrungen abwägen. Die gesetzlich angeordnete Maßnahme muss dabei einen hinreichenden Bezug zum geschützten Gemeinschaftsgut haben (BVerfG 11. Februar 2003 – 1 BvR 1972/00 und 1 BvR 70/01 – BVerfGE 107, 186). Bei der Prognose und Einschätzung gewisser der Allgemeinheit drohender Gefahren, zu deren Verhütung der Gesetzgeber glaubt tätig werden zu müssen, billigt ihm das BVerfG einen Beurteilungsspielraum zu. Diesen überschreitet er, wenn seine Erwägungen so offensichtlich fehlbar sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für gesetzgeberische Maßnahmen abgeben können. Dies gilt entsprechend für die Beurteilung der Eignung und Erforderlichkeit des gewählten Mittels zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele (BVerfG 6. Oktober 1987 – 1 BvR 1086/82 ua. – BVerfGE 77, 84). Bei Regelungen, die den Teilarbeitsmarkt des Baugewerbes betreffen, ist bei der verfassungsrechtlichen Nachprüfung nach Auffassung des BVerfG besondere Zurückhaltung geboten, weil der Gesetzgeber bei der Wiederherstellung einer gestörten Ordnung in diesem Bereich auf besonders komplexe, schwer überschaubare und im Einzelnen unklare Verhältnisse einwirken müsse (vgl. BVerfG 6. Oktober 1987 – 1 BvR 1086/82 ua. – aaO, S. 107).
bb) § 1a AEntG dient der wirksamen Durchsetzung des § 1 AEntG (BT-Drucks. 14/45 S. 17).
(1) Die verschuldensunabhängige Bürgenhaftung des Bauunternehmers soll diesen veranlassen, verstärkt darauf zu achten, dass seine Nachunternehmer die nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz zwingenden Arbeitsbedingungen einhalten und tatsächlich erfüllen. Hierzu gehören insbesondere die verbindlichen Mindestlöhne, die nach § 1 Abs. 1 AEntG auch für ausländische Unternehmen gelten, die nach Deutschland Arbeitnehmer entsenden. Die Bürgenhaftung soll in Deutschland mehr Arbeitsplätze schaffen und Schwarzarbeit in der Bauwirtschaft verhindern (vgl. BT-Drucks. 14/45 S. 17). Eine Belastung kleiner und mittlerer Betriebe ist nach Auffassung der Bundesregierung nicht zu befürchten, da nach deren Annahme die Generalunternehmer zukünftig verstärkt Aufträge an zuverlässige kleine und mittlere Unternehmen vergeben, von denen sie wüssten, dass sie die gesetzlichen Bestimmungen einhielten (Plenarprotokoll 14/14, Verhandlung des Deutschen Bundestages vom 10. Dezember 1998 S. 868 D). Razzien auf Baustellen seien dagegen zur Bekämpfung von Lohndumping und illegaler Beschäftigung ungeeignet, weil sie die Opfer und nicht die Täter träfen. Die Bürgenhaftung trifft nach Auffassung der Regierungskoalition die Generalunternehmen, die wüssten, dass die von den Nachunternehmern angebotenen Preise mit vernünftigen Arbeitsbedingungen überhaupt nicht zu erbringen seien. § 1a AEntG richte sich gegen Schmutzkonkurrenz und diene damit dem Schutz kleiner Betriebe, die in der Vergangenheit vom Markt gedrängt worden seien (Plenarprotokoll 14/14 aaO S. 877 C, D).
Die durch § 1a AEntG gesicherten Mindestlöhne im Baugewerbe sollen insbesondere Wettbewerbsvorteile ausländischer Unternehmer aus Ländern mit deutlich niedrigerem Lohnniveau ausgleichen und so die Bautätigkeit in Deutschland den inländischen Arbeitslosen zugute kommen lassen (BT-Drucks. 13/2414 S. 7). Weiterhin soll die Tarifautonomie gesichert werden. Diese sah die Gesetzgebung gefährdet, weil sich die Vertragsbedingungen der aus dem Ausland entsandten Bauarbeitnehmer nicht nach deutschem Tarifrecht gestalteten. Der vermehrte Einsatz ausländischer Arbeitnehmer auf deutschen Baustellen führte nach der Gesetzesbegründung zu einer bedrohlichen Verdrängung der Geltung deutschen Arbeitsrechts. Weiterhin sollte durch das Arbeitnehmer-Entsendegesetz einer Verschlechterung der Situation der Klein- und Mittelbetriebe der deutschen Bauwirtschaft entgegengewirkt werden. Deren wirtschaftliche Existenz war gefährdet, weil sie bei Bauausschreibungen wegen der in Deutschland bestehenden hohen Lohnkosten häufig keine Aufträge erhielten (vgl. BT-Drucks. 13/2414 S. 7).
§ 1a AEntG ermöglicht Arbeitnehmern, im Falle der Insolvenz oder wirtschaftlicher Schwierigkeiten ihres Arbeitgebers die Nettovergütungsansprüche beim Generalunternehmer oder einem anderen Vorunternehmer durchzusetzen. Diese haften auch für Lohnforderungen, die über den Drei-Monats-Zeitraum der Gewährung von Insolvenzgeld (§ 183 Abs. 1 SGB III) hinausreichen. § 1a AEntG bewirkt zugleich eine finanzielle Entlastung der Bundesagentur für Arbeit. Soweit sie Insolvenzgeld leistet, erhält sie wegen des Übergangs der Arbeitsentgeltansprüche (§ 187 SGB III) mit dem Generalunternehmer oder anderen Nachunternehmern solvente Schuldner, bei denen sie sich schadlos halten kann (vgl. auch Rieble/Lessner ZfA 2002, 29, 77).
Die Sicherung des Mindestlohns durch die Bürgenhaftung nach § 1a AEntG führt schließlich auch zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen entsandter ausländischer Arbeitnehmer. Diese verdienen bei einer Entsendung nach Deutschland oftmals deutlich mehr als in ihren Heimatländern und erhalten für ihre Nettolohnansprüche einen weiteren Schuldner in Deutschland. Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen ausländischer Arbeitnehmer ist allerdings in der Gesetzesbegründung nicht als Gesetzeszweck genannt und damit nur notwendige Folge der Haftungsregelung.
(2) Die Verfolgung dieser gesetzgeberischen Ziele dient dem Gemeinwohl. Die Wiederherstellung der aus Sicht des Gesetzgebers gestörten Ordnung auf dem Teilarbeitsmarkt des Baugewerbes mit dem Ziel der Sicherung eines geordneten Arbeitsmarkts und einer stabilen arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Situation abhängig Beschäftigter ist ein hervorragend wichtiges Gemeinschaftsgut. Mit § 1a AEntG werden auch nicht nur Einzelinteressen weniger Unternehmer verfolgt, sondern die Interessen zahlreicher Klein- und Mittelbetriebe der Bauwirtschaft in Deutschland. Angesichts der großen beschäftigungspolitischen Bedeutung, die diese Betriebe haben, dient deren Schutz dem Wohl der Gemeinschaft.
Bis zur Einführung des tariflichen Mindestlohns im Baugewerbe verdiente ein heimischer Bauarbeiter in der niedrigsten Lohngruppe 20,24 DM/Stunde. Der Stundenlohn entsandter portugiesischer Arbeitnehmer auf deutschen Baustellen lag demgegenüber zwischen 6,00 und 7,00 DM, der Lohn britischer oder irischer Arbeitnehmer zwischen 14,00 und 15,00 DM (Koberski/Asshoff/Hold AEntG Einl. Rn. 16). Auch im Jahre 2000 wurden noch Fälle mit Stundenlöhnen von 5,00 bis 8,00 DM entdeckt (Pressemitteilung der Bundesanstalt für Arbeit NZA 2001 Heft 7, IX). Dies macht deutlich, dass ohne die Einführung eines für alle Bauarbeiter verbindlichen Mindestlohns und dessen Absicherung durch die Haftungsregelung des § 1a AEntG tariftreue inländische Bauunternehmen angesichts des hohen Lohnkostenanteils bei der Ausschreibung von Bauleistungen ausländischen Mitbewerbern geradezu hoffnungslos unterlegen wären.
Mit dem Schutz des inländischen Baugewerbes geht das weitere arbeitsmarktpolitische Ziel des Gesetzes unmittelbar einher, die Arbeitslosigkeit in diesem Bereich abzubauen. Ein Gemeinwohlbelang von ebenfalls großer Bedeutung ist die Sicherung der finanziellen Stabilität der Träger der Sozialversicherung. Darüber hinaus darf der Gesetzgeber das Interesse an der Stärkung der Effektivität tariflicher Normsetzung berücksichtigen (BVerfG 6. Oktober 1987 – 1 BvR 1086/82 ua. – BVerfGE 77, 84, 107). Dies folgt schon aus Art. 9 Abs. 3 GG, der das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, für jedermann und für alle Berufe gewährleistet.
c) Der Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG entspricht noch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
aa) Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist gewahrt, wenn die Beeinträchtigung der Berufsfreiheit geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne ist, die mit dem Gesetz verfolgten Ziele zu erreichen (BVerfG 14. März 1989 – 1 BvR 1033/82 und 1 BvR 174/84 – BVerfGE 80, 1). Eignung liegt schon dann vor, wenn eine Maßnahme die Möglichkeit der Zweckerreichung in sich birgt und den gewünschten Erfolg fördert (vgl. BVerfG 1. Oktober 2004 – 1 BvR 2221/03 – AP SGB IX § 72 Nr. 1 mwN). Eingriffe in die Berufsfreiheit dürfen jedoch nicht weiter gehen, als es die sie legitimierenden öffentlichen Interessen erfordern (vgl. BVerfG 14. Dezember 1965 – 1 BvL 14/60 – BVerfGE 19, 330, 337). Erforderlich ist ein Eingriff in die Berufsfreiheit nur dann, wenn ein anderes, gleich wirksames, aber die Berufsfreiheit weniger fühlbar einschränkendes Mittel fehlt (vgl. BVerfG 5. Mai 1987 – 1 BvR 724/81 ua. – BVerfGE 75, 246, 269; 14. März 1989 – 1 BvR 1033/82 und 1 BvR 174/84 – aaO). Der Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit ist schließlich angemessen, wenn eine hinreichende Verantwortungsbeziehung zwischen dem Handeln des Bauunternehmers und seiner Haftung nach § 1a AEntG besteht (vgl. dazu BVerfG 10. November 1998 – 1 BvR 2296/96 und 1 BvR 1081/97 – BVerfGE 99, 202) und der Grundrechtseingriff nicht außer Verhältnis zu dem angestrebten Zweck steht. Bei der Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe muss die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt sein. Je empfindlicher die Berufsausübenden in ihrer Berufsfreiheit beeinträchtigt werden, desto stärker müssen die Interessen des Gemeinwohls sein, denen diese Regelung zu dienen bestimmt ist (BVerfG 16. März 1971 – 1 BvR 52/66 ua. – BVerfGE 30, 292, 316).
bb) Die in § 1a AEntG geregelte Bürgenhaftung ist zur Erreichung der gesetzlichen Ziele geeignet.
Die Sicherung des Mindestlohnanspruchs durch § 1a AEntG ist geeignet, Klein- und Mittelbetriebe der Bauwirtschaft vor Wettbewerbsverzerrungen zu schützen und die Arbeitslosigkeit in der Baubranche zu bekämpfen. Die Erwägungen im Gesetzgebungsverfahren bewegen sich jedenfalls im Rahmen der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers. Soweit die Revision meint, § 1a AEntG nehme den Druck vom Nachunternehmer, den Mindestlohn zu zahlen, trifft dies nicht zu. Denn die Bürgenhaftung führt nicht zu einer Befreiung von der Lohnzahlungspflicht. Dem Bürgen ist vielmehr ein Rückgriff auf den Nachunternehmer möglich. Diesen Rückgriff geeignet zu sichern, ist eine Frage der privatautonomen Gestaltung der vertraglichen Beziehungen zwischen General- und Nachunternehmer.
cc) Die Haftungsregelung ist zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele erforderlich. Ein anderes gleich wirksames Mittel, das weniger einschränkend wirkt, steht nach der nicht zu beanstandenden Auffassung des Gesetzgebers nicht zur Verfügung.
Der von der Beklagten zu 2) aufgezeigte Weg eines gesetzlichen Abzugsverfahrens, bei dem der Hauptunternehmer bei jeder Werklohnzahlung an den Nachunternehmer einen bestimmten Teil in Abzug bringt und an die Sozialkasse der Bauwirtschaft auszahlt, hat nicht die gleiche Wirksamkeit wie § 1a AEntG. Er ist mit einem erheblichen Verwaltungsmehraufwand und damit einhergehenden Kosten verbunden. Auch die weiteren von der Beklagten zu 2) dargestellten Alternativen zur Bürgenhaftung stellen die Erforderlichkeit der gesetzlichen Regelung nicht in Frage. In Betracht kommen eine Verstärkung und Ausweitung der Baustellenkontrollen durch die Gewerbeaufsicht, eine gesetzliche Regelung, die den Generalunternehmer nur bei Verschulden haften lässt und ihm die Exkulpation bei fehlendem Verschulden ermöglicht sowie eine Regelung, die die Nettolohnhaftung für den Fall der Insolvenz des Vertragsarbeitgebers ausschließt, oder den Generalunternehmer nur im Wege der Ausfallbürgschaft haften lässt. Diese zwar denkbaren, das Grundrecht der Berufsfreiheit weniger einschränkenden Maßnahmen sind jedoch nach Einschätzung des Gesetzgebers nicht in gleicher Weise wie die verschuldensunabhängige Nettolohnhaftung geeignet, die gesetzgeberischen Ziele zu verwirklichen.
Die Auffassung des Gesetzgebers, die Bußgeldbewehrung einzelner Verstöße durch § 5 AEntG führe ebenso wenig zu einer effektiven Durchsetzung der Normen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes wie eine Ausweitung der Baustellenkontrollen (BT-Drucks. 14/45 S. 26), hält sich im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative. Sie ist jedenfalls nicht offensichtlich verfehlt. Denn es ist nicht auszuschließen, dass die mit der Haftungsregelung bezweckte sorgfältigere Auswahl und Kontrolle der Nachunternehmer mittelfristig zu einem Rückgang der Auftragsvergabe an unzuverlässige oder unbekannte Unternehmen führt und damit die staatlichen Kontrollen auf den Baustellen ergänzt. Hinzu kommt, dass die Bürgenhaftung unmittelbar dem Arbeitnehmer zugute kommt und damit der in § 1 AEntG geregelte Mindestlohnanspruch im Baugewerbe zugunsten des durch das Arbeitnehmer-Entsendegesetz geschützten Personenkreises effektiver ausgestaltet wird als bei den von der Beklagten zu 2) aufgezeigten Regelungsalternativen, die rein ordnungsrechtlich ausgestaltet sind. Nicht zu beanstanden ist auch die weitere Annahme des Gesetzgebers, die zum 1. Januar 1998 erfolgte Anhebung des Bußgeldrahmens für die Nichtgewährung zwingender Arbeitsbedingungen habe in der Praxis bislang noch nicht in genügendem Maße zur Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften geführt. Der Gesetzgeber hat hier in zulässiger Weise von der ihm zustehenden wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Entschließungsfreiheit Gebrauch gemacht. Schließlich hält es sich im Rahmen der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative, eine verschuldensunabhängige umfassende Bürgenhaftung zur wirksamen Durchsetzung des Mindestlohnanspruchs für erforderlich zu halten.
dd) Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist verhältnismäßig im engeren Sinne. Da § 1a AEntG die Berufsausübungsfreiheit nicht unmittelbar regelt, sondern nur mittelbar berührt, hat der Gesetzgeber einen erheblichen Gestaltungsspielraum. Es besteht eine hinreichende Verantwortungsbeziehung zwischen dem Handeln des Bauunternehmers und seiner Haftung nach § 1a AEntG. Der durch die Bürgenhaftung bewirkte Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG steht in einem noch angemessenen Verhältnis zu dem mit dieser Regelung verfolgten Zweck. Für die von § 1a AEntG erfassten Bauunternehmer bestehen auch ausreichende rechtliche Möglichkeiten, das Haftungsrisiko einzugrenzen.
(1) § 1a AEntG liegt eine besondere Verantwortungsbeziehung zwischen dem Handeln des Bauunternehmers und seiner Haftung zugrunde (zweifelnd Franzen SAE 2003, 190, 193; ErfK/Schlachter § 1a AEntG Rn. 3). Die Bürgenhaftung beruht auf der Überlegung, dass der Nachunternehmer eine Verbindlichkeit des Generalunternehmers erfüllt und damit für ihn tätig wird. Da den Generalunternehmen der wirtschaftliche Vorteil der Beauftragung von Nachunternehmen zugute kommt, sollen sie für die Lohnforderungen der dort beschäftigten Arbeitnehmer einstehen. Zwischen Generalunternehmer und Nachunternehmer besteht keine zufällige Rechtsbeziehung, sondern eine vertragliche Vereinbarung. Insoweit ist das Haftungsrisiko des Generalunternehmers zwar nicht gänzlich auszuschließen, aber in wesentlichen Teilen beherrschbar. Dies gilt auch bei Nachunternehmerketten. Der Generalunternehmer kann hier durch vertragliche Vereinbarungen und Überprüfung der Einhaltung dieser Regelungen Vorsorge treffen. Dass es hierbei in der praktischen Durchführung zu Schwierigkeiten kommen kann, steht der Annahme einer besonderen Verantwortungsbeziehung zwischen dem Tätigwerden des Generalunternehmers und der Bürgenhaftung nicht entgegen. Entscheidend ist, dass der Generalunternehmer, der für einen Bauherren Bauleistungen zu erbringen hat, durch die Beauftragung von Nachunternehmen die an sich ihm obliegende Pflicht zur Vergütung der Arbeitnehmer in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns, auf die ausführenden Nachunternehmen verlagert. Durch diese vom Generalunternehmer selbst gewählte Vertragskonstruktion entsteht erst das Risiko der Nichtbeachtung des gesetzlichen Mindestlohns. Hierfür hat er nach § 1a AEntG wie ein Bürge zu haften.
(2) Für die von § 1a AEntG erfassten Bauunternehmer bestehen auch ausreichende rechtliche Möglichkeiten, das Haftungsrisiko einzugrenzen. Im Rahmen der Privatautonomie können Generalunternehmer und Nachunternehmer die Vorlage geeigneter Nachweise über die Erfüllung der Lohnforderungen der eingesetzten Arbeitnehmer für einzelne Monate vereinbaren. Bis zur Vorlage der Erfüllungsnachweise könnte nach entsprechender Vereinbarung ein Teil des vom Nachunternehmer zu beanspruchenden Werklohns einbehalten werden. Trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten der Nachunternehmer ist auch die Absicherung eines Teils des Haftungsrisikos des Generalunternehmers durch eine vom Nachunternehmer beizubringende Bankbürgschaft nicht ausgeschlossen. Vertraglich regelbar ist ferner ein Zustimmungsvorbehalt des Generalunternehmers für die Beauftragung weiterer Nachunternehmer durch den ersten Nachunternehmer. Denkbar ist weiterhin eine Regelung, wonach sich der erste Nachunternehmer bei einer Nachunternehmerkette verpflichtet, den Generalunternehmer von Forderungen der Arbeitnehmer weiterer Nachunternehmer auf Zahlung des Mindestlohns freizustellen. Durch Kontrollen der Bauleiter und Poliere des Generalunternehmens auf den Baustellen kann schließlich festgestellt werden, ob auf der Baustelle auch tatsächlich Arbeitnehmer des jeweils verpflichteten Nachunternehmers tätig sind. Dies gilt umso mehr, als auf größeren Baustellen sowohl der Generalunternehmer als auch etwaige Nachunternehmer in der Regel ständig anwesend sein werden, um die ordnungsgemäße Durchführung der Bauleistungen zu organisieren und zu überwachen.
(3) Auch wenn die verschuldensunabhängige Haftung des Unternehmers durch keine noch so sorgfältige Auswahl und Überwachung der Nachunternehmer ausgeschlossen werden kann, führt dies nicht zur Unverhältnismäßigkeit dieser Haftungsregelung. Die Revision verkennt, dass der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht gehindert ist, Gefährdungs- oder Garantiehaftungstatbestände für Sachverhalte oder Betätigungen einzuführen, von denen besondere Risiken für schutzbedürftige Gemeinwohlinteressen ausgehen. Ein übergeordnetes, auch den Gesetzgeber bindendes Rechtsprinzip der verschuldensabhängigen Haftung gibt es nicht (vgl. BVerfG 10. März 1976 – 1 BvR 355/67 – BVerfGE 42, 20, 36 f., zu einer Gefährdungshaftung für die Beschädigung öffentlicher Straßen und Wege nach Landesrecht).
(4) Der Beklagten zu 2) ist einzuräumen, dass durch § 1a AEntG ein nicht unbeachtlicher Kontroll- und Verwaltungsmehraufwand verursacht wird. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Generalunternehmer über § 1a AEntG auch das Insolvenzrisiko der Nachunternehmer trägt. Der Bundesagentur für Arbeit wird bei Insolvenz eines Nachunternehmers ein Rückgriff gegen den Generalunternehmer ermöglicht, wenn sie nach §§ 183 ff. SGB III Insolvenzgeld leistet. Alle diese Beeinträchtigungen führen jedoch bei einer Gesamtabwägung nicht zur mangelnden Verhältnismäßigkeit des § 1a AEntG. Die Beklagte zu 2) berücksichtigt nicht genügend, dass wegen der aufgezeigten Auswahl- und Kontrollmöglichkeiten des Unternehmers einerseits, dem wirtschaftlichen Interesse an der Auftragsvergabe und dem Wissen um die teilweise offensichtliche Missachtung der Mindestlohnbestimmungen andererseits eine besondere Verantwortungsbeziehung des Generalunternehmers zum Nachunternehmer und dessen Arbeitnehmern besteht. Hinzu kommt, dass die Bürgenhaftung auf Entgeltansprüche für tatsächlich geleistete Arbeit beschränkt ist und weder Annahmeverzugsansprüche noch Nebenforderungen erfasst. Die Bürgenhaftung bezieht sich allein auf den Mindestlohnanspruch nach § 1 Abs. 1 AEntG. Dieser wird jedoch nur für tatsächlich erbrachte Arbeitsleistungen geschuldet, weil die Rechtsnormen des für allgemeinverbindlich erklärten TV Mindestlohn vom 26. Mai 1999 nur insoweit international zwingend iSv. Art. 34 EGBGB sind (vgl. Koberski/Asshoff/Hold AEntG § 1 Rn. 209 und § 1a Rn. 19). Die Ansprüche auf Annahmeverzugslohn gehören nicht hierzu (Senat 12. Januar 2005 – 5 AZR 279/01 –). Alle diese Umstände lassen die vom Gesetzgeber gewählte Bürgenhaftung zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele trotz der für Generalunternehmer verbleibenden Haftungsrisiken als noch angemessen erscheinen.
V. Die Regelung in § 1a AEntG verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Bürgenhaftung erfasst – wie oben ausgeführt (III 2 der Gründe) – nur Bauunternehmer. Die von der Beklagten gerügte sachwidrige Gleichstellung von Bauherren und Bauunternehmern liegt damit nicht vor. Ein Verstoß gegen Art. 14 und Art. 2 GG kommt nicht in Betracht. Art. 12 Abs. 1 GG ist insoweit das speziellere Grundrecht (BVerfG 12. Oktober 1994 – 1 BvL 19/90 – BVerfGE 91, 207).
VI. Eine verfassungskonforme Einschränkung des Umfangs der Bürgenhaftung ist nicht geboten. § 1a AEntG verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Soweit im Schrifttum eine Begrenzung der Haftung auf zumutbare Erkennungs- und Abwehrmaßnahmen vertreten wird (ErfK/Schlachter § 1a AEntG Rn. 3), fehlen für eine solche Reduktion der Norm die notwendigen Voraussetzungen. Eine verfassungskonforme Auslegung findet dort ihre Grenzen, wo sie dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzes widerspricht. Im Wege der Auslegung darf einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz nicht ein entgegengesetzter Sinn verliehen, der normative Gehalt der auszulegenden Norm nicht grundlegend neu bestimmt oder das gesetzgeberische Ziel nicht in einem wesentlichen Punkt verfehlt werden. Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen sowie deren Sinn und Zweck jedoch mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt, so ist diese geboten (BVerfG 11. April 2000 – 1 BvL 2/00 – AP ArbGG 1979 § 26 Nr. 2). Eine Beschränkung auf zumutbare Erkennungsund Abwehrmaßnahmen widerspricht sowohl dem Wortlaut des Gesetzes als auch dem Zweck der Regelung. Der Gesetzgeber wollte Generalunternehmer für die Lohnforderungen von Arbeitnehmern der Nachunternehmer gerade als selbstschuldnerische Bürgen haften lassen, um die von ihm festgestellten Missstände im Baugewerbe effektiv zu bekämpfen (BT-Drucks. 14/45 S. 17 f.).
VII. Die in § 1a AEntG angeordnete Bürgenhaftung ist mit der durch Art. 49 EG gewährleisteten Freiheit des Dienstleistungsverkehrs vereinbar.
1. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) hat im Vorabentscheidungsverfahren mit Urteil vom 12. Oktober 2004 (– C-60/03 – AP EG Art. 49 Nr. 9) angenommen, eine durch § 1a AEntG bewirkte Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs könne durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Zu den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gehöre der Schutz der Arbeitnehmer (EuGH aaO Rn. 34 f.). Die Bürgenhaftung ist nach der insoweit bindenden Auffassung des EuGH geeignet, den Schutz der Arbeitnehmer zu gewährleisten, weil sie der Durchsetzung des Anspruchs auf Mindestlohn diene (EuGH aaO Rn. 37). Bei objektiver Betrachtung gewährleistet § 1a AEntG den Schutz der entsandten Arbeitnehmer. Praktische Schwierigkeiten bei der Durchsetzung dieses Anspruchs stehen dem nach Auffassung des EuGH nicht entgegen, weil die entsandten Arbeitnehmer neben dem ersten Schuldner des Arbeitslohns, ihrem Arbeitgeber, einen zweiten Schuldner bekämen, der im Allgemeinen sogar zahlungsfähiger sei (EuGH aaO Rn. 40). Auch das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel, einen unlauteren Wettbewerb seitens der Unternehmer zu verhindern, kann nach Meinung des EuGH als zwingendes Erfordernis eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen (EuGH aaO Rn. 41). Der Schutz des fairen Wettbewerbs und der Schutz der Arbeitnehmer stünden nebeneinander und schlössen sich nicht wechselseitig aus. Insoweit weist der EuGH darauf hin, dass beide Schutzzwecke Ziele der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen sind, wie sich aus der Erwägung Nr. 5 zu dieser Richtlinie ergebe (EuGH aaO Rn. 42).
2. Ausgehend von der vom EuGH in dem Vorabentscheidungsverfahren für den Senat bindend angenommenen Eignung der Bürgenhaftung zur Verwirklichung des Schutzes der Arbeitnehmer, verstößt § 1a AEntG nicht gegen Art. 49 EG. Der nach der Gesetzesbegründung mit der Haftungsregelung des § 1a AEntG verfolgte Zweck, die Auftragsvergabe an Nachunternehmen aus sog. Billiglohnländern zu erschweren, um damit den deutschen Arbeitsmarkt im Bausektor zu beleben und die wirtschaftliche Existenz von Mittel- und Kleinbetrieben in Deutschland zu schützen und die Arbeitslosigkeit in Deutschland zu bekämpfen, führt nicht zu einem Verstoß gegen Art. 49 EG. Denn hiermit wird zugleich ein länderübergreifender unlauterer Wettbewerb verhindert. Das Ziel der Bürgenhaftung, die Durchsetzung des Anspruchs auf Mindestlohn zu gewährleisten, geht nicht über das hinaus, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. Die Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit wirkt sich in erster Linie auf Bauunternehmen aus, die nicht bereit sind, den in Deutschland geltenden Mindestlohn zu bezahlen. Diese sind jedoch insoweit nicht schutzwürdig. Soweit die Bürgenhaftung nach § 1a AEntG einen beträchtlichen Verwaltungsaufwand erzeugt und nicht unerhebliche wirtschaftliche Risiken – auch für ausländische – Generalunternehmen schafft, sind diese Lasten und Risiken für die Unternehmen eher beherrschbar als das Risiko für den entsandten Arbeitnehmer, mit seinen Lohnforderungen auszufallen. Berücksichtigt man weiter das mit der Bürgenhaftung verfolgte Ziel des Schutzes eines fairen Wettbewerbs, stellt die Regelung keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die durch Art. 49 EG gewährleistete Dienstleistungsfreiheit dar.
VIII. Die Beklagte zu 2) haftet nach § 1a AEntG für den Mindestlohn, den der Arbeitnehmer für tatsächlich erbrachte Arbeitsleistungen von seinem Arbeitgeber verlangen kann. Eine weiter gehende Haftung für vom Arbeitgeber geschuldete Verzugszinsen besteht nicht. Die Bürgenhaftung bezieht sich allein auf den Mindestlohnanspruch nach § 1 Abs. 1 AEntG (zu Annahmeverzugsansprüchen vgl. Senat 12. Januar 2005 – 5 AZR 279/01 –). Der Mindestlohn wird ausschließlich für tatsächlich erbrachte Arbeitsleistungen geschuldet, weil die Rechtsnormen des für allgemeinverbindlich erklärten TV Mindestlohn vom 26. Mai 1999 nur insoweit international zwingend iSv. Art. 34 EGBGB sind (vgl. Koberski/Asshoff/Hold AEntG § 1 Rn. 209 und § 1a Rn. 19). Die Zinsvorschriften bei Schuldnerverzug gehören nicht hierzu. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, in welcher Höhe die Arbeitgeberin des Klägers, die Beklagte zu 1), Verzugszinsen schuldet.
IX. Die Beklagte zu 2) schuldet dem Kläger gem. §§ 284, 288 BGB aF wegen ihres eigenen Zahlungsverzugs als Bürgin Verzugszinsen. Der Zinssatz beträgt gem. Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB für Forderungen, die seit dem 1. Mai 2000 fällig geworden sind, gem. § 288 Abs. 1 BGB fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Für zuvor fällig gewordene Forderungen beträgt der Zinssatz gem. § 288 Abs. 1 BGB aF vier vom Hundert. Die Lohnforderungen des Klägers wurden nach dessen Arbeitsvertrag jeweils am 15. des folgenden Monats fällig. Die Beklagte zu 2) schuldet deshalb für die Lohnforderungen aus den Monaten Februar und März 2000 Verzugszinsen in Höhe von vier Prozent, für die restlichen Lohnforderungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins. Der Verzugszins wird ab dem 12. August 2000 geschuldet, nachdem der Kläger die Beklagte zu 2) aufgefordert hatte, die geltend gemachte Lohnforderung bis zum 11. August 2000 zu bezahlen.
X. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Müller-Glöge, Mikosch, Linck, Zorn, Wolf
Fundstellen
Haufe-Index 1344081 |
BAGE 2006, 149 |
BB 2006, 1008 |
DB 2005, 1061 |
FA 2005, 216 |
NZA 2005, 627 |
SAE 2005, 258 |
ZIP 2005, 1292 |
AP, 0 |
EzA-SD 2005, 4 |
EzA |
MDR 2005, 997 |
NJ 2005, 573 |
AUR 2005, 275 |
ArbRB 2005, 265 |
RdW 2005, 636 |
ZBB 2005, 292 |
BAGReport 2005, 383 |
PayRoll 2005, 41 |