Neben Zustimmung auch viel Kritik an der BSC

Studien, die nicht von Beginn an auf eine Bestätigung der Erfolgswirksamkeit der BSC abzielen, bestätigen demgegenüber zwar die große Anwendungsverbreitung des Konzeptes, argumentieren jedoch, dass weder die ausgewogene Darstellung sog. Schlüsselkennzahlen ("Key Performance Indicators"), noch das reine Befüllen generalisierter Strategiekarten ("Strategy Maps") eine nachhaltige Zufriedenheit bewirken können. Besonders von wissenschaftlicher Seite und dort vor allem von denjenigen Forschern, die sich mit der Frage nach geeigneten Instrumenten zur methodischen Unterstützung der strategischen Unternehmensführung auseinander setzen ("Performance Management"), wird die unzureichende methodisch-instrumentelle Ausgestaltung und das Fehlen jedweder wissenschaftlicher Fundierung bemängelt. Die BSC sieht sich im Rahmen substanzwissenschaftlicher Analysen immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt, nur "result of advertisement by renowned people and reputed institutions"[1] zu sein. Es sei "astonishing that many such management guru concepts have become very popular and that academically more tenable theories remain unnoticed".[2] Trotz oder gerade wegen ihres kometenhaften Aufstiegs wurde die BSC oftmals kritisiert. Aspekte der ursprünglichen Diskussion waren dabei z. B.:

  1. Ohne Strategie keine BSC!
  2. Fehlende objektive ex-ante Bewertung von Strategiealternativen.
  3. Strategien sind nicht immer messbar.
  4. Zielwerteinschätzungen sind häufig subjektiv.
  5. Kennzahlen sind nicht immer treffsicher oder berechenbar.
  6. Nicht-finanzielle Maßgrößen sind rechnerisch schwierig zu aggregieren.
  7. Ursache-/Wirkungsbeziehung sind selten "mathematisch" begründet.
  8. Korrelation ungleich Kausalität!

In den letzten Jahren rückte der Fokus der Diskussion jedoch auf grundlegendere Aspekte. Die deutlich substantiellere Kritik konzentriert sich heute im Kern auf nachfolgende Punkte:

  1. Signifikante Veränderungen am Konzeptaufbau und -verständnis im Prozess der Konzeptevolution, d. h. Veränderungen an den Konzeptprämissen im Rahmen der Konzeptentwicklung.
  2. Fehlende wissenschaftliche Untermauerung, insbesondere bzgl. der fehlenden Berücksichtigung der Unternehmenskomplexität sowie der generell zweifelhaften Validität der sich oft nur gegenseitig kopierenden Quellen.
  3. Fehlende gesamtkonzeptionelle Operationalisierung insbesondere bzgl. der eingesetzten Methoden und Instrumente.
  4. Trivialisierung auf Anwender- wie Erfinderseite, insbesondere aufgrund des mechanistischen Grundverständnisses sowie aufgrund der Publikationsschwemme durch die vielen selbsternannten Experten auf Praktikerseite.
  5. Prinzipiell falscher Ansatzpunkt zur Unterstützung einer strategischen Unternehmensführung, i. S. e. einseitigen Messorientierung.

In den nachfolgenden Abschnitten werden die aufgeführten Kritikpunkte zur weiteren Analyse in 3 Gruppen kategorisiert:

  1. Konzeptevolution,
  2. wissenschaftliche Grundlagen sowie
  3. Berücksichtigung von aktuellen technologischen und methodischen Entwicklungen.

Weil realistischerweise davon ausgegangen werden kann, dass das Grundkonzept der BSC in seinen wesentlichen Zügen bekannt ist, wird auf eine umfangreiche grundlegende Konzepteinführung verzichtet und direkt auf die Konzeptentwicklung fokussiert.

[1] Vgl. Mohobbot, 2004, S. 220.
[2] Norreklit, 2003, S. 591.

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