3.1 Implikationen aus der Wissenschaft

In der akademischen Diskussion lassen sich die Kritikpunkte im Kern auf 3 Ursachen reduzieren:

  1. Unreflektierte Übernahme der BSC-Konzeption aus den zahlreichen Veröffentlichungen von Kaplan und Norton, die in Kombination mit einer profitmotivierten Vermarktung (auch durch Controllingexperten wie Horváth und Partners!) zu einer grundsätzlichen Kritikarmut und überoptimistischen Erfolgsprognosen führten.
  2. Fehlende gesamtkonzeptionelle Operationalisierung der BSC in entsprechenden Instrumente und Methoden und hier bspw. im Hinblick auf die Einflüsse der Digitalisierung sowie der (treiberbasierten) Planung und Budgetierung.
  3. Unzureichende Unterstützung bei der Auswahl und fortlaufenden Priorisierung strategischer Projekte.

3.2 Implikationen aus den Anwendererfahrungen

Aus den Erfahrungen der bisherigen BSC-Anwender lassen sich folgende Konsequenzen für die Anpassung des BSC-Konzeptes auf Version 2.0 ableiten:

  1. Es ist zu berücksichtigen, dass die BSC aufgrund der beschriebenen Konzeptevolution ganz unterschiedlich verstanden werden kann. Die präzise Klärung der Zielsetzung und der erhofften Wirkungsbeiträge der BSC ist demzufolge frühestmöglich vorzunehmen und der entsprechende zeitliche und personelle Aufwand in der Implementierungsplanung zu berücksichtigen.
  2. Die BSC darf keinesfalls als universell einsetzbarer Lösungsansatz ("Patentrezept") für die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Implementierung von Strategien verstanden werden.
  3. Stattdessen ist im Einzelfall zu prüfen, inwieweit sich das Grundkonzept in individueller Interpretation des Unternehmens effektiv einsetzen lässt und inwieweit moderne Steuerungsansätze, wie bspw. das der treiberbasierten Planung oder die neuen Möglichkeiten der "Predictive Analytics" aus dem Bereich Managementreporting/Forecasting integriert werden können.
  4. Entscheidet sich ein Unternehmen zur Einführung einer BSC, ist zudem darauf zu achten, dass der Fokus der BSC neben den Kennzahlen mindestens zu gleichem Maße auf die Prozesse der Ableitung und Selektion der strategischen Maßnahmen gelegt wird.
  5. In Summe muss letztlich zu jeder Zeit auf eine effektive und Komplexität zur Kenntnis nehmende Unternehmenssteuerung abgezielt werden, was als weiteres Wesensmerkmal der BSC 2.0 das Projektportfolio in den Fokus der Anwendung rückt.

3.3 Implikationen aus dem technologischen Fortschritt

Für den zukünftigen Einsatz der BSC bedeutet der technologische Fortschritt, dass

  1. die BSC noch stärker in die IT-Umgebung eines Unternehmens eingebunden werden muss und Fragen zum Thema Data Life Cycle Management sowie Schnittstellen Management an Bedeutung gewinnen werden,
  2. die Generierung und Visualisierung von relevanten Informationen aus großen Datentöpfen in Zukunft eine Schlüsselgröße für den unternehmerischen Erfolg sein wird,
  3. der Einsatz von Tools mit statistischen Auswertungs- und Prognoseverfahren insb. im Rahmen des Kennzahlen- und Maßnahmen-Reportings zu signifikanten Anpassungsbedarfen auf prozessualer und personeller Ebene führen werden,
  4. die Möglichkeit, Szenarien und Simulationen mittels Predictive Analytics durchzuführen, und im Prozess der Zielwertbestimmung besser zu nutzen, unabdingbar wird,
  5. dass sich Arbeitsweisen, Rollen und Verantwortlichkeiten innerhalb der Finanzorganisation ändern und statistische Expertise künftig eine Basisanforderung an jeden Controller darstellt.

Zusammengefasst können die technologischen Ansprüche an die BSC in folgende drei Anforderungen konsolidiert werden:

  1. Stärkere Einbettung von digitalen Prognoseverfahren (Stichwort "Predictive Analytics").
  2. Stärkere Einbindung moderner Methoden bspw. im Rahmen einer treiberbasierten Steuerung; und
  3. Berücksichtigung eines veränderten Rollen- und Steuerungsverständnisses der beteiligten Führungskräfte.

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