Dr. Walter Schmidt, Dr. Herwig R. Friedag
Im deutschsprachigen Raum lassen sich in Bezug auf die Anwender des Konzepts von Kaplan und Norton im Wesentlichen zwei große Entwicklungsrichtungen beobachten:
- Viele Unternehmen gestalten die BSC als ein strategisch ausgerichtetes Führungsinstrument, das auf einem in "Perspektiven" gegliederten Kennzahlensystem basiert. Die Strategie wird zentral vorgegeben und ihre Verbindung zu den Zielen und Kennzahlen vor allem mithilfe von "strategy maps" (Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen den Zielstellungen) dargestellt.
- Eine andere, weit verbreitete Variante gestaltet die BSC als strategisches Führungsinstrument der Interessenbalance verschiedener Stakeholder. Die Strategie wird in gemischten Teams erarbeitet. Ihre Verbindung zu den Zielen und Aktionen wird im Rahmen einer Führungs-Scorecard ("Strategisches Haus") vermittelt, die durch eine Berichts-Scorecard (Zusammenfassung der Kennzahlen zu den Führungs-Zielen) ergänzt wird.
Konkrete Projekte und Führen mit messbaren Zielen sind die Bausteine der BSC
In beiden Varianten werden strategische Aktionen und Maßnahmen abgeleitet und zu Programmen bzw. Projekten gebündelt. Die Realisierung dieser Programme oder Projekte ist der eine Baustein zur Umsetzung der Strategie. Der andere Baustein ergibt sich aus der Führung mit wenigen messbaren Zielen, die mit persönlicher Verantwortung verbunden werden. Beide Bausteine zusammen bilden die Balanced Scorecard. Ihre systematische Einbindung in den Management-, Planungs- und Reporting-Kalender einerseits und in die Kommunikationspolitik des Unternehmens andererseits kann der BSC schließlich jenen Einfluss verleihen, der den Alltag im Unternehmen auf die strategischen Schwerpunkte ausrichtet.
Nicht überall, wo Balanced Scorecard draufsteht, ist auch Balanced Scorecard drin
Auf die vielen "reinen" Kennzahlensysteme mit dem Namen Balanced Scorecard, die keinerlei Verbindung zur strategischen Ausrichtung der Unternehmen aufweisen, soll in diesem Beitrag nicht weiter eingegangen werden. Mitunter sind sie einfach in IT-gestützte Planungs- und Berichtssysteme eingebunden und fordern von den betroffenen Menschen nichts anderes als den zahlenmäßigen Soll-Ist-Vergleich zu zentralen Vorgaben bezogen auf verschiedene formale Perspektiven. In solchen Fällen ist der Name bloßes Etikett und hat mit dem Konzept von Kaplan und Norton nichts zu tun. Das Gliedern von (meist 20) Kennzahlen in verschiedene (meist vier) Gruppen, denen man die Bezeichnung "Perspektiven" verleiht, führt nicht zu einer Balanced Scorecard.
Nicht überall, wo Balanced Scorecard draufsteht, ist auch Balanced Scorecard drin.