12.1 Grundvoraussetzungen für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG
Die Voraussetzungen im inländischen Grundfall für den Vorsteuerabzug sind:
- Unternehmer
- Leistungen an das Unternehmen (Eingangsumsatz)
- Leistungsgeber muss Unternehmer sein
- Vorliegen einer Rechnung, die die Voraussetzungen der §§ 14, 14 a UStG erfüllt.
12.1.1 Unternehmer als Abzugsberechtigter
Nur ein Unternehmer i. S. d. § 2 UStG ist zum Vorsteuerabzug berechtigt (persönliche Voraussetzung).
12.1.2 Leistung für Zwecke des Unternehmens
Der Unternehmer kann die Vorsteuer nur dann abziehen, wenn die Lieferung oder sonstige Leistung für sein Unternehmen ausgeführt worden ist. Ist die Leistung nicht für das Unternehmen, sondern für den Privatbereich (nicht unternehmerischer Bereich) ausgeführt worden, liegen die Voraussetzungen nicht vor. Nach der neueren Rechtsprechung des BFH müssen die Leistungen für die wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeiten) zu verwenden beabsichtigt sein. Beabsichtigt der Unternehmer bereits bei Leistungsbezug, die bezogene Leistung nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Entnahme i. S. d. § 3 Abs. 1b oder 9a UStG zu verwenden, ist er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.
12.1.3 Leistender muss Unternehmer sein
Der Vorsteuerabzug setzt voraus, dass die Leistung von einem anderen Unternehmer ausgeführt worden ist. Dieser Unternehmer muss zum Vorsteuerabzug berechtigt sein; mithin muss es ein Regelversteuerer sein. Würde hingegen ein Kleinunternehmer i. S. d. § 19 UStG Umsatzsteuer in einer Rechnung gesondert ausweisen, wäre die Vorsteuer nach der Rechtsprechung des BFH nicht abziehbar.
12.1.4 Rechnung mit Umsatzsteuerausweis oder Kleinbetragsrechnung
Gesonderter Umsatzsteuerausweis in einer Rechnung bedeutet, dass die Umsatzsteuer in der Rechnung als EUR-Betrag angegeben sein muss. Ein Hinweis lediglich auf den Steuersatz ist dagegen nicht ausreichend. Der Höhe nach ist jedoch maximal die gesetzlich geschuldete Steuer – also die richtige Steuer – abzugsfähig. Auch im Übrigen müssen die Rechnungen den Anforderungen der §§ 14, 14 a UStG entsprechen.
Im Gegensatz dazu reicht bei einer Kleinbetragsrechnung (bis 250 EUR Gesamtbetrag) der Hinweis auf den Steuersatz aus.
12.2 Vorsteuerabzug für die entstandene Einfuhrumsatzsteuer
Der Unternehmer kann auch die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände abziehen, die für sein Unternehmen eingeführt worden sind. Die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer ist durch einen zollamtlichen Beleg nachzuweisen.
12.3 Vorsteuerabzug für den innergemeinschaftlichen Erwerb
Seit Einführung des EU-Binnenmarkts ist auch die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für das Unternehmen als Vorsteuer abziehbar. Hierbei ist zu untersuchen, ob ein steuerpflichtiger innergemeinschaftlicher Erwerb vorliegt. Die auf den steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb entfallende Umsatzsteuer ist in gleicher Höhe als Vorsteuer i. d. R. in der gleichen Umsatzsteuer-Voranmeldung abziehbar. Dies gilt allerdings nur, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3 d Satz 1 UStG im Inland bewirkt wird (Ort = Ende der Warenbewegung), also nicht in den Fällen des § 3 d Satz 2 UStG mit Verwendung der USt-IdNr. eines anderen Mitgliedstaates als dem Mitgliedstaat, in dem die Warenbewegung endet.
12.4 Vorsteuerabzug bei Leistungen i. S. d. § 13 b UStG
Soweit der Unternehmer als Leistungsempfänger Steuerschuldner wird (Reverse-Charge-Verfahren), kann er diese Steuer i. d. R. in der gleichen Umsatzsteuer-Voranmeldung als Vorsteuer abziehen, wenn die empfangenen Leistungen für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Hierunter fallen insbesondere die EU-B2B-Grundregeldienstleistungen mit Ort beim Leistungsempfänger sowie Werklieferungen ausländischer Unternehmer. Zudem unterliegen Leistungskategorien als spezielle Sonderregelungen bei B2B-Geschäften im Inland dem Reverse-Charge-Verfahren. Darunter fallen z. B.
- Bauleistungen, die ein Bauleistender (ausreichend 10 % am Gesamtumsatz) für sein Unternehmen bezieht
- Gebäudereinigungsleistungen, die ein Gebäudereiniger (ausreichend 10 % am Gesamtumsatz) von einem Subunternehmer empfängt
- Leistungsbezüge bei bestimmten werthaltigen Abfallstoffen
- bestimmte Lieferungen von Mobilfunkgeräten, integrierten Schaltkreisen, Tablets und Spielekonsolen ab Rechnungsbeträgen von mindestens 5.000 EUR
- bestimmte Lieferungen von Gas und Elektrizität von Wiederverkäufern
- bestimmte Lieferungen von Metallen ab Rechnungsbeträgen von mindestens 5.000 EUR
- Telekommunikationsdienstleistungen von Wiederverkäufern (seit 1.1.2021)
12.5 Nicht abziehbare Vorsteuern kraft Gesetzes
Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1–4, 7 oder des § 12 Nr. 1 EStG gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungskosten, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt (ertragsteuerlich nur 70 % der Aufwendungen, trotzdem umsatzsteuerlich 100 % der Vorsteuer abzugsfähig).
Ausnahmen
Nicht alle ertragsteuerlich nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 EStG führen auch zu nicht abziehbaren Vorsteue...