14.1 Sollversteuerung
Grundsätzlich hat jeder Unternehmer seine Umsätze nach vereinbarten Entgelten zu besteuern. Das bedeutet, dass der einzelne Umsatz der Steuererklärung (Voranmeldung) zuzuordnen ist, die für den Zeitraum abzugeben ist, in dem die Leistung ausgeführt worden ist. Die Steuer entsteht mit Ablauf dieses Zeitraums. Diese Besteuerungsart wird auch als Sollversteuerung bezeichnet.
Entscheidend hiernach ist, wann eine Leistung ausgeführt wird:
- Die Lieferung wird im Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht ausgeführt, d. h. grundsätzlich mit der Übergabe des Gegenstandes. In den Fällen des § 3 Abs. 6 UStG erfolgt die Lieferung fiktiv bereits mit Beginn der Beförderung (Beförderungslieferung) bzw. mit Übergabe des Gegenstands an den selbstständigen Beauftragten (Versendungslieferung).
- Die sonstige Leistung wird in dem Zeitpunkt ausgeführt, in dem die vereinbarte Leistung vollständig erbracht worden ist, z. B. Reparatur mit Abschluss der Reparaturarbeiten.
14.2 Istversteuerung
Bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten ist für die Zuordnung zu einem Voranmeldungs- oder Besteuerungszeitraum allein auf den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts abzustellen. Diese Besteuerungsart wird auch als Istversteuerung bezeichnet. Das Entgelt wird vereinnahmt, wenn der Unternehmer über den Geldbetrag verfügen kann, z. B.
- Bargeld: Vereinnahmung mit Entgegennahme des Geldbetrages
- Überweisung: Vereinnahmung mit Gutschrift auf dem Konto
- Scheck: Vereinnahmung mit Entgegennahme des Schecks. Voraussetzung ist allerdings, dass der Scheck gedeckt ist.
Die Steuer entsteht mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt vereinnahmt worden ist.
Die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten kommt jedoch nur unter den in § 20 UStG genannten Voraussetzungen zur Anwendung:
- Der Gesamtumsatz darf im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 800.000 EUR (bis 31.12.2023: 600.000 EUR) betragen haben, oder
- der Unternehmer ist von der Verpflichtung, Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, nach § 148 AO befreit, oder
- soweit der Unternehmer Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs i. S. d. § 18 Abs. 1Nr. 1 EStG ausführt.
Die vorstehende Nr. 3 ist nicht (mehr) anzuwenden, wenn der Unternehmer in Bezug auf die in der Vorschrift genannten Umsätze buchführungspflichtig ist oder insoweit freiwillig Bücher führt, d. h. freiwillig bilanziert.
Unter diesen Voraussetzungen kann ein Unternehmer die Istversteuerung beantragen. Der Antrag des Unternehmers ist formfrei und kann bis zur Bestandskraft der Jahressteuerfestsetzung gestellt werden.
Soweit es sich um den Fall des Gesamtumsatzes von nicht mehr als 800.000 EUR (bis 31.12.2019: 600.000 EUR) handelt, ist im Fall der Betriebseröffnung der voraussichtliche Jahresgesamtumsatz im Erstjahr maßgebend.
14.3 Teilleistungen
Ein Unternehmer, der die Sollversteuerung anwendet, schuldet die Umsatzsteuer auch bereits bei Ausführung von Teilleistungen. Teilleistungen setzen voraus, dass eine Leistung nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise überhaupt teilbar ist. Ferner ist Voraussetzung, dass sie nicht als Ganzes, sondern in Teilen geschuldet und bewirkt wird. Eine Leistung ist in Teilen geschuldet, wenn für bestimmte Teile das Entgelt gesondert vereinbart wird. Vereinbarungen dieser Art werden im Allgemeinen anzunehmen sein, wenn für einzelne Leistungsteile gesonderte Entgeltabrechnungen durchgeführt werden. Teilleistungen sind regelmäßig bei der Vermietung vorgesehen; nach den Mietverträgen ist z. B. eine monatliche Mietzahlung vereinbart.
14.4 Mindest-Istversteuerung
Die Mindest-Istversteuerung ist ein Sonderfall der Sollversteuerung.
Die Mindest-Istversteuerung greift unter folgenden Voraussetzungen:
- Der Unternehmer unterliegt der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten (Sollversteuerung).
- Die Vereinnahmung des Entgelts erfolgt vor der Ausführung der Leistung.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so ist für die Zuordnung des Umsatzes maßgebend, in welchem Voranmeldungszeitraum der jeweilige Betrag vereinnahmt worden ist. Auf die Rechnungsstellung oder auf die Höhe des Betrags kommt es dann nicht an.
14.5 Innergemeinschaftlicher Erwerb
Die Steuer entsteht für den innergemeinschaftlichen Erwerb i. S. d. § 1 a UStG mit Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des dem Erwerb folgenden Kalendermonats.