Leitsatz

1. Mit der Herstellung eines Gebäudes ist i.S.v. § 2 Abs. 4 Satz 3 InvZulG 1999 i.d.F. des StBereinG 1999 vom 22.12.1999 grundsätzlich in dem Zeitpunkt begonnen, in dem der Bauantrag gestellt wird.

2. Der Regelung in § 2 Abs. 4 Satz 5 InvZulG 1999 i.d.F. des InvZulÄndG vom 20.12.2000, nach der als Beginn der Herstellung bei Gebäuden, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, der Zeitpunkt gilt, in dem der Bauantrag gestellt wird, wirkt nicht in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise zurück.

3. Die Beschränkung der Zulagenförderung auf nach dem 24.8.1997 begonnene Investitionen durch das StBereinG 1999 verletzt kein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen eines Investors, der seine Investition vor dem Stichtag begonnen hat, da die vorherige Regelung unter dem Vorbehalt der Genehmigung der Europäischen Kommission stand.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 4 InvZulG 1999

 

Sachverhalt

Der Kläger hatte den Bauantrag für die Errichtung einer Fabrikationshalle im Fördergebiet bereits im Mai 1996 und damit vor dem Stichtag (25.8.1997) gestellt. Mit den Erdarbeiten, d.h. mit den tatsächlichen Bauarbeiten, wurde erst im September 1997 – nach dem Stichtag – begonnen.

 

Entscheidung

Da der Kläger den Bauantrag vor dem Stichtag gestellt hatte, wurde die Klage auf die Revision des FA abgewiesen. Eine Ausnahme könnte allenfalls angenommen werden, wenn eine Baugenehmigung in der Art einer Bauvoranfrage gestellt worden wäre, um – noch ohne eine konkrete Bauabsicht – genehmigungsrechtliche Fragen vorab zu klären.

Der BFH hat ferner entschieden, dass in dem nachträglichen Ausschluss der Begünstigung für vor dem 25.8.1997 begonnene Investitionen durch das StBereinG 1999 (Stichtagsregelung) keine unzulässige Rückwirkung liegt. Denn § 2 InvZulG 1999 stand unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die EU-Kommission.

 

Hinweis

Durch das InvZulÄndG 1999 vom 20.12.2000 wurde in § 2 Abs. 4 InvZulG 1999 rückwirkend eingefügt, dass bei Gebäuden, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, als Herstellungsbeginn der Zeitpunkt der Stellung des Bauantrags gilt. Gebäude waren danach nur noch begünstigt, wenn der Bauantrag vor dem Stichtag, dem 25.8.1997, gestellt worden war.

Das StBereinG 1999 vom 22.12.1999 stellte nicht auf den Zeitpunkt der Stellung des Bauantrags ab, sondern allgemein auf den Beginn der Herstellung des begünstigten Wirtschaftsguts vor dem Stichtag. Vorher (Fassung vom 18.8.1997) war der Herstellungsbeginn unbeachtlich. Entscheidend war der Investitionsabschluss nach dem 31.12.1998 und vor dem 1.1.2002 bzw. 2005.

Wurde der Bauantrag vor dem Stichtag (25.8.1997) eingereicht, mit den tatsächlichen Arbeiten auf dem Grundstück aber erst danach begonnen, fällt die Investition nach der Neuregelung durch das InvZulÄndG 1999 aus der Begünstigung heraus, da nunmehr – anders als vorher – nicht allgemein auf den Herstellungsbeginn (so nach dem StBereinG 1999), sondern allein auf den Zeitpunkt des Bauantrags vor dem Stichtag abzustellen ist.

Es stellt sich daher die Frage, ob in der späteren Regelung durch das InvZulÄndG 1999, wonach als Herstellungsbeginn bereits der Zeitpunkt des Bauantrags gilt, in den Fällen eine verfassungsrechtlich unzulässige belastende Rückwirkung zu sehen ist, in denen der Bauantrag vor dem Stichtag, der tatsächliche Beginn der Arbeiten aber erst danach liegt (so z.T. das Schrifttum, z.B. Zitzmann, NWB, F 3, 11499).

Da die Zulagenförderung einen Anreiz für Investitionen schaffen soll, ist entscheidend auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der Bauherr seine Entscheidung zu bauen für sich bindend und unwiderruflich nach außen erkennbar gemacht hat. Das ist im Allgemeinen mit dem Beginn der Bauarbeiten der Fall, z.B. beim Beginn der Ausschachtung, aber auch bereits bei der Anlieferung von Baumaterial oder bei Erteilung eines spezifizierten Bauauftrags. Die Formulierung nach dem InvZulÄndG 1999, dass die Stellung des Bauantrags als Herstellungsbeginn "gilt", verdeutlicht, dass in diesen Fällen der Herstellungsbeginn im Grunde lediglich fingiert wird.

Trotz dieser Formulierung als Fiktion hält es der BFH auch bereits für die Fassung nach dem StBereinG 1999 für sachgerecht, grundsätzlich auf die Stellung des Bauantrags abzustellen. Denn darin kommt in aller Regel schon nach außen erkennbar zum Ausdruck, dass sich der Bauherr zur Errichtung des Gebäudes entschlossen hat. Dem Zweck der Stichtagsregelung, Mitnahmeeffekte zu vermeiden, entspricht es daher, in Fällen, in denen der Bauantrag vor dem Stichtag gestellt wurde und die tatsächlichen Arbeiten erst danach begonnen wurden, auf den Zeitpunkt des Bauantrags als dokumentierter Bauabsicht abzustellen.

Da somit bereits nach der Fassung des StBereinG 1999 der Bauantrag als Beginn der Herstellung anzusehen ist, kommt der schon für die Vergangenheit geltenden späteren Regelung durch das InvZulÄndG 1999 nur klarstellende Bedeutung und damit keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung zu.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 15.9.2005, III R 28/03

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