Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
1.2.1 Definition der Werkleistung
Eine Werkleistung liegt vor, wenn der leistende Unternehmer die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands übernommen hat und bei der Bearbeitung oder Verarbeitung nur Nebensachen oder Zutaten oder gar keine selbst beschafften Stoffe verwendet. Bei der Frage, ob es sich um Nebensachen oder Zutaten handelt, kommt es nicht auf das Verhältnis des Werts der Arbeit oder des Arbeitserfolgs zum Wert der vom Unternehmer beschafften Stoffe an, sondern darauf, ob diese Stoffe ihrer Art nach sowie nach dem Willen der Beteiligten als Hauptstoffe oder als Nebenstoffe oder Zutaten des herzustellenden Werks anzusehen sind. Dabei ist auf die Sichtweise eines Durchschnittsbetrachters abzustellen (Werkleistung/Werklieferung).
Werkleistung
Fliesenleger F hat den Auftrag übernommen, Ausbesserungsarbeiten an einem Fliesenboden vorzunehmen. Dabei verwendet er Fliesen, die der Auftraggeber noch besitzt. F verwendet zur Ausführung der Leistung lediglich Fliesenkleber und Fugenmasse. Der Fliesenkleber und die Fugenmasse sind als Nebensachen anzusehen. Damit erbringt F eine Werkleistung, da er seinem Auftraggeber keine Verfügungsmacht an Gegenständen verschafft.
1.2.2 Der Ort der Leistung bei einer Werkleistung
Der Ort einer Werkleistung bestimmt sich nach § 3 a UStG. Dabei kommen grds. 2 verschiedene Anspruchsgrundlagen infrage: Es kann sich zum einen um eine Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück handeln. In diesem Fall ist die Leistung nach § 3 a Abs. 3 Nr. 1 UStG immer dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Ob bei dieser Leistung ein "Grundstück" vorliegt, bestimmt sich nicht nach nationalen zivilrechtlichen Kriterien, sondern ist umsatzsteuerrechtlich autonom nach unionsrechtlichen Grundsätzen auszulegen. Im Baugewerbe werden überwiegend solche im Zusammenhang mit Grundstücken ausgeführte Leistungen vorliegen.
Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück
Bei Leistungen im Zusammenhang mit Grundstücken kommt es für den Ort der Leistung ausschließlich darauf an, wo das Grundstück liegt. Der Ort, von dem aus der leistende Unternehmer tätig ist, ist unerheblich. Auch die Verwendung einer USt-IdNr. hat keinen Einfluss auf die Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung. Die Regelungen zur Abgrenzung von Leistungen im Zusammenhang mit Grundstücken sind unionsrechtlich harmonisiert.
Zum anderen kann es sich aber bei einer Werkleistung im Baugewerbe auch um eine Arbeit an einem beweglichen körperlichen Gegenstand i. S. v. § 3 a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c UStG handeln. Werden solche Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen in Gebäuden ausgeführt, kommt es darauf an, wer der Leistungsempfänger ist:
- Ist der Leistungsempfänger ein Unternehmer, der die Leistung für sein Unternehmen bezieht, eine juristische Person, die sowohl einen unternehmerischen als auch einen nichtunternehmerischen Bereich hat, oder eine insgesamt nichtunternehmerisch tätige juristische Person, der aber eine USt-IdNr. im Binnenmarkt erteilt worden ist, ist der Ort der sonstigen Leistung dort, wo der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt bzw. ansässig ist. Wird die Leistung an eine Betriebsstätte ausgeführt, ist der Ort der Betriebsstätte maßgeblich.
- Gehört der Leistungsempfänger nicht zu der vorgenannten Gruppe (ist also insbesondere Nichtunternehmer), ist der Ort der Leistung nach § 3 a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c UStG dort, wo der leistende Unternehmer für diesen Umsatz tätig geworden ist.
Ort der Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück
Tischlermeister T hat den Auftrag übernommen, Türen und Fenster in einem Altbau gängig zu machen. Er verwendet bei der Ausführung der Leistung ausschließlich Zutaten. T führt eine Werkleistung aus, da er seinem Auftraggeber keinen Hauptstoff verschafft. Es handelt sich um eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück. Der Ort der Werkleistung ist dort, wo sich der Altbau befindet.