OFD Karlsruhe, Verfügung v. 19.9.2005, S 7270

Eine zutreffende Abgrenzung von Leistungen und Teilleistungen in der Bauwirtschaft ist insbesondere bei Steuersatzerhöhungen unverzichtbar. Ergänzend zu Abschn. 177 bis 180 UStR und zum Merkblatt USt M 2 (BStBl 2004 I S. 628 gilt hierzu Folgendes:

 

1. Werklieferungen

Bei Werklieferungen ist die Leistung ausgeführt, wenn dem Auftraggeber (Bauherrn) die Verfügungsmacht an dem erstellten Werk verschafft worden ist. Das ist dann der Fall, wenn der Auftraggeber befähigt ist, im eigenen Namen über das auftragsgemäß fertiggestellte Werk zu verfügen. Nach ständiger Rechtsprechung wird die Verfügungsmacht bei Werklieferungen grundsätzlich mit der Übergabe und Abnahme des fertigen Werks verschafft. Unter Abnahme ist die Billigung der ordnungsgemäßen vertraglichen Leistungserfüllung i.S. des § 640 BGB durch den Auftraggeber zu verstehen. Nicht maßgebend ist die baubehördliche Abnahme.

Soweit ein Vertrag nach VOB abgeschlossen wurde, hat die Abnahme nach § 12 VOB/B binnen 12 Tagen nach Fertigstellung zu erfolgen. Der Abnahmebefund ist in gemeinsamer Verhandlung schriftlich niederzulegen. Nach Abnahme des fertigen Werks beginnt die Verjährungsfrist für die Gewährleistungsansprüche gemäß § 13 VOB/B.

Soweit keine besonderen Formvorschriften für die Abnahme vereinbart wurden, kann die Abnahme in jeder möglichen Form erfolgen, mit der der Auftraggeber die vertragsgemäße Erfüllung anerkennt (u.a. auch durch stillschweigendes Handeln des Auftraggebers, z.B. durch Benutzung des Werkes).

Erfolgt trotz schriftlicher Vereinbarung keine Abnahmeverhandlung durch schriftliche Niederlegung, gilt das Werk durch stillschweigende Billigung als abgenommen. Dies ist immer dann anzunehmen, wenn das Werk durch den Auftraggeber bereits bestimmungsgemäß genutzt wird.

Fehlende Restarbeiten oder Nachbesserungen schließen eine wirksame Abnahme nicht aus, wenn das Werk ohne diese Arbeiten seinen bestimmungsgernäßen Zwecken dienen kann.

 

2. Werkleistungen

Werkleistungen sind mit der Fertigstellung, d.h. mit der Vollendung des Werkes ausgeführt. Die Vollendung des Werks wird zwar im Regelfall mit der Abnahme der Werkleistung zusammenfallen, diese ist hier aber nicht Voraussetzung.

 

3. Teilleistungen im Baugewerbe

Teilleistungen sind wirtschaftlich abgrenzbare Teile einheitlicher Werklieferungen oder Werkleistungen, für die das Entgelt gesondert vereinbart wird und die statt der Gesamtleistung geschuldet werden (vgl. Abschn. 180 UStR). Der Leistende als auch der Leistungsempfänger müssen sich darüber einig sein, dass eine bestimmte Gesamtleistung wirtschaftlich, rechtlich und tatsächlich in Teilleistungen aufgespaltet werden soll. Danach muss dann auch verfahren werden.

Bei der Sollbesteuerung entsteht die Steuer für Teilleistungen gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Teilleistung ausgeführt worden ist.

Teilleistungen liegen unter folgenden Voraussetzungen vor:

  • wirtschaftliche Teilbarkeit der Leistung
  • gesonderte Abnahme bei einer Werklieferung/Vollendung bei einer Werkleistung
  • gesonderte Vereinbarung
  • gesonderte Abrechnung
 

3.1. Wirtschaftliche Teilbarkeit

Nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung kann eine Werklieferung bzw. eine Werkleistung nicht in Lieferelemente und in sonstige Leistungen aufgeteilt werden (vgl. Abschn. 180 Beispiele 4 und 5 i.V.m. Abschn. 27 UStR). Die wirtschaftliche Teilbarkeit einer Werklieferung bzw. Werkleistung setzt somit voraus, dass die Teilleistung selbst eine Werklieferung bzw. Werkleistung ist.

Zur wirtschaftlichen Teilbarkeit von Bauleistungen vgl. Anlage.

 

3.2. Gesonderte Abnahme

Die Annahme von Teilleistungen erfordert die tatsächliche Durchführung der vertraglichen Vereinbarungen, d.h. wenn für die Abnahme Schriftform vereinbart worden ist, so ist auch die Abnahme der Teilleistung gesondert schriftlich festzuhalten. Darüber hinaus sind die Rechtsfolgen der Abnahme zu beachten (vgl. z.B. § 13 VOB/B = Beginn der Gewährleistungsfrist). Eine nur aus steuerlichen Gründen vorgenommene Abnahme ist nicht anzuerkennen (z.B. die Gewährleistungsfrist beginnt erst mit Abnahme des Gesamtwerks).

Bei einer Steuersatzerhöhung muss die Teilleistung vor dem In-Kraft-Treten der Erhöhung abgenommen werden bzw. bei einer Werkleistung muss diese vorher vollendet oder beendet sein.

 

3.3. Gesonderte Vereinbarung

Aus dem Werkvertrag muss hervorgehen, dass für Teile der Gesamtleistung ein gesondertes Entgelt vereinbart wurde. Regelmäßig enthält der Werkvertrag ein Leistungsverzeichnis, das eine Leistungsbeschreibung, Mengen und Preise enthält. Nur wenn im Leistungsverzeichnis derartige Einzelpositionen enthalten sind, können Teilleistungen angenommen werden. Wird lediglich ein Festpreis für das Gesamtwerk vereinbart, scheiden Teilleistungen aus.

Bei einer Steuersatzerhöhung muss die Vereinbarung vor dem In-Kraft-Treten der Erhöhung erfolgen.

 

3.4. Gesonderte Abrechnung

Die Teilleistung muss durch eine entsprechende Rechnungslegung gesondert abger...

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