Entscheidungsstichwort (Thema)
Sofort vollziehbare erweiterte Gewerbeuntersagung. Frist zur Einstellung der gewerblichen Tätigkeit. gewerberechtliche Unzuverlässigkeit wegen ungeordneter Vermögensverhältnisse. Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung nach Erlass der sofort vollziehbaren Gewerbeuntersagung und innerhalb der darin gewährten Frist zur Einstellung der gewerblichen Tätigkeit. Berücksichtigung einer derartigen Anordnung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Gewerberechtliche Zuverlässigkeit im Fall von ungeordneten Vermögensverhältnissen
Normenkette
VwGO § 80 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3; InsO §§ 21, 21 Abs. 1-2; VwGO § 80 Abs. 5, § 146 Abs. 4 S. 6; GewO §§ 12, 14 Abs. 1 S. 3, § 35
Verfahrensgang
VG Regensburg (Beschluss vom 10.12.2010; Aktenzeichen RN 5 S 10.1869) |
Tenor
I. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 10. Dezember 2010 wird in den Nummern I und II geändert.
II. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Landratsamts Rottal-Inn vom 17. September 2010 wird wiederhergestellt bzw. angeordnet.
III. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
IV. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen eine für sofort vollziehbar erklärte und zwangsmittelbewehrte erweiterte Gewerbeuntersagung (Bescheid des Landratsamts Rottal-Inn vom 17.9.2010). Mit Nr. 1 dieses Bescheids wurden dem Antragsteller die Ausübung des in …, T., zuletzt gemeldeten Gewerbes „Handel und Montage von Bauelementen”, die Gewerbeausübung generell sowie die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden und die Tätigkeit der mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragten Person zum 21. Oktober 2010 untersagt; zugleich wurde der Antragsteller verpflichtet, mit Ablauf dieser Frist die gewerbliche Tätigkeit einzustellen. Unter Nr. 2 wurde die sofortige Vollziehung der Nr. 1 angeordnet, unter Nr. 3 wurde dem Antragsteller ein Zwangsgeld angedroht. Als Begründung führte das Landratsamt mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit an. Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 21. September 2010 zugestellt.
Am 23. September 2010 ordnete das Amtsgericht L. – Insolvenzgericht -aufgrund eines bereits am 13. August 2010 gestellten Fremdinsolvenzantrags der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn-See die vorläufige Insolvenzverwaltung gemäß § 21 Abs. 1 und 2 Insolvenzordnung – InsO – an und bestellte einen vorläufigen Insolvenzverwalter mit der Maßgabe, dass Verfügungen des Antragstellers nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind. Unter dem 9. Oktober 2010 beantragte der Antragsteller selbst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Am 18. Oktober 2010 erhob der Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg und begehrte zugleich die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage.
Im Lauf des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wurde mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 11. November 2010 das Insolvenzverfahren eröffnet.
Mit Beschluss vom 10. Dezember 2010 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ab.
Der Antragsteller hat Beschwerde eingelegt und beantragt sinngemäß,
unter entsprechender Änderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 10. Dezember 2010 die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage vom 18. Oktober 2010 gegen den Bescheid des Landratsamtes R.-… vom 17. September 2010.
Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, dass das Verwaltungsgericht die Wirkungen des Insolvenzverfahrens verkannt habe.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er macht insbesondere geltend, das Landratsamt habe aufgrund der Zahlungsrückstände des Antragstellers sowie seiner bereits im Jahr 2004 und nun im Dezember 2009 abgegebenen eidesstattlichen Versicherung über seine Vermögenslosigkeit zu Recht eine mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit angenommen, die zur gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO führe. § 12 GewO stehe der Gewerbeuntersagung wegen mangelnder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit nicht entgegen. Die Sperrwirkung dieser Vorschrift trete frühestens bei der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO ein, die vorliegend jedoch erst zwei Tage nach der Zustellung des Bescheides an den Antragsteller erfolgt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde hat Erfolg. In den vom Antragsteller vorgebrachten Gründen, auf die die Prüfung des Beschwerdegerichts beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), wird die – vorliegend entscheidungserhebliche –„Sperrwirkung” des § 12 GewO zwar nicht ausdrücklich, aber sinngemäß angesprochen. Das Aufschubinteresse des Antragstellers überwiegt danach das öffentliche Interesse an der...