Entscheidungsstichwort (Thema)
Eröffnung des Insolvenzverfahrens. keine hierdurch bewirkte Unterbrechung eines den Widerruf gewerberechtlicher Erlaubnisse oder eine Gewerbeuntersagung betreffenden Verwaltungsrechtsstreits. maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt in solchen Verfahren. Wirkung des Antrags auf Zulassung der Berufung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzgl. Widerrufs einer Gaststättenerlaubnis und Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit
Normenkette
GastG § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 2; GewO §§ 12, 35; ZPO § 240; VwGO § 124 Abs. 2 Nrn. 3-4, § 173; GewO § 35 Abs. 6
Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 20.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Durch Bescheid vom 28. Oktober 2011 widerrief die Beklagte die der Klägerin mit Bescheid vom 5. November 2009 erteilte Gaststättenerlaubnis für das „Rock-Cafe Fxxx”, untersagte ihr die Ausübung des erlaubnisfreien Gaststättenbetriebs in den Gaststättenräumen sowie jeder anderen selbständigen Tätigkeit im stehenden Gewerbe und ordnete die Schließung des Gaststättenbetriebs spätestens mit dem Eintritt der Bestandskraft des Bescheids an. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Klägerin sei wegen ihres Fehlverhaltens gegenüber dem Zentralfinanzamt Nürnberg und gegenüber der AOK Bayern sowie wegen Nichtbeachtung des Gesundheitsschutzgesetzes unzuverlässig.
Durch Urteil vom 27. März 2012 wies das Verwaltungsgericht Ansbach die am 16. November 2011 erhobene Anfechtungsklage der Klägerin gegen den Bescheid vom 28. Oktober 2011 ab.
Die Klägerin hat die Zulassung der Berufung beantragt und macht Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 3 bis 5 VwGO geltend.
Die Beklagte beantragt,
den Antrag abzulehnen. Der Vertreter des öffentlichen Interesses hält ebenfalls eine Ablehnung des Antrags für geboten.
Durch Beschluss vom 15. Mai 2012 eröffnete das Amtsgericht Nürnberg das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin. Am 24. Mai 2012 meldete die Klägerin das Gewerbe „Schankwirtschaft” rückwirkend zum 15. Mai 2012 ab.
Entscheidungsgründe
II.
Der Umstand, dass über das Vermögen der Klägerin das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, hindert den Verwaltungsgerichtshof nicht, über den Antrag auf Zulassung der Berufung zu entscheiden. Eine Unterbrechung des Prozesses nach § 240 ZPO i.V.m. § 173 VwGO ist nicht eingetreten, da der Streitgegenstand nicht, wie das in der erstgenannten Vorschrift vorausgesetzt wird, „die Insolvenzmasse betrifft”. Durch den Widerruf einer gewerberechtlichen Erlaubnis und durch eine Gewerbeuntersagung trifft die Behörde nämlich keine Regelung, die sich auf die dem Gewerbetreibenden zustehenden Vermögenswerte bezieht. Sie knüpft vielmehr an in seiner Person liegende Unzuverlässigkeitstatbestände an und entzieht ihm die Befugnis, bestimmten beruflichen Tätigkeiten nachgehen zu dürfen. Dieses Recht aber fällt nicht in die Insolvenzmasse (vgl. BVerwG vom 18.1.2006 NVwZ 2006, 599/600 [BVerwG 18.01.2006 – BVerwG 6 C 21.05]; BayVGH vom 12.1.2007 GewArch 2007, 163; HessVGH vom 21.11.2002 NVwZ 2003, 626 [VGH Hessen 21.11.2002 – 8 UE 3195/01] ; OVG NRW vom 23.11.2009 Az. 4 A 3724/06 ≪[…]≫ RdNrn. 2 bis 5; Heß in Friauf, GewO, RdNr. 14 zu § 12; Tettinger/Wank/Ennuschat, GewO, 8. Aufl. 2011, RdNr. 15 zu § 12; Hoffmann in Pielow, GewO, 2009, RdNr. 72 zu § 12).
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, da durch die Antragsbegründung vom 1. Juni 2012 die Voraussetzungen der geltend gemachten Zulassungsgründe nicht dargetan werden.
1. Aus dem Vorbringen in Abschnitt 2.a jenes Schriftsatzes ergibt sich nicht, dass die angefochtene Entscheidung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO von dem am 3. November 1994 erlassenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 97, 79 [BVerwG 03.11.1994 – 3 C 17/92]) abweicht.
Das Verwaltungsgericht ging zutreffend davon aus, dass die Frage, ob die Klägerin über die erforderliche gaststätten- und gewerberechtliche Zuverlässigkeit verfügt, anhand der bei Erlass des Bescheids vom 28. Oktober 2011 bestehenden Sach- und Rechtslage zu beurteilen ist. Die Klägerin macht geltend, dieser rechtliche Ausgangspunkt stehe in Widerspruch zu dem im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. November 1994 (a.a.O.) aufgestellten Rechtssatz, wonach „für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen” sei.
a) Da das Urteil vom 3....