Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
In der Zeit vom 1.7. – 31.12.2020 sind die Umsatzsteuersätze aufgrund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten durch die Corona-Pandemie temporär abgesenkt worden. Die Finanzverwaltung hat zu Einzelfragen der Steuersatzabsenkung in einem ergänzenden BMF-Schreiben Stellung genommen und sich insbesondere auch zu Einzelaspekten der Steuersatzanhebung zum 1.1.2021 geäußert.
Die rechtliche Problematik
Die Corona-Pandemie hat zu erheblichen konjunkturellen Einbrüchen geführt, sodass für die Umsätze, die in der Zeit vom 1.7.–31.12.2020 ausgeführt wurden, der Regelsteuersatz in der Umsatzsteuer von 19 % auf 16 % und der ermäßigte Steuersatz von 7 % auf 5 % abgesenkt wurde. Zum Beginn der temporären Steuersatzabsenkung hatte die Finanzverwaltung sich mit einem umfangreichen Schreiben zu den Grundsätzen und einzelnen Aspekten der Steuersatzabsenkung geäußert. Im Mittelpunkt dieses Schreibens standen aber die sich aus der Absenkung ergebenden Übergangsfragen.
Neben den reinen technischen Fragen bei der Umstellung der Umsatzsteuersätze stehen die Fragen der systematischen Abgrenzung für den Steuersatz im Mittelpunkt. Die zutreffende Umsatzsteuer kann immer nur dann ermittelt werden, wenn festgestellt wird, wann der jeweilige Umsatz tatsächlich nach den umsatzsteuerrechtlichen Grundsätzen ausgeführt worden ist. Ohne diese Feststellung besteht das Risiko, dass der leistende Unternehmer einen unzutreffenden Steuerbetrag in einer Rechnung gesondert ausweist und dass der Leistungsempfänger nicht den tatsächlich entstandenen Steuerbetrag als Vorsteuer abziehen kann.
Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen
Die Finanzverwaltung hat jetzt noch ergänzend zu weiteren Fragen Stellung genommen, die sich im Zusammenhang mit der temporären Steuersatzabsenkung ergeben. Neben Klarstellungen zu den schon im Schreiben vom 30.6.2020 enthaltenen Vereinfachungsregelungen nimmt die Finanzverwaltung umfassend zu Gestaltungsüberlegungen zur Sicherung des abgesenkten Steuersatzes über den 31.12.2020 hinaus durch sog. Einzweck-Gutscheine Stellung.
Insbesondere hat sich in der Umstellungszeit in der Praxis die Problematik des zutreffenden Steuerausweises in Voraus- und Anzahlungsrechnungen ergeben. Die Finanzverwaltung hat deshalb zu dieser Frage noch einmal ausführlich Stellung genommen:
- Die Finanzverwaltung stellt noch einmal klar, dass in Voraus- und Anzahlungsrechnungen, die in der Zeit der temporären Steuersatzabsenkung ausgestellt werden, die Umsatzsteuer mit 16 % bzw. 5 % anzugeben ist. Steht fest, dass die Leistung aber erst nach dem 31.12.2020 ausgeführt wird, kann auch schon in davor ausgestellten Anzahlungs- oder Vorausrechnungen die Steuer mit 19 % bzw. 7 % angegeben werden. Der Leistungsempfänger hat dann unter den weiteren Voraussetzungen den Vorsteuerabzug in dieser Höhe.
- Bei Voraus- oder Anzahlungsrechnungen, die vor dem 1.7.2020 ausgestellt wurden und in denen die Steuer mit 19 % bzw. 7 % angegeben, das Entgelt aber in der Zeit vom 1.7.– 31.12.2020 vereinnahmt wurde, wird die zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldet – hier ist allerdings eine Ausnahme zu beachten, wenn die Zahlung im Juli 2020 vereinnahmt worden war. In diesem Fall gilt die Nichtbeanstandungsregelung aus dem BMF-Schreiben vom 30.6.2020. Sofern diese nicht zur Anwendung kommt, hat der Leistungsempfänger einen Vorsteuerabzug nur i. H. der gesetzlich geschuldeten Umsatzsteuer.
- Bei Voraus- oder Anzahlungsrechnungen, die vor dem 1.1.2021 ausgestellt wurden und für die das Entgelt erst nach dem 31.12.2020 vereinnahmt wird, entsteht die Umsatzsteuer mit den dann wieder angehobenen Steuersätzen (19 % bzw. 7 %). Dies gilt auch dann, wenn in der Rechnung die Steuer noch mit den abgesenkten Steuersätzen angegeben ist. Der Leistungsempfänger kann unter den weiteren Voraussetzungen die ausgewiesene (abgesenkte) Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen.
- Die Anpassung an den zum Zeitpunkt der Leistungserbringung gültigen Steuersatz kann nur in dem Voranmeldungszeitraum vorgenommen werden, in dem die Leistung (Teilleistung) ausgeführt worden ist. Die Finanzverwaltung stellt ausdrücklich klar, dass die Umsatzsteuer nicht in einer beliebigen anderen Voraus- oder Anzahlungsrechnung auf den zu diesem Zeitpunkt gültigen Steuersatz geändert werden kann.
Ansprüche des Leistungsempfängers auf Ausstellung einer zutreffenden Rechnung können nur zivilrechtlich durchgesetzt werden.
Die Ergänzungen bzw. Klarstellungen zu den schon umfassend in dem Ursprungsschreiben dargestellten Vereinfachungs- und Übergangsregelungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Erstattung von Pfandbeträgen: Die Finanzverwaltung hatte schon in dem Schreiben vom 30.6.2020 für Pfandbeträge eine Vereinfachungsregelung getroffen, dass Pfandbeträge jeweils mit einer Nachlaufzeit von regelmäßig 3 Monaten noch dem jeweils vorherigen Steuersatz zugerechnet werden können (Änderung der Bemessungsgrundlage). Ergänzend regelt die Finanzverwaltung jetzt, dass aus Vereinfachu...