Leitsatz
1. Zur Übertragung von Anteilen an einer Vor-GmbH.
2. Errichtet ein Einzelunternehmer zum Zweck der späteren Begründung einer Betriebsaufspaltung durch Bargründung eine GmbH und überträgt er vor Beginn der Betriebsaufspaltung sowie vor Eintragung der GmbH in das Handelsregister das wirtschaftliche Eigentum an einem Teil der Anteile an der Vor-GmbH zum Preis in Höhe des Nominalwerts der abgetretenen Anteile an nahe Angehörige, so löst diese Abtretung keine Gewinnrealisierung im Einzelunternehmen aus.
3. Durch die unentgeltliche bzw. teilentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern (einschließlich des Geschäftswerts) des bisherigen Einzelunternehmens auf die neue Betriebsgesellschaft kann Gewinn realisiert werden.
Normenkette
§ 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1, § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1994, § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO, § 15 GmbHG
Sachverhalt
Die Klägerin ist die Alleinerbin ihres 1995 verstorbenen Ehemanns E. E unterhielt ein Einzelunternehmen. Am 30.12.1993 errichtete er durch Bargründung die M-GmbH. Deren Stammkapital betrug 50 000 DM. E übernahm sämtliche Geschäftsanteile. Noch am selben Tag verkaufte und übertrug E "mit Wirkung auf den Tag der Eintragung der GmbH ins Handelsregister" drei Teilgeschäftsanteile an der M-GmbH i.H.v. je 7 500 DM für jeweils 7 500 DM an drei nahe Angehörige.
Ab 01.01. des Streitjahrs 1994 verpachtete E das Betriebsgrundstück und den Fuhrpark seines bisherigen Einzelunternehmens an die M-GmbH. Die übrigen Wirtschaftsgüter seines Einzelunternehmens (darunter insbesondere die Betriebs- und Geschäftsausstattung und das Umlaufvermögen) veräußerte E an die M-GmbH. Die M-GmbH, die am 14.02.1994 ins Handelsregister eingetragen wurde, führte das bisherige Einzelunternehmen fort.
Das FA nahm an, dass E die drei Teilgeschäftsanteile im Streitjahr 1994 teilentgeltlich -- unter ihrem gemeinen Wert -- an die drei nahen Angehörigen veräußert habe. Es erhöhte den von E in 1994 erzielten Gewinn entsprechend. Die dagegen gerichtete Klage hatte vor dem FG Erfolg (EFG 2005, 1259). Die Revision des FA führte zur Aufhebung der FG-Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG.
Entscheidung
Ab 01.01.1994 habe zwischen E und der M-Vor-GmbH eine (echte) Betriebaufspaltung bestanden. Die schon zuvor -- am 30.12.1993 -- von E an die drei nahen Angehörigen übertragenen Teilgeschäftsanteile an der Vor-GmbH hätten sich zu keiner Zeit im Betriebsvermögen des E befunden. Sie seien bereits vor Beginn der Betriebsaufspaltung -- d.h. schon am 30.12.1993 -- in das wirtschaftliche Eigentum der drei nahen Angehörigen übergegangen. Sie hätten auch nicht im Zeitpunkt dieser Übertragung Betriebsvermögen des E dargestellt, weil diese Teilgeschäftsanteile von E von vornherein nicht zu betrieblichen Zwecken des Besitz(einzel-)unternehmens gewidmet gewesen seien.
Das FG werde allerdings nunmehr untersuchen müssen, ob E der M-GmbH im Streitjahr 1994 im Weg der teilentgeltlichen und damit gewinnrealisierenden Übertragung andere Wirtschaftsgüter zugeführt habe.
Hinweis
1. Die (im zeitlichen Stadium zwischen notariell beurkundeter Errichtung der GmbH und deren Eintragung ins Handelsregister bestehende) Vor-GmbH wird sowohl in zivilrechtlicher als auch in (ertrag-)steuerrechtlicher Sicht grundsätzlich wie die mit der Eintragung in das Handelsregister als juristische Person entstehende GmbH behandelt. So kann die Vor-GmbH (Gründungsgesellschaft) bereits Trägerin eines Unternehmens sein (vgl. z.B. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 34 III 3, 1017).
2. Die Anteile an einer Vor-GmbH können zivilrechtlich nur aufschiebend, durch die Eintragung der GmbH ins Handelsregister bedingte Abtretung übertragen werden. Diese Abtretung entfaltet zivilrechtlich ihre Wirkung erst im Zeitpunkt der Eintragung der GmbH in das Handelsregister.
Ungeachtet dessen kann ertragsteuerlich das wirtschaftliche Eigentum an den entsprechenden Anteilen an der Vor-GmbH in einem solchen Fall unter bestimmten und in dem Besprechungsurteil ausführlich dargelegten Voraussetzungen bereits im Zeitpunkt der aufschiebend bedingten Zession der Anteile auf die Abtretungsempfänger übergehen. Dies traf im hier zu beurteilenden Fall zu.
3. Hat der Besitzeinzelunternehmer vor Inkrafttreten des § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 Teile seines Betriebsvermögens unentgeltlich oder teilentgeltlich, d.h. unter dem drittüblichen Kaufpreis, auf die Betriebskapitalgesellschaft übertragen, so führt das zu verdeckten Einlagen. Im Fall von teilentgeltlichen Übertragungen sind die Übertragungsvorgänge für jedes einzelne übertragene Wirtschaftsgut in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufzusplitten. Hinsichtlich der entgeltlichen Teile liegen sodann (gewinnrealisierende) Veräußerungsgeschäfte und bezüglich der unentgeltlichen Teile verdeckte Einlagen vor. Soweit verdeckte Einlagen vorliegen, korrespondieren diese mit ggf. gewinnwirksamen Entnahmen der betreffenden Wirtschaftsgüter gem. § 4 Abs. 1 S...