Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Eine an einer deutschen Hochschule eingeschriebene Studentin begründet bei einem Auslandssemester dort eine erste Tätigkeitsstätte. Aufwendungen für die dortige Unterkunft und Verpflegung können nicht als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung geltend gemacht werden, wenn sie im Inland keinen eigenen Hausstand unterhält.
Sachverhalt
Die Steuerpflichtige schloss zunächst eine Ausbildung ab und absolvierte nachfolgend einen Bachelorstudiengang. Im Rahmen des Studiums hielt sie sich während zweier Auslandssemester und einem Auslandspraxissemester im Ausland auf. In dieser Zeit blieb sie an ihrer inländischen Fachhochschule eingeschrieben und besuchte einmal pro Monat ihre Eltern. Die Aufwendungen für Wohnung und Verpflegung während der Auslandsaufenthalte machte sie erfolglos als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG) geltend.
Entscheidung
Auch das Finanzgericht versagte den begehrten Werbungskostenabzug und wies die Klage ab. Zwar können nach Abschluss einer Erstausbildung Aufwendungen für eine zweite Ausbildung z. B. wie im Streitfall in Form eines Studiums grundsätzlich als Werbungskosten abgezogen werden. Die Steuerpflichtige hatte auch während der Auslandsaufenthalte dort ihre erste Tätigkeitsstätte im Sinne von § 9 Abs. 4 Satz 8 EStG. Denn eine ausländische Universität ist nicht nur im Fall eines vollständigen Auslandsstudiums, sondern auch im Fall eines Auslandssemesters als erste Tätigkeitsstätte des Studenten anzusehen.
Jedoch lagen im Streitfall die gesetzlichen Voraussetzungen für den Abzug notwendiger Mehraufwendungen im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG) nicht vor. Denn eine doppelte Haushaltführung setzt voraus, dass die Steuerpflichtige außerhalb des Ortes ihrer ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand hätte unterhalten und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte hätte wohnen müssen. Im Streitfall befand sich der einzige eigene Hausstand der Steuerpflichtigen jedoch im Ausland und nicht im Haushalt der im Inland wohnenden Eltern, da durch die reinen Besuchsaufenthalte in der Wohnung der Eltern kein eigener Hausstand der Steuerpflichtigen begründet wurde.
Hinweis
Die klageabweisende Entscheidung beruht maßgeblich auf dem Umstand, dass die Steuerpflichtige am Ort der ausländischen Universität eine erste Tätigkeitsstätte begründet hat mit der Folge, dass dann Unterbringungskosten nur im Rahmen der eingeschränkten Regelungen einer doppelten Haushaltsführung, und nicht im Rahmen von Reisekosten abziehbar sind. Um eine solche doppelte Haushaltsführung anzunehmen, genügt es jedoch nicht, wenn ein Arbeitnehmer - wie im Streitfall - im Haushalt seiner Eltern lediglich ein Zimmer bewohnt. Außerdem muss sich der Arbeitnehmer an der Wohnungsmiete und den Nebenkosten beteiligen, was im Streitfall ebenfalls nicht gegeben war.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 24.01.2018, 7 K 1007/17 E,F