Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Das BMF-Schreiben ergänzt Abschn. 1.3 um Abs. 16b UStAE.
Der EuGH hatte 2022 in einem dänischen Verfahren entschieden, dass ein Unternehmen, dass die Einhaltung der Nutzungsbedingungen auf privaten Parkplätzen (z. B. auf Supermarktparkplätzen) kontrolliert, steuerbare und steuerpflichtige Leistungen an die Nutzer ausführt, soweit dort wegen eines Verstoßes gegen die Nutzungsbedingungen Kontrollgebühren erhoben werden.
Nach Auffassung des EuGH weisen die Kontrollgebühren einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Parkdienstleistung auf und können mithin als integraler Bestandteil des Gesamtbetrags angesehen werden, den ein Kraftfahrer zahlen muss, wenn er sich dafür entscheidet, sein Fahrzeug auf einer der von dieser Gesellschaft verwalteten Parkfläche abzustellen.
Die Leistung wird von dem kontrollierenden Unternehmer nicht an den Inhaber des Parkplatzes, sondern direkt an den Parkenden ausgeführt.
Die Finanzverwaltung hat jetzt in Abschn. 1.3 Abs. 16b UStAE unter Bezugnahme auf die Entscheidung des EuGH aufgenommen, dass Kontrollgebühren, die ein mit dem Betrieb privater Parkplätze betrauter Unternehmer von den Nutzern der Parkplätze für die Nichtbeachtung der allgemeinen Nutzungsbedingungen dieser Parkplätze erhebt, eine Vergütung für die Erbringung einer entgeltlichen Dienstleistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vom Unternehmer an die Parkplatznutzer darstellt.
Konsequenzen für die Praxis
National war die Kontrollgebühr bis zu der Entscheidung des EuGH regelmäßig als nicht steuerbarer Schadensersatz angesehen worden. Nach dem Urteil des EuGH war klar, dass dies so nicht weiter aufrecht erhalten werden konnte.
Die Finanzverwaltung hat in dem Schreiben eine Nichtbeanstandungsregelung aufgenommen: Für bis zum 15.12.2023 vom leistenden Unternehmer vereinnahmte Zahlungen wird es von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn der Unternehmer von einem nicht steuerbaren Schadensersatz ausgeht.
Sollten Unternehmer aus unternehmerischen Gründen auf diesen Parkplätzen parken und gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen, wird sich in der Folge ein Vorsteuerabzug aus den Kontrollgebühren ergeben. Insoweit muss auf eine ordnungsgemäße Rechnung geachtet werden, soweit die Zahlungsanforderung für die Kontrollgebühr nicht die Bestandteile einer Kleinbetragsrechnung enthält.
Darüber hinaus muss nachgedacht werden, ob nicht auch weitere Sachverhalte unter diese Rechtsprechung des EuGH fallen und somit nicht (mehr) als nicht steuerbarer Schadensersatz angesehen werden können. Auswirkungen könnten sich auch auf "erhöhte Beförderungsentgelte" bei Fahren ohne gültigen Fahrausweis ergeben, die bisher vom BFH als nicht steuerbarer Schadensersatz angesehen wurden.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 15.12.2023, III C 2 – S 7100/19/10004 :005, BStBl 2023 I S. XXX