OFD Niedersachsen, Verfügung v. 5.10.2010, S 7181 - 22 - St 181
Allgemeines
§ 4 Nr. 23 UStG wurde durch das Jahressteuergesetz 2008 geändert und gilt seit dem Inkrafttreten zum 1.1.2008 nicht mehr für Leistungen der Jugendhilfe nach dem Sozialgesetzbuch VIII. Diese in § 2 Abs. 2 SGB VIII aufgeführten Leistungen sowie die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII sind nur unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 25 UStG steuerbefreit.
Begünstigte Unternehmer
Die Steuerbefreiung gilt für Unternehmer, die Einrichtungen auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendbetreuung oder der Kinder- und Jugenderziehung im Sinne des Artikels 132 Abs. 1 Buchstabe h oder I MwStSyStRL unterhalten. Begünstigt können danach sowohl Einrichtungen des öffentlichen Rechts als auch vergleichbare privatrechtliche Einrichtungen sein.
Begünstigte Leistungen
§ 4 Nr. 23 UStG befreit die Gewährung von Unterkunft und Verpflegung und damit zusammenhängende „übliche Naturalleistungen”, wie z.B. die Beaufsichtigung von Hausarbeiten oder Freizeitangebote (Sport, Spiele, Basteln). Voraussetzung ist, dass überwiegend Jugendliche (bis zum Alter von 27 Jahren) zu Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecken aufgenommen werden. „Aufnahme” in diesem Sinne setzt ein Obhuts- und Betreuungsverhältnis voraus. Für die Frage des Überwiegens ist auf den Personenkreis abzustellen, den der Unternehmer zu den begünstigten Zwecken i.S. dieser Vorschrift aufnimmt. Eine bestimmte Aufnahmedauer ist nicht vorgeschrieben, sie muss aber solange andauern, dass der im Gesetz vorausgesetzte Erziehungszweck erreicht werden kann. Der BFH hat im Urteil vom 19.12.1963, V 102/61 U (BStBl 1964 III S. 110) eine fünfstündige Aufnahme von Schülern an allen Schultagen in der Arbeits- und Freizeit als ausreichend erachtet. Abzugrenzen ist die Aufnahme zu Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecken jedoch von Leistungen der Beherbergung und Beköstigung während eines kurzfristigen Urlaubsaufenthalts oder Fahrten mit Freizeitangebot und Freizeitgestaltung. So hat der BFH (Urteil vom 12.5.2009, V R 35/07, BStBl 2009 II S. 1032) z.B. die Durchführung von Kanutouren für Schulklassen als steuerpflichtige Leistung beurteilt, weil mangels Gesamtverantwortung des Unternehmers weder eine „Aufnahme” von Jugendlichen vorlag, noch der Erziehungszweck erfüllt wurde. Etwaige Erziehungsleistungen durch den Unternehmer waren aufgrund des Ablaufs und der kurzen Dauer des Aufenthalts von untergeordneter Bedeutung. In seinem Urteil vom 30.7.2008, V R 66/06 (BStBl 2010 II S. 507), bei dem es um die Beherbergung und Beköstigung von Kindern und Jugendlichen auf einem Ferienbauernhof ging, hat der BFH entsprechend entschieden.
Die Leistungen sind nur steuerfrei, wenn dem Unternehmer selbst die Erziehung, Ausbildung oder Fortbildung der aufgenommenen Kinder und Jugendlichen obliegen. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass er diese Leistungen allein erbringt. Die bloße Bewirtung und Beköstigung stellt keine Aufnahme zu dem begünstigten Zweck dar. Das gilt auch für derartige Leistungen von Schulfördervereinen, wenn diese die Kinder nicht bei sich aufnehmen und selbst keine Erziehungs- oder Ausbildungsleistungen erbringen (BFH vom 12.2.2009, V R 47/07, BStBl 2009 II S. 677 ; s.a. Rundverfügung OFD Hannover vom 24.8.2009, S 7179 – 74 – StO 181).
Normenkette
UStG § 4 Nr. 23