Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Bei einer Dinner-Show, bei der sowohl kullinarische wie auch künstlerische Leistungen gegenüber Zuschauern erbracht werden, kann der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 UStG für die künstlerische Leistung angewendet werden.
Sachverhalt
Die Klägerin veranstaltete in einem aufgebauten Spiegelzelt eine Varieté-/Theatershow unter gleichzeitiger Bewirtung der Gäste. Diese Veranstaltung wurde als "Dinner-Show" bezeichnet. In dem Entgelt waren die Varieté-/Theatershow, das 4-Gänge-Menü und Garderobe enthalten. Getränke wurden den Gästen gesondert berechnet. Vor und während der künstlerischen Darbietungen wurden die Speisen und Getränke den an Tischen sitzenden Gästen serviert. Die Gesamtdauer der Veranstaltung beträgt rund 4,25 Stunden. Hiervon entfallen 1,5 Stunden auf das 4-Gänge-Menü.
Die Klägerin unterwarf einen nach den Materialkosten zuzüglich eines Aufschlags ermittelten Anteil von 15 EUR für die Speisen dem Regelsteuersatz und den Rest des Eintrittsgelds nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG dem ermäßigten Steuersatz. Soweit von einer einheitlichen Leistung auszugehen sei, würde die künstlerische Leistung gegenüber der Abgabe der Speisen im Vordergrund stehen.
Das Finanzamt unterwarf dagegen die Leistung als einheitliche Leistung insgesamt dem Regelsteuersatz (so auch Schreiben des Finanzministeriums Schleswig-Holstein vom 10.03.2009, S 7238-011). Die Antragstellerin begehrt Aussetzung der Vollziehung.
Entscheidung
Das Gericht sah den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung teilweise als begründet an. Die Dinner-Show fällt hinsichtlich der Varieté-/Theatershow unter die Vorschrift zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes in § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG. Hinsichtlich des 4-Gänge-Menüs kommt der Regelsteuersatz gemäß § 12 Abs. 1 UStG zur Anwendung. Die Gesamtleistung der Antragstellerin ist nicht als einheitliche sonstige Leistung zu beurteilen, die dem Regelsteuersatz unterliegt. Das 4-Gänge-Menü stellt auch keine Nebenleistung zur Varieté-/Theatershow dar. Bei der Beurteilung, ob es sich um eine einheitliche Leistung handelt, ist auf die Sicht eines Durchschnittsbetrachters abzustellen.
Trotz der Bereitstellung des Gesamtpakets aus Varieté-/Theatershow und 4-Gänge-Menü haben die einzelnen künstlerischen und kulinarischen Bausteine einen jeweils eigenständigen Wert für den Gast. Sie treten nicht hinter die Gesamtleistung zurück. Die Varieté-/Theatershow und das 4-Gänge-Menü sind nach Auffassung des Gerichts nicht so eng miteinander verbunden, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Die Abgabe der Speisen stellt aber auch keine Nebenleistung zu den künstlerischen Leistungen dar.
Das Gericht teilte aber nicht die von der Antragstellerin vorgenommene Aufteilung. Da der Veranstalter ansonsten üblicherweise für ein solches Menu 40 EUR berechnen würde, können nicht nur die angesetzten 15 EUR dem Regelsteuersatz unterliegen. Eine Aufteilung muss somit ausgehend von einem üblichen Ansatz von 40 EUR für die dem Regelsteuersatz unterliegenden Restaurationsleistungen erfolgen.
Hinweis
Eine Entscheidung in der Hauptsache ist damit noch nicht verbunden. Die Finanzverwaltung vertritt für solche Dinner-Shows oder ähnliche Veranstaltungen die Auffassung, dass eine einheitliche, dem Regelsteuersatz unterliegende Leistung vorliegt. Die auf die Rechtsprechung des EuGH gestützte Auffassung des Finanzgerichts erscheint aber überzeugend. Ein Haupt- und Nebenleistungsverhältnis besteht bei solchen Leistungen weder in die eine noch in die andere Richtung.
Link zur Entscheidung
FG Bremen, Beschluss vom 13.10.2009, 2 V 115/09 (1)