Leitsatz
Auf Unterhaltsleistungen, die der Unterhaltsverpflichtete als außergewöhnliche Belastung geltend macht, ist die Rente des Unterhaltsberechtigten nur anteilig gem. § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG anzurechnen, wenn der Unterhaltsberechtigte zusammen mit bedürftigen, einkommenslosen Angehörigen in einer Haushaltsgemeinschaft lebt und bei der Ermittlung der Leistungen nach dem BSHG für die Haushaltsgemeinschaft die Rente des Unterhaltsberechtigten als Einkommen der Haushaltsgemeinschaft behandelt wird. Der anrechenbare Anteil bestimmt sich nach der Zahl der Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft, für die Leistungen nach dem BSHG gewährt werden.
Normenkette
§ 33a Abs. 1 EStG , § 16 BSHG
Sachverhalt
Der Kläger machte in seiner Einkommensteuererklärung für 1996 Unterhaltszahlungen an seine Mutter, die zusammen mit ihm und seinen beiden volljährigen Brüdern in einer Haushaltsgemeinschaft lebt, in Höhe von 11?698 DM als außergewöhnliche Belastung nach § 33a EStG geltend. Die Mutter bezog im Streitjahr eine Rente in Höhe von 10?014,66 DM. Für einen (behinderten) Sohn stand ihr Kindergeld zu. Außerdem erhielt sie für sich und die beiden Söhne Leistungen nach dem BSHG.
Die Leistungen wurden nicht für jede Person getrennt ermittelt, sondern gemeinsam für die Haushaltsgemeinschaft. Dabei wurde von dem Gesamtbetrag der – den einzelnen Personen in unterschiedlicher Höhe zustehenden – Bedarfssätze i.S.d. § 22 BSHG die Rente der Mutter und das Kindergeld in voller Höhe abgezogen.
Das FA berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid für 1996 die Unterhaltsleistungen nicht, da es der Auffassung war, die anrechenbaren eigenen Einkünfte und Bezüge der Mutter (Rente und anteilige Leistungen des Sozialamts) überstiegen den Höchstbetrag des § 33a Abs. 1 EStG.
Das FG gab der Klage teilweise statt. Es berücksichtigte als eigene Einkünfte und Bezüge der Mutter das Wohngeld und die Bekleidungshilfe zu je 1/3, den Regelbedarf und die Rente mit einem Anteil von 32?% (entsprechend dem Anteil an der Sozialhilfe).
Entscheidung
Der BFH schloss sich dieser Rechtsauffassung an, teilte aber aus Vereinfachungsgründen sämtliche Einkünfte und Bezüge der Haushaltsgemeinschaft nach Köpfen. Außerdem sei noch zu ermitteln, ob die Unterhaltsleistungen nicht an die Haushaltsgemeinschaft insgesamt geflossen seien.
Bei der Bemessung der eigenen Einkünfte und Bezüge sei zu beachten, dass die Mutter des Klägers mit ihren beiden anderen erwachsenen Kindern in Haushaltsgemeinschaft lebe und dass deren Sozialhilfe im Hinblick auf die Rente der Mutter gekürzt worden sei. Nach dem Wortlaut des § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG seien eigene Einkünfte des Unterhaltsempfängers zwar stets anzurechnen, dieser Wortlaut sei jedoch seinem Sinn und Zweck entsprechend dann einschränkend auszulegen, wenn aufgrund einer gesetzlichen Regelung der Unterhaltsempfänger anderen Personen faktisch zum Unterhalt verpflichtet sei. Der Gesetzgeber habe ersichtlich darauf abstellen wollen, ob der Unterhaltsempfänger für seinen eigenen Lebensunterhalt aufkommen könne oder nicht.
Aus § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG folge überdies, dass der Gesetzgeber den Regelungen im BSHG Rechnung tragen wolle.
Hinweis
Nach § 33a EStG können Unterhaltszahlungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen bis zu einem Höchstbetrag von nunmehr 7?188 Euro abgezogen werden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Einkünfte und Bezüge der unterhaltsberechtigten Person nach Abzug des anrechnungsfreien Betrags von 624 Euro 7188 Euro nicht übersteigen. Im Gegensatz zu Bezügen, die beim Unterhaltsempfänger nur dann angerechnet werden, wenn sie zur Bestreitung des Unterhalts und der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, vermutet das Gesetz bei Einkünften, dass sie stets hierfür zur Verfügung stehen.
Der BFH hat in diesem Urteil entschieden, dass diese Vermutung jedenfalls trotz des anders lautenden Gesetzeswortlauts dann nicht gilt, wenn der Unterhaltsempfänger mit Angehörigen in Hauhaltsgemeinschaft lebt und den Hausgenossen nach § 16 BSHG im Hinblick auf das Zusammenleben die Sozialhilfe gekürzt wird. Nach dieser Vorschrift vermutet nämlich der Gesetzgeber, dass in Haushaltsgemeinschaft lebende miteinander verwandte oder verschwägerte Personen einander Unterhalt gewähren. Beantragt ein Haushaltsmitglied, das über kein oder zur Deckung seines Lebensunterhalts nur unzureichendes Einkommen verfügt Sozialhilfe, werden die Einkünfte der übrigen Hausgenossen wie gemeinschaftliche Einkünfte der Hausgemeinschaft behandelt, selbst wenn zwischen den Personen keine Unterhaltspflicht gegeben ist.
Dies führt zum einen dazu, dass eine Person, die – lebte sie allein – sozialhilfeberechtigt wäre, infolge des Zusammenlebens keine oder nur eine gekürzte Sozialhilfe erhält. Des Weiteren sind aufgrund dieser sozialhilferechtlichen Vermutung diejenigen Haushaltsmitglieder, die über ein eigenes Einkommen verfügen, faktisch gezwungen, die einkommenslosen Haushaltsmitglieder zu unterhalten.
Der BFH hat mit diesem Urteil entschieden, dass dieser sozialh...