Leitsatz
Das BMF wird aufgefordert, dem Revisionsverfahren beizutreten und zu der Frage, ob die Anwendung des § 6a GrEStG voraussetzt, dass der herrschende Rechtsträger ein Unternehmen i.S.d. § 2 UStG ist, sowie zum möglichen Beihilfecharakter des § 6a GrEStG Stellung zu nehmen.
Normenkette
§ 6a GrEStG, § 2 UStG, Art. 107 Abs. 1 AEUV
Sachverhalt
Mit Vertrag vom 20.5.2010 wurde die X-GmbH auf die Klägerin, ebenfalls eine GmbH, verschmolzen. Alleinige Gesellschafterin beider Gesellschaften war seit Jahrzehnten eine gemeinnützige Stiftung. Mit Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister ging eine Vielzahl von in verschiedenen Finanzamtsbezirken gelegenen Grundstücken auf die Klägerin über.
Das FA stellte die Besteuerungsgrundlagen für die GrESt gemäß § 17 GrEStG gesondert fest und versagte die Steuerbegünstigung nach § 6a GrEStG mit der Begründung, die Stiftung sei kein Unternehmer i.S.d. UStG. Der Einspruch blieb erfolglos. Das FG gab der Klage mit der Begründung statt, weder Gesetzeswortlaut noch Intention des § 6a GrEStG forderten eine Beschränkung dieser Steuervergünstigung des Anwendungsbereichs auf solche herrschenden Rechtsträger, die Unternehmen i.S.d. UStG sind (Niedersächsisches FG, Urteil vom 9.7.2014, 7 K 135/12, Haufe- Index 8515761, EFG 2015, 1739).
Entscheidung
Zur weiteren Förderung des Verfahrens hat der BFH das BMF aufgefordert, dem Verfahren beizutreten und zu der im Leitsatz angesprochenen Problematik Stellung zu nehmen.
Hinweis
Die Beitrittsaufforderung betrifft die Auslegung des in § 6a Sätze 3 und 4 GrEStG verwendeten und nicht gesetzlich definierten Begriffs "Unternehmen". Dieser Begriff ist für die nach § 6a GrEStG begünstigten Konzernsachverhalte deshalb von zentraler Bedeutung, weil sie stets ein herrschendes Unternehmen und ein bzw. mehrere von diesem abhängige Gesellschaften voraussetzen.
1. Die rechtlichen Qualifikationsmerkmale eines herrschenden Unternehmens erfüllt nach wohl herrschender Auffassung, der auch die Finanzverwaltung folgt, nur ein Unternehmer im umsatzsteuerrechtlichen Sinne. An der Tragfähigkeit dieser Beurteilung bestehen allerdings zunehmende Zweifel. Zum einen verweist § 6a GrEStG nicht auf § 2 UStG und zum anderen legt die Zielrichtung des § 6a GrEStG, der die Umstrukturierung von Unternehmen erleichtern soll, die Ausrichtung am umsatzsteuerrechtlichen Unternehmerbegriff nicht eben nahe.
Der BFH verwirft ausdrücklich Parallelen zu dem in § 1 Abs. 3 Nr. 1 und § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b GrEStG verwendeten Begriff des herrschenden bzw. abhängigen Unternehmens. Für § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG in seiner ab 1.1.1983 geltenden Fassung hat der Gesetzgeber ausdrücklich auf eine gesetzliche Anknüpfung an das UStG verzichtet. Die Definition der Abhängigkeit von juristischen Personen in § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b GrEStG ist nicht auf § 6a GrEStG übertragbar, weil § 6a Satz 4 GrEStG eine abweichende Definition enthält und zudem auch für Personengesellschaften gilt. Überdies ist zu beachten, dass es sich bei § 1 Abs. 3 GrEStG um einen steuerbegründenden Tatbestand und bei § 6a GrEStG um eine Steuerbegünstigung handelt.
2. Von den rechtlichen Qualifikationsmerkmalen des herrschenden Unternehmens zu unterscheiden ist die Frage, nach welchen Kriterien sich bei einem Konzernverbund die Eigenschaft eines "herrschenden" Unternehmens bestimmt. Die Finanzverwaltung greift hierzu auf den von ihr kreierten Begriff des "Verbunds" zurück. Die rechtliche Tragfähigkeit dieses Verbundbegriffs ist u.a. in dem beim BFH anhängigen Verfahren II R 62/14 aufgeworfen. Dazu und zu weiteren Problemfragen des § 6a GrEStG vgl. die vorstehende Besprechung.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 25.11.2015 – II R 63/14