Leitsatz
Festsetzung eines Verzögerungsgeldes bei teilweiser Erfüllung der Mitwirkungspflichten.
Sachverhalt
Bei der Klägerin wurde die Durchführung einer steuerlichen Außenprüfung angeordnet. Bereits mit der Übersendung der Betriebsprüfungsanordnung wurde um die Vorlage von Büchern und weiteren Unterlagen gebeten. Dem kam die Klägerin in der Folgezeit jedoch nur teilweise nach, auch waren die Auskünfte und Unterlagen zumeist nicht vollständig. Das Finanzamt drohte daraufhin nach mehrmaliger Nachfrage die Festsetzung eines Verzögerungsgeldes an. Als auch hierauf die Unterlagen nicht vollständig vorgelegt wurden, erließ das Finanzamt einen Bescheid über ein Verzögerungsgeld von TEUR 10. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Auch nach der Festsetzung des Verzögerungsgeldes wurden die Unterlagen nicht vollständig eingereicht. Über die Prüfungsfeststellungen wurde gleichwohl Einigkeit erzielt, und es ergingen geänderte Steuerbescheide. Der Einspruch gegen die Festsetzung des Verzögerungsgeldes wurde abgewiesen, so dass die Klägerin Anfechtungsklage erhob. Sie machte hierbei geltend, das Finanzamt habe sein Ermessen nicht zutreffend ausgeübt. So sei hier kein gravierender Verstoß gegen die Mitwirkungspflichten gegeben. Auch hinsichtlich der Höhe von TEUR 10 sei das Ermessen fehlerhaft ausgeübt worden.
Entscheidung
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg wies die Klage als unbegründet ab. Ein Verzögerungsgeld könne festgesetzt werden, wenn ein Steuerpflichtiger gegen seine Mitwirkungspflichten im Rahmen einer Betriebsprüfung verstoße. Das durch das Finanzamt auszuübende Ermessen sei im zu beurteilenden Fall zutreffend ausgeübt worden. Hinsichtlich des Entschließungsermessens sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin durch ihr Verhalten den Ablauf der Prüfung erheblich verzögert habe. Allein schon deshalb sei die Festsetzung verhältnismäßig gewesen. Auch hinsichtlich des Auswahlermessens sei kein Ermessenfehler gegeben. Angesichts der Bemessung des Verzögerungsgeldes von 0,5 % des durchschnittlichen Jahresgewinns sei die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht unzumutbar beeinträchtigt.
Hinweis
Das durch das JStG 2009 in der AO neu geschaffene Verzögerungsgeld bei Verstößen gegen Mitwirkungspflichten im Rahmen einer Betriebsprüfung ist oftmals als ein Ärgernis anzusehen. Dies gilt allein schon aufgrund der Höhe des Verzögerungsgeldes, welches mindestens EUR 2.500 und maximal EUR 250.000 betragen kann. Umso wichtiger ist es, dass das Finanzamt nicht nur sein Entschließungsermessen ("Ob ein Verzögerungsgeld festgesetzt wird"), sondern auch sein Auswahlermessen ("In welcher Höhe das Verzögerungsgeld erfolgt") mit Zurückhaltung ausübt. Dabei scheint die Tendenz des BFH zum Glück eher zu einer einschränkende Anwendung der Bestimmung des § 146 Abs. 2b AO zu gehen (BFH, Urteil v. 16.6.2011, IV B 120/10, BStBl 2011 II S. 855; siehe auch Dißars, Stbg 2012 S. 433 zum Fragen- und Antworten-Katalog des BMF das Verzögerungsgeld betreffend). Insofern ist es auch angemessen, die Festsetzung eines Verzögerungsgeldes auf wesentliche Fälle zu beschränken. Insofern scheint die Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg in eine gegenläufige Richtung zu deuten. Allerdings darf auch nicht verkannt werden, dass mit der Zulassung der Revision zum BFH die Möglichkeit besteht, dass gerade hinsichtlich der Höhe des Verzögerungsgeldes eine Rechtssicherheit (als Anhaltspunkt) dadurch geschaffen werden könnte, dass eine fixe Bemessung - hier 0,5% der durchschnittlichen Jahresergebnisse - vom BFH gebilligt wird. In jedem Fall gilt es hinsichtlich des Verzögerungsgeldes die weitere Entwicklung abzuwarten.
Das Finanzgericht hat die Revision zum BFH wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.
Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.06.2014, 12 K 12203/13