Prof. Dr. Hans-Friedrich Lange
Leitsatz
Liefert ein Verlag seine Zeitungen verbilligt an seine Arbeitnehmer nach Hause, liegen Lieferungen aufgrund des Dienstverhältnisses i.S.v. § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG vor. Diese Umsätze werden nach dem marktüblichen Entgelt (regulärer Abonnementpreis) bemessen, wenn dieses die nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG ermittelten Selbstkosten unterschreitet.
Normenkette
§ 10 Abs. 5 Nr. 2 i.V.m. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine Verlagsgesellschaft, lieferte Tageszeitungen im Abonnement an ihre Arbeitnehmer gegen ein Entgelt (nur) in Höhe der Zustellgebühr. Dieses unterwarf sie zzgl. eines pauschalen Zuschlags (30 % der Abonnementpreise) der USt.
Das FA setzte dagegen entsprechend einer bundeseinheitlichen Regelung über die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung von Mitarbeiterabonnements als Entgelt den nicht verbilligten Abonnementpreis einschließlich Versandkosten an.
Die Klage blieb erfolglos (Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 19.2.2009, 5 K 291/04, Haufe-Index 2146341, EFG 2009, 883).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück.
Hinweis
1. Häufig wenden Unternehmer ihren Arbeitnehmern Gegenstände (aus eigener Produktion) für deren privaten Bedarf ohne Entgelt oder gegen ein erheblich unter dem Marktpreis liegendes Entgelt zu.
- Wird kein Entgelt gezahlt, ist der Umsatz nach § 3 Abs. 1b Nr. 2 UStG als unentgeltliche Wertabgabe zu versteuern. Der Umsatz wird bemessen nach dem Einkaufspreis zzgl. der Nebenkosten für den Gegenstand oder für einen gleichartigen Gegenstand oder mangels Einkaufspreises nach den Selbstkosten, jeweils zum Zeitpunkt des Umsatzes (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG).
- Liegt das vom Arbeitnehmer gezahlte Entgelt unter dem üblichen Marktpreis für den Gegenstand, sieht § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG für den Umsatz den Ansatz einer sog. Mindestbemessungsgrundlage vor. Nach dieser Vorschrift gilt § 10 Abs. 4 UStG entsprechend bei Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer an seine Arbeitnehmer oder deren Angehörige aufgrund des Dienstverhältnisses ausführt, wenn die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 UStG das durch den Arbeitnehmer entrichtete Entgelt übersteigt.
2. Eine Leistung "aufgrund des Dienstverhältnisses" i.S.v. § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG liegt vor, wenn die Leistung des Arbeitgebers zwar aus betrieblichem Anlass erfolgt, diese jedoch den privaten Bedarf der Arbeitnehmer befriedigt. Das war hier der Fall.
Zeitungen, die ein Verlag produziert und an seine Arbeitnehmer nach Hause liefert, dienen der Befriedigung des privaten Bedürfnisses der Arbeitnehmer an Information. Der Vorteil eines erheblich ermäßigten Bezugs von Tageszeitungen zur Befriedigung eines privaten Informationsbedürfnisses der Arbeitnehmer ist gegenüber den betrieblichen Gründen, für die der klagende Verlag eine Auflagensteigerung, die Information seiner Arbeitnehmer über das Produkt und eine Förderung der "Corporate Identity" angeführt hatte, nicht nur als untergeordnet anzusehen.
3. Zweck des § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG ist es, einen Unternehmer, der für den privaten Bedarf seines Personals einen Gegenstand entnimmt (oder eine Dienstleistung erbringt), weitgehend einem Endverbraucher, der einen solchen Gegenstand (oder eine Dienstleistung) gleicher Art erwirbt, gleichzustellen.
Danach ist der Ansatz der – mangels eines Einkaufspreises für die Zeitungen hier nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 i.V.m. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG eigentlich maßgebenden – Selbstkosten als Bemessungsgrundlage dann nicht mehr vom Zweck der Vorschrift gedeckt, wenn dadurch die USt für die verbilligten Lieferungen eines Unternehmers an seine Arbeitnehmer höher wäre als für vergleichbare Umsätze mit sonstigen Endverbrauchern. Deshalb ist für den Fall, dass die Selbstkosten den Marktpreis übersteigen, der Umsatz nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 i.V.m. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG höchstens nach dem marktüblichen Entgelt zu bemessen.
Das war im Streitfall geschehen. Das FA hatte als Bemessungsgrundlage für die verbilligte Lieferung der Zeitungen an die Arbeitnehmer den regulären Abonnementspreis für die Zeitungen angesetzt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19.6.2011 – XI R 8/09