Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
3.1 Sachverhalt
Getränkehändler G aus Gera erweitert seine Angebotspalette und bietet auch Schaumwein eines französischen Herstellers in seinem Ladengeschäft in Gera an. G erwirbt von dem Hersteller aus Frankreich 500 Einliterflaschen und zahlt an den Lieferanten pro Flasche 20 EUR. Umsatzsteuer wird ihm von dem Lieferanten nicht berechnet, da G mit seiner zutreffenden USt-IdNr. aus Deutschland aufgetreten ist.
3.2 Fragestellung
G möchte wissen, welche umsatzsteuerrechtlichen Folgen sich für ihn aus dem Einkauf im Juli 2024 ergeben.
3.3 Lösung
Sowohl G als auch der französische Lieferant sind Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG, da sie selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht Umsätze tätigen. Beide Unternehmer werden im Rahmen ihres Unternehmens tätig.
Korrespondenzprinzip in der EU beachten
Der französische Lieferant führt aus französischer Sicht eine in Frankreich steuerbare, dort aber als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfreie, Lieferung aus. Voraussetzung dafür ist insbesondere, dass er die zutreffende USt-IdNr. des G hat – dies ist hier erfüllt.
G realisiert mit dem Einkauf des Schaumweins einen innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 1a Abs. 1 Nr. 1–3 UStG, da der Gegenstand der Lieferung aus Frankreich nach Deutschland gelangt, er den Gegenstand als Unternehmer für sein Unternehmen bezieht und der Lieferer ebenfalls als Unternehmer handelt und offensichtlich in Frankreich auch kein Kleinunternehmer ist. Der i. g. Erwerb ist nach § 3d Satz 1 UStG dort ausgeführt, wo der Gegenstand sich am Ende der Beförderung oder Versendung befindet, in Deutschland. Der i. g. Erwerb ist in Deutschland steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG und unterliegt auch keiner Steuerbefreiung nach § 4b UStG.
Verbrauchsteuer zusätzlich zur Erwerbsteuer möglich
Die eingekaufte Ware unterliegt aber neben der Umsatzsteuer auch der Schaumweinsteuer, § 2 SchaumwZwStG. Bei einer eingekauften Menge von 500 Litern entsteht Schaumweinsteuer i. H. v. (5 × 136 EUR =) 680 EUR. Diese Steuer wird über die Zollverwaltung erhoben und verwaltet.
Zur Ermittlung der von G anzumeldenden Erwerbsteuer ist die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 1 UStG zu ermitteln. Neben dem an den Lieferanten gezahlten Entgelt gehört auch die von G direkt gezahlte Verbrauchsteuer mit zur Bemessungsgrundlage für den i. g. Erwerb. Damit ergibt sich für G die folgende Berechnung für die Bemessungsgrundlage des i. g. Erwerbs:
Zahlung an den Lieferer für den Schaumwein |
10.000 EUR |
gezahlte Schaumweinsteuer |
680 EUR |
Bemessungsgrundlage |
10.680 EUR |
Auf die Bemessungsgrundlage für den i. g. Erwerb entsteht die Umsatzsteuer mit dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG von 19 %, sodass eine Erwerbsteuer i. H. v. (10.680 EUR × 19 % =) 2.029,20 EUR entsteht.
G muss diese Umsatzsteuer bei seinem Finanzamt anmelden, die Steuer entsteht mit Ausstellung der Rechnung durch den liefernden Unternehmer, spätestens mit Ablauf des dem Erwerb folgenden Monats. Steuerschuldner ist nach § 13a Abs. 1 Nr. 2 UStG der Erwerber G.
Da G mit dem Verkauf des Schaumweins in Deutschland keine vorsteuerabzugsschädlichen Ausgangsleistungen ausführen will, ist er zum Vorsteuerabzug für die bei ihm entstandene Umsatzsteuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG berechtigt.