Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
A ist Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG, der im Rahmen seines Unternehmens gegen Entgelt eine Lieferung ausführt. Die Lieferung vollzieht sich im Rahmen eines Tauschs mit Baraufgabe. Der Ort der Lieferung ist dort, wo das Fahrzeug abgeholt wird (Beginn der Beförderung), offensichtlich im Inland, sodass die Lieferung des A nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar ist. Die Lieferung unterliegt auch keiner Steuerbefreiung nach § 4 UStG und ist steuerpflichtig.
Die Bemessungsgrundlage für die Lieferung des Neufahrzeugs bestimmt sich nach § 10 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 UStG. Da A neben der Baraufgabe noch ein altes Fahrzeug geliefert bekommt, muss dieses Fahrzeug bewertet werden. Nach der Rechtsprechung des BFH, die von der Finanzverwaltung umgesetzt worden ist, gehört neben der Zuzahlung auch der subjektive Wert des in Zahlung genommenen Fahrzeugs zur Bemessungsgrundlage.
Ableitung des subjektiven Werts
Nach Auffassung der Finanzverwaltung ergibt sich der subjektive Wert aus dem individuell vereinbarten Kaufpreis zwischen dem Kraftfahrzeughändler und dem Käufer abzüglich der vom Käufer zu leistenden Zuzahlung. Dieses soll dann den Wert darstellen, den der Händler dem Gebrauchtwagen beimisst und den er bereit ist, hierfür aufzuwenden.
Der subjektive Wert des in Zahlung genommenen Fahrzeugs beträgt hier 8.000 EUR (der vereinbarte "Anrechnungspreis"), da der Verkauf des Neufahrzeugs zu einem Bruttopreis von 38.000 EUR vereinbart worden war und eine Zuzahlung von 30.000 EUR erfolgt. A erhält damit insgesamt (30.000 EUR + 8.000 EUR =) 38.000 EUR. Aus diesem Betrag ist die Umsatzsteuer mit 19 % (Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG) herauszurechnen. Die Bemessungsgrundlage beträgt damit insgesamt 31.932,77 EUR und die Umsatzsteuer (31.932,77 EUR x 19 % =) 6.067,23 EUR.
Allerdings hat N einen Teil seiner Gegenleistung (die Überlassung des gebrauchten Altfahrzeugs an den A) schon im Juni 2024 ausgeführt. Da A schon im Juni 2024 über einen Teil der Gegenleistung verfügen kann, liegt eine Anzahlung vor, die für A im Juni 2024 zu einer teilweisen Entstehung der Umsatzsteuer führt. Damit ist A im Juni 2024 ein Gegenwert von 8.000 EUR "zugeflossen". Der Wert des erhaltenen alten Fahrzeugs (8.000 EUR) führt zu einem Nettobetrag von 6.722,69 EUR und einer Umsatzsteuer (19 %) von 1.277,31 EUR. Somit hat A in seiner Voranmeldung für Juni 2024 die Umsatzsteuer von 1.277,31 EUR anzumelden. Die restliche Umsatzsteuer für die Lieferung des Neufahrzeugs entsteht mit Ablauf des Monats der Lieferung, Juli 2024 i. H. des restlichen noch nicht angemeldeten Betrags (6.067,23 EUR ./. 1.277,31 EUR =) 4.789,92 EUR. Es ist im Juli 2024 eine (restliche) Bemessungsgrundlage von (31.932,77 EUR ./. 6.722,69 EUR =) 25.210,08 EUR anzumelden; der Abschluss des Kaufvertrags im Mai 2024 ist für die Entstehung der Umsatzsteuer unbeachtlich. Steuerschuldner ist nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG sowohl im Juni als auch im Juli A.
Verdeckter Preisnachlass seit 2022 nicht mehr möglich
Bis Ende 2021 war es in der Autohandelsbranche üblich, mit sog. "verdeckten Preisnachlässen" zu arbeiten. Autohändler nahmen dabei das gebrauchte Fahrzeug zu einem über dem Verkehrswert liegenden Preis in Zahlung und gewährten insoweit einen Nachlass auf den Verkaufspreis des Neufahrzeugs. Dies wirkte sich auf die Bemessungsgrundlage für den Verkauf des Neufahrzeugs aus. Aufgrund der Rechtsprechung des BFH ist diese Möglichkeit von der Finanzverwaltung zum 1.1.2022 aufgehoben worden.
Es ist jetzt immer von dem Anrechnungspreis für das Altfahrzeug auszugehen ("subjektiver Wert").
Der Verkauf des gebrauchten Fahrzeugs im Juli 2024 an K ist ebenfalls eine steuerbare und steuerpflichtige Lieferung.
Allerdings liegen bei diesem Verkauf die Voraussetzungen der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG vor, da das gebrauchte Fahrzeug im Gemeinschaftsgebiet an A geliefert worden ist, bei der Lieferung an A eine Umsatzsteuer nicht entstanden war und A ein Wiederverkäufer (gewerblicher Händler) ist. Die Bemessungsgrundlage ermittelt sich damit aus der Differenz zwischen dem Verkaufspreis (7.800 EUR) und dem Ankaufspreis abzüglich der in der Differenz enthaltenen Umsatzsteuer.
Da A bei dem Verkauf des Neufahrzeugs das Altfahrzeug mit einem Anrechnungswert von 8.000 EUR erworben hatte und dies Bestandteil des Entgelts für die Lieferung des Neufahrzeugs geworden war, stellt der Anrechnungspreis den Ankaufspreis dar. Für A ergibt sich eine Negativmarge bei Verkauf des gebrauchten Fahrzeugs (7.800 EUR ./. 8.000 EUR = ./. 200 EUR). Eine Umsatzsteuer entsteht in diesem Fall für den Verkauf des gebrauchten Fahrzeugs an K nicht. Eine Verrechnung der Negativmarge mit einer positiven Marge aus einem anderen Verkauf ist nicht möglich. Es handelt sich auch nicht um eine (nachträgliche) Minderung der Bemessungsgrundlage aus der Lieferung des Neufahrzeugs an K.
Stellt A dem Käufer eine Rechnung aus, muss er auf die Anwendung der Differenzbesteuerung hinw...