Prof. Dr. rer. pol. Karsten Paetzmann, Sean Needham
1 Grundsatz
Rz. 1
§ 289d HGB trat am Tag nach der Verkündung des CSR-RL-Umsetzungsgesetzes in Kraft und betraf erstmalig Gj, die nach dem 31.12.2016 begannen. Im Zuge des Gesetzgebungsprozesses zum CSR-RL-Umsetzungsgesetz war zum Zwecke der Vergleichbarkeit erwogen worden, ein bestimmtes Rahmenwerk für die Berichterstattung vorzuschreiben. Dem stehen zunächst Erwägungen der Praktikabilität entgegen, denn vorliegende in der Praxis angewandte Rahmenwerke und Leitlinien erfassen häufig nur Teile des breiten Spektrums nichtfinanzieller Aspekte, wie es von der CSR-RL adressiert wird, oder fokussieren auf zielgruppenspezifische Aspekte. V. a. steht eine solche Festlegung den europarechtlichen Vorgaben entgegen, die ein bestimmtes Rahmenwerk gerade nicht vorgeben. § 289d HGB stellt es den berichterstattenden Unt frei, für die nichtfinanziellen Erklärung nationale, europäische oder internationale Rahmenwerke zu nutzen. Daher muss "kein ‚richtiger’ Nachhaltigkeitsbericht nach (inter)nationalen Rahmenwerken" erstellt werden.
Findet ein Rahmenwerk Anwendung, ist dies in der Erklärung zu erläutern. Wird auf die Nutzung eines Rahmenwerks verzichtet, sind nach § 289d Satz 2 HGB die Gründe hierfür anzugeben ("comply-or-explain"-Ansatz entsprechend der Anregung eines Sachverständigen in der Bundestags-Anhörung vom 7.11.2016).
Wird ein Rahmenwerk gewählt, so bedeutet das nicht, dass dieses einschl. aller Vorgaben dieses Rahmenwerks vollumfänglich umzusetzen ist. Vielmehr darf das bilanzierende Unt auch lediglich Teile des Rahmenwerks nutzen (DRS 20.296, 20.B92). Dann ist jedoch anzugeben, dass das Rahmenwerk tw. genutzt wird. Ebenso ist insgesamt anzugeben, welche Rahmenwerke für welche Teile der nichtfinanziellen Berichterstattung genutzt werden (DRS 20.298 i. V. m. 20.300). Ungeachtet der Nutzung eines oder verschiedener Rahmenwerke ist zu beachten, dass das bilanzierende Unt sämtliche gesetzliche Vorgaben erfüllt.
Rz. 2
Infolge der RL (EU) 2022/2464 (CSRD) die 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft trat und die bis zum 6.7.2024 in nationales Recht umzusetzen war, wird sich auch die Nutzung von Rahmenwerken in naher Zukunft verändern (§ 289b Rz 6 ff.), da dann die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) anwendungspflichtig werden (Rz 8).
Die ESRS bauen wesentlich auf der CSRD sowie insb. auf den Standards der Global Reporting Initiative (GRI) auf (s. hierzu nachfolgend).
Durch das CSRD-Umsetzungsgesetz, für das ein RegE am 24.7.2024 veröffentlicht wurde, entfällt der § 289d HGB in der bisherigen Form bzw. geht im neuen § 289c HGB-E "Inhalt des Nachhaltigkeitsberichts; Verordnungsermächtigung" auf, s. Rz 13.
2 Bisher mögliche Rahmenwerke
Rz. 3
In den Erwägungsgründen zur CSR-RL ist beispielhaft eine Vielzahl von nationalen, unionsbasierten wie auch internationalen Rahmenwerken aufgeführt, die genutzt werden können. Dazu gehören
- das auf der europäischen EMAS-Verordnung und der internationalen Umweltmanagementnorm ISO 14001 basierende "Eco-Management and Audit Scheme" (EMAS) oder
- auf internationaler Ebene das Rahmenprogramm "United Nations Global Compact",
- das "Protect, Respect and Remedy" Rahmenprogramm und Leitprinzipien der Vereinten Nationen,
- die "Leitsätze für multinationale Unternehmen" der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung,
- die "ISO 26000 Guidance on Social Responsibility" der Internationalen Organisation für Normung,
- die "Dreigliedrige Grundsatzerklärung über multinationale Unternehmen und Sozialpolitik" der Internationalen Arbeitsorganisation,
der Berichtsrahmen des International Integrated Reporting Council (IIRC), zu dem am 19.1.2021 ein überarbeitetes Rahmenkonzept mit Geltung für Berichtsperioden mit Beginn ab 1.1.2022 publiziert wurde,
sowie
- die modularen, miteinan...