Rz. 66
Grds. sind nach einhelliger Meinung des Schrifttums sämtliche Miet- und Pachteinnahmen unabhängig von der Branche, der das Unt angehört und unabhängig vom vermieteten Objekt als Umsatzerlöse auszuweisen.
Vermietet ein Unt der Spielzeugindustrie auf der Suche nach neuen Einnahmequellen nicht nur einmalig seine Kantine zur Aufführung von Konzerten an eine Event-Agentur, so stellen diese Mieterlöse nach Meinung des Schrifttums aufgrund der nach BilRUG gültigen Umsatzerlösdefinition Umsatzerlöse dar, schließlich handelt es sich bei diesen Erlösen um eine Dienstleistung, die einen Leistungsaustausch darstellt. Zudem handelt es sich hierbei für Unt der Immobilien- oder Freizeitbranche – im betriebswirtschaftlichen Sinne – um klassische Umsatzerlöse, auch wenn es sich aus Sicht des betreffenden Unt um betriebsfremde Erträge abseits der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit handelt.
Obwohl hier lediglich branchenfremde Erlöse aus der Vermietung oder Verpachtung von Immobilien vorliegen und nicht von Erzeugnissen oder Waren, sieht das Schrifttum aufgrund der dem § 277 Abs. 1 HGB zugrunde liegenden Dienstleistungsdefinition die zwingende Notwendigkeit eines Ausweises der Mieterlöse als Umsatzerlöse. Mitunter wird lediglich eine gewisse Regelmäßigkeit als Grundvoraussetzung für erforderlich gehalten.
Mietet ein Unt eine von Beginn an zu große Bürofläche mit der Absicht einen Teil weiterzuvermieten, so sind diese Mieteinnahmen gem. des derzeitig vorherrschenden Meinungsstandes zweifelsfrei als Umsatzerlöse auszuweisen.
Aus dieser von der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit unabhängigen Umsatzerlösklassifikation resultiert zwangsläufig die Frage, unter welcher GuV-Position die Erlöse aus der Veräußerung selbst erstellter nicht selbst genutzter Immobilien auszuweisen sind.
Lässt ein Unt der Nahrungsmittelindustrie bspw. ein Bürogebäude zur eigenen Nutzung errichten und verkauft es unmittelbar nach der Fertigstellung eine in diesem Gebäude gelegene Eigentumswohnung zu Wohnzwecken an Privatpersonen, so ergäben sich hieraus gem. der obigen im Schrifttum vertretenen branchenunabhängigen Interpretation des Terminus "Produkte" bzw. "Dienstleistungen" zunächst ebenfalls Umsatzerlöse. Ein ähnlicher m. E. irreführender Umsatzerlösausweis ergäbe sich, sofern ein Unt ein Gebäude zur Selbstnutzung kauft und direkt im Anschluss einzelne Wohneinheiten dieses Gebäudes, die es nicht selbst nutzen möchte, weiterverkauft.
Ausgehend von den obigen Beispielen stellt sich die Frage, wie nach der derzeitig gültigen Umsatzerlösdefinition und der vorherrschenden Begriffsinterpretation eine praktikable Lösung für die Systematik des Umsatzerlösausweises umgesetzt werden kann.
Die Beantwortung dieser Frage wird vielfach nur in Abhängigkeit vom jeweiligen Einzelfall (z. B. Branche, Erlös- und Unternehmensstruktur) möglich sein. Während sich viele der nunmehr als Umsatzerlöse auszuweisenden Sachverhalte in einer Größenordnung bewegen, für welche eine Umpositionierung von den sonstigen betrieblichen Erträgen zu den Umsatzerlösen nur mit einem sehr überschaubaren Verzerrungspotenzial verbunden sein wird (z. B. Kantinenerlöse), scheint in jenen Fällen, in denen die Umsatzerlöse außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit in ihrer Gesamtheit ein wesentliches Niveau erreichen, eine Untergliederung des Umsatzerlösausweis zielführend.
Unabhängig von dieser Ausweissystematik muss einer Umsatzzuordnung stets eine Prüfung vorausgehen, ob nicht
- die jeweiligen Begleitumstände und die ursprüngliche Verwendungsabsicht der zur Veräußerung gelangenden VG sowie
- eine gewisse Nähe dieser VG zum AV
eindeutig gegen einen Umsatzausweis sprechen. In diesen Fällen handelt es sich nicht um Produkte des Unt i. S. e. herkömmlichen (europäischen) Begriffsverständnisses, sodass von einem Umsatzerlösausweis abzusehen und ein Ausweis als sonstige betriebliche Erträge vorzunehmen ist.
In dem oben angeführten Beispiel stellt die Vermietung der Kantine zu Konzertzwecken eine mit einem Leistungsaustausch verbundene Dienstleistung dar, sodass für diese Erlöse nach h. M. ein Ausweis unter den Umsatzerlösen vorzunehmen ist. Gleichwohl ist aufgrund der Branchenfremdheit ein untergliederter Umsatzerlösausweis anzuraten, sofern die Umsatzerlöse außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit nicht insgesamt von untergeordneter Bedeutung sind.
Der Weiterverkauf der Eigentumswohnung ist hingegen als absolut branchenunüblich sowie hinsichtlich der Umsatzhöhe des betreffenden Vorgangs als außergewöhnlich einzustufen, da es an jeglichem Produktbezug fehlt. Das Unt stellt dieses Gebäude nicht selbst her, sondern lässt es fertigen. So handelt es sich bei Immobilien schließlich nicht per se um Erzeugnisse oder Waren eines Unt; vielmehr ist ihnen diese Eigenschaft lediglich im Kontext eines zumindest vage gegebenen Branchenbezugs zuzusprechen. Da es sich um einen einmaligen Sachverhalt handelt, scheidet aufgrund der Seltenheit auch das Vorliegen von Nebengeschäften aus, von denen zu erwarten wär...