Rz. 102

Um die Wahrung der absoluten Fristen von zwölf bzw. vier Monaten (Abs. 4) zu ermöglichen, sah Satz 5 a. F. vor, zunächst den Jahresabschluss (Rz 60 ff.) und den Lagebericht (Rz 79 ff.) offenzulegen. Die übrigen Unterlagen mussten dann "unverzüglich" (Rz 91) nach ihrem Vorliegen eingereicht werden. Hierbei war auf die noch fehlenden Unterlagen hinzuweisen, wobei es ausreichte, die fehlenden Unterlagen zu benennen. Auf ohnehin nicht offenlegungspflichtige – weil nicht zu erstellende – Unterlagen musste nicht hingewiesen werden.

 

Rz. 103

Zur Fristwahrung reichte die Offenlegung eines (noch) ungeprüften Jahresabschlusses aus. Allerdings ist zu beachten, dass Änderungen i. R. d. Prüfung oder im Vorfeld der Feststellung des Jahresabschlusses eine erneute Offenlegungspflicht (Rz 35 ff.) auslösen. Allerdings wird es in vielen Fällen nicht gewollt sein, dass auf diese Art und Weise ersichtlich wird, welche Änderungen am Jahresabschluss auf Intervention des Abschlussprüfers vorgenommen wurden. Um dies zu vermeiden, ist eine zeitliche Abstimmung mit dem Abschlussprüfer geboten, die eine Offenlegung des noch ungeprüften Jahresabschlusses entbehrlich macht.

 

Rz. 104

Unterschiedliche Auffassungen bestehen darüber, ob die zunächst noch fehlenden Unterlagen sofort offengelegt werden müssen oder ob gewartet werden kann, bis sämtliche Unterlagen vorliegen, um diese gemeinsam offenzulegen.[1] M. E. kann es – gerade nach der Umstellung auf eine elektronische Veröffentlichung – nicht darum gehen, mithilfe dieser Regelung eine Verzögerung der Offenlegung bzw. Hinterlegung zu ermöglichen. Vielmehr kommt im Gesetzeswortlaut die Vorstellung des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass zeitnah offenzulegen ist. Gerade angesichts der modernen schnellen Kommunikationsformen und den hiermit verbundenen (geringen) Kosten sind hohe Anforderungen an eine Begründung für die weitere zeitliche Aufschiebung zu stellen. Danach wird eine zusammengefasste Offenlegung nur in Betracht kommen, wenn sehr zeitnah sämtliche Unterlagen vorliegen. Da die gesetzlichen Fristen seitens des Unt bereits ausgenutzt wurden, ist für die Gewährung weiterer Erleichterungen eine besondere Rechtfertigung erforderlich. Gegen diese Auffassung mag die hiermit verbundene Kostenbelastung (insb. die Personalkosten für die damit betrauten Mitarbeiter) sprechen. Gleichwohl sind diese Kosten vor dem Hintergrund der vom Gesetzgeber verfolgten Zielsetzung zu beurteilen. Daher sind bei Wirtschaftlichkeitsüberlegungen strenge Maßstäbe anzusetzen, wenn diese als Rechtfertigung für eine verzögerte Offenlegung herangezogen werden sollen. Außerdem wurde für KleinstKapG i. S. v. § 267a HGB mit § 326 Abs. 2 HGB mit der Möglichkeit der Hinterlegung (Rz 24 ff.) eine besondere Erleichterung geschaffen.

 

Rz. 105

Diese Konzeption wurde durch das BilRUG geändert. Nunmehr wird die Frist für die Offenlegung grds. auf den Zeitraum bis zum Ende des folgenden Geschäftsjahres begrenzt (zur Ermittlung s. Rz 92 ff.). Damit ist klargestellt, dass diese Frist vollständig ausgenutzt werden kann. Aufgrund der Formulierung des Gesetzes ("spätestens") kann eine frühere Offenlegung erfolgen. Allerdings ist es nicht zu beanstanden, wenn, vorbehaltlich des Abs. 4, diese Frist vollständig ausgenutzt wird.

[1] Vgl. zur Diskussion m. w. N. z. B. Grottel, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 325 HGB Rz 110 f.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?