1 Überblick
1.1 Inhalt
Rz. 1
§ 320 HGB verpflichtet die gesetzlichen Vertreter einer prüfungspflichtigen Ges. (§ 316 Rz 3), dem Jahres- bzw. Konzernabschlussprüfer die zu prüfenden Unterlagen (Jahresabschluss und Lagebericht bzw. Konzernabschluss und Konzernlagebericht) vorzulegen. Darüber hinaus sind dem Abschlussprüfer alle Bücher, Schriften und Unterlagen vorzulegen, alle notwendigen Auskünfte zu erteilen sowie alle sonstigen Informationen zur Verfügung zu stellen, die dieser für eine ordnungsgemäße Abschlussprüfung benötigt.
Rz. 2
Abs. 4 der Vorschrift beinhaltet eine Auskunftspflicht des bisherigen Abschlussprüfers ggü. dem neuen Abschlussprüfer (Folgeprüfer), um diesem den Zugang zu relevanten Informationen zu gewähren. Er war gem. Art. 66 Abs. 2 EGHGB auf Abschlussprüfungen für nach dem 31.12.2008 beginnende Gj anzuwenden. Bei einem dem Kj. entsprechendem Gj war die Vorschrift somit erstmals auf Abschlussprüfungen des Gj 2009 anzuwenden.
Rz. 3
Der durch das AReG eingeführte Abs. 5 regelt die Zulässigkeit der Übermittlung von Prüfungsunterlagen an den Konzernabschlussprüfer eines in einem Drittland ansässigen MU.
1.2 Zweck
Rz. 4
§ 320 HGB soll sicherstellen, dass der Abschlussprüfer alle Informationen, Unterlagen und Auskünfte erhält, damit er eine ordnungsgemäße Abschlussprüfung durchführen kann. Die Vorschrift sichert dem Abschlussprüfer die für eine unabhängige und gewissenhafte Abschlussprüfung erforderliche starke Position ggü. den gesetzlichen Vertretern. Eine ordnungsgemäße Abschlussprüfung erfordert die Durchführung angemessener Prüfungshandlungen, die Einholung aussagekräftiger Prüfungsnachweise und Auskünfte, die der Abschlussprüfer ohne die Verpflichtung zur Unterstützung für die gesetzlichen Vertreter der geprüften Ges. nur schwer durchführen bzw. erlangen kann.
Rz. 5
Materiell etwa gleiche Rechte wie § 320 HGB gewährt § 145 Abs. 1–3 AktG dem Sonderprüfer bei der Prüfung von Vorgängen bei der Gründung einer AG oder der Geschäftsführung sowie bei Maßnahmen der Kapitalbeschaffung und -herabsetzung.
Rz. 6
Die starke Position des Abschlussprüfers aus § 320 HGB hat ihr Pendant in der umfassenden Pflicht zur Verschwiegenheit und dem Verbot der Verwertung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen des geprüften Unt nach § 323 HGB (§ 323 Rz 74).
1.3 Anwendungsbereich
Rz. 7
§ 320 HGB gilt für gesetzliche Jahres- und Konzernabschlussprüfungen nach § 316 HGB. Die Vorschrift ist entsprechend auch bei Nachtragsprüfungen nach § 316 Abs. 3 HGB anzuwenden. Die Vorschrift ist darüber hinaus anzuwenden bei Abschlussprüfungen nach
sowie sinngemäß bei Prüfungen
Rz. 8
Für Genossenschaften gilt § 320 HGB nicht, auch nicht im Wege des Analogieschlusses. Die speziellen genossenschaftlichen Regelungen in § 57 Abs. 1 GenG eröffnen dem Prüfer des Jahresabschlusses einer Genossenschaft allerdings materiell ähnliche Rechte wie dem Abschlussprüfer nach § 320 HGB.
Rz. 9
Demgegenüber findet § 320 HGB bei freiwilligen Prüfungen grds. keine Anwendung. Bei freiwilligen Prüfungen ist im Prüfungsvertrag die (analoge) Anwendung von § 320 HGB zu vereinbaren.
Rz. 10
In zeitlicher Hinsicht ist Abs. 5 mangels entsprechender Übergangsregelung im EGHGB ab dem 17.6.2016 anzuwenden. Nach hier vertretener Auffassung ist die Vorschrift für ab dem 17.6.2016 beginnende Gj, d. h. bei kalendergleichem Gj ab dem Gj 2017, zu berücksichtigen.
2 Jahresabschluss
2.1 Vorlagepflicht (Abs. 1 Satz 1)
Rz. 11
Die Vorschrift verpflichtet die gesetzlichen Vertreter der prüfungspflichtigen Ges., dem Abschlussprüfer den zu prüfenden Jahresabschluss und Lagebericht unverzüglich vorzulegen. Die unverzügliche Vorlage, d. h. ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB), gründet auf der Vorstellung, dass zunächst die gesetzlichen Vertreter Jahresabschluss und Lagebericht aufstellen und erst dann der Abschlussprüfer mit seiner Prüfung beginnt. Diese eher "kl...