Rz. 78

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen entstehen aus Geschäften, die in der GuV als Umsatzerlöse i. S. d. § 277 Abs. 1 HGB erfasst werden. Den Lieferungen und Leistungen liegen gegenseitige Verträge zugrunde (z. B. Lieferungs-, Werks- oder Dienstverträge), die seitens des bilanzierenden Unt bereits durch Lieferung oder Leistung erfüllt wurden, deren Erfüllung durch den Schuldner in Form einer Bezahlung jedoch noch offen steht. Solange beide Partner nicht geleistet haben, stehen Anspruch und Verpflichtung in der Schwebe und bilden ein schwebendes Geschäft. Der zur Lieferung oder sonstigen Leistung Verpflichtete darf den Erfolg aus dem Geschäft entsprechend dem Realisationsprinzip nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB noch nicht ausweisen und die Forderung aus Lieferung und Leistung daher noch nicht bilanzieren. Zu den Forderungen aus Lieferungen und Leistungen zählen Forderungen aus Verkauf von Produkten und Dienstleistungen, aus dem Verkauf nicht benötigter RHB-Stoffe und aus Schrottverkäufen, aus Erlösen aus Vermietung und Verpachtung-, aus Patenten, Lizenzen und Marken, aus Personalüberlassung sowie empfangene Ertragszuschüsse mit Gegenleistungspflicht und Konzernumlagen. Dagegen resultieren aus dem Verkauf von Anlagevermögen wie auch aus dem Verkauf von Wertpapieren des Umlaufvermögens keine Forderungen aus Lieferungen und Leistungen.

 

Rz. 79

Langfristig gestundete Forderungen sind nicht mehr als Forderung auszuweisen, wenn diese in ein Darlehen mit Zins- und Tilgungszahlungen umgewandelt worden sind. Ab diesem Zeitpunkt ist ein Ausweis unter "sonstige Ausleihungen" (Rz 62) vorzunehmen.[1]

Forderungen aus L&L gegen verbundene Unt bzw. gegen Unt, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht, sind unter dem Posten "Forderungen gegen verbundene Unternehmen" (B. II. 2.) bzw. "Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht" (B. II. 3.) auszuweisen (Rz 80, Rz 82).

Die Gliederungsvorgabe nach dem Kriterium "sachzielbezogen" (Forderungen aus Lieferungen und Leistungen) und "personenbezogen" (Forderungen gegen verbundene Unt) führt zu Überschneidungen. Im Fall eines Ausweises innerhalb der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen kann die Mitzugehörigkeit gem. § 265 Abs. 3 HGB als Davon-Vermerk kenntlich gemacht werden. Gleiches gilt für Forderungen gegen Gesellschafter einer GmbH bzw. einer Personenhandelsgesellschaft i. S. d. § 264a HGB.[2]

 

Praxis-Beispiel[3]

Tochter GmbH hat kurzfristige Forderungen gegen Mutter AG i. H. v. 900 GE. Der Gesamtbetrag der Forderungen der Tochter GmbH beläuft sich auf 5.000 GE, davon haben Forderungen i. H. v. 70 GE eine Laufzeit von mehr als einem Jahr.

Im Beispielfall liegen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie Forderungen gegen verbundene Unt vor. Außerdem handelt es sich gleichzeitig um Forderungen gegen Gesellschafter. Die Mitzugehörigkeit kann als Davon-Vermerk (Lösung 1) oder als tabellarische Darstellung (Lösung 2) erfolgen.

Lösung 1:

 
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen: 5.000 GE
davon gegen verbundene Unt: 900 GE
davon gegen Gesellschafter: 900 GE
davon mit einer Laufzeit von mehr als 1 Jahr: 70 GE

Lösung 2:

 
  Forderungen ­aus Lieferungen ­und Leistungen Sonstige ­Forderungen Summe

Forderungen gegen verb. U.

Andere Forderungen

900

4.100
... ...
Bilanzausweis 5.000 ... ...
davon gegen Gesellschafter 900 ... ...
davon mit einer Laufzeit über 1 Jahr 70 ... ...

Wenn eine Forderung sicherungshalber abgetreten wird (Zession), muss der Sicherungsgeber (Zedent) die Forderung weiterhin bilanzieren, da er gegenüber dem Sicherungsnehmer (Zessionar) für einen Forderungsausfall haftet und somit nach wie vor der wirtschaftliche Eigentümer ist. Demgegenüber geht das wirtschaftliche Eigentum bei einem Forderungsverkauf (Factoring) auf den Käufer der Forderung über (echtes Factoring), wenn dieser das Forderungsrisiko (Delkredererisiko bzw. des Zahlungsausfalls des Schuldners) trägt (§ 246 Rz 53 ff.). Dann wird anstelle der Forderung aus Lieferungen und Leistungen eine Forderung gegen den Käufer ausgewiesen bzw. werden liquide Mittel vereinnahmt. Trägt aber der Verkäufer weiterhin das Ausfallrisiko (unechtes Factoring), muss dieser die Forderung unter den Haftungsverhältnissen gem. § 251 HGB ausweisen. Forderungen aus bargeldlosen Umsatzgeschäften, die gegen Kreditkartenunternehmen oder sonstige Zahlungsdienstleister bestehen, sind innerhalb der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen auszuweisen.[4] Wird mit einem Forderungsausfall gerechnet, ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden.

[1] Vgl. Marx/Dallmann, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 266 HGB Rz 81 ff., Stand: 3/2024.
[2] Vgl. Reiner, in MünchKomm. HGB, 5. Aufl. 2024, § 266 HGB Rz 66 und Marx/Dallmann, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 266 HGB Rz 81.1, Stand: 3/2024.
[3] Vgl. Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 15. Aufl. 2023, § 266 HGB Rz 73.
[4] Vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 266 HGB Rz 123; Suchan...

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