Rz. 148
Bei derartigen Beschaffungsgeschäften ist der Vorrang etwaig vorzunehmender Abschreibungen zu beachten (Rz 137). Hierzu ist zwischen VG des AV (außerplanmäßige Abschreibung bei voraussichtlich dauerhafter Wertminderung) und VG des UV (strenges Niederstwertprinzip) zu differenzieren.
Ein Unt hat im November 01 einen Kaufvertrag für einen Pkw abgeschlossen. Der Pkw soll einem Vertriebsmitarbeiter als Firmen-Pkw überlassen werden. Aufgrund der Erfahrungswerte des Unt kann der Pkw bei vergleichbarer durchschnittlicher Fahrleistung voraussichtlich vier Jahre wirtschaftlich genutzt werden. Die Lieferung des Pkw soll im April 02 erfolgen. Der Kaufpreis ist mit 100 GE vereinbart worden.
Zum Zeitpunkt der Aufstellung des Jahresabschlusses zum 31.12.01 sind die Marktpreise für derartige Pkw aufgrund massiver Nachfragerückgänge gesunken; der Pkw könnte nunmehr für einen Kaufpreis von 90 GE erworben werden. Nach den bei Bilanzaufstellung verfügbaren Informationen wird diese "Rabattschlacht" bei den Autohändlern voraussichtlich noch bis Jahresende 02 andauern; für das Frühjahr 03 werden aber wieder steigende Absatzzahlen der Pkw-Hersteller und sinkende Rabatte der Autohändler erwartet.
Gegenstand der Drohverlustrückstellung ist die Verlustantizipation. Nur für den Fall, dass für den im April 02 zu liefernden Pkw, der dem AV zuzuordnen ist, vom Unt eine Wertberichtigung wegen voraussichtlich dauerhafter Wertminderung vorzunehmen wäre, wäre diese im Wege einer Drohverlustrückstellung zu berücksichtigen. Zwar ist der Marktpreis im Zeitpunkt der Lieferung des Pkw noch für ca. ein Jahr unterhalb der AK. Da für den Pkw eine Nutzungsdauer von vier Jahren angenommen wird, ist dieses nicht als voraussichtlich dauerhaft anzusehen. Eine Drohverlustrückstellung ist in der Bilanz zum 31.12.01 nicht zu bilden.
Rz. 149
Die Drohverlustrückstellung dient der Erfassung drohender Verluste aus dem Beschaffungsgeschäft, nicht aber entgehender Gewinne aufgrund kurzfristig günstiger Beschaffungspreise. Eine Drohverlustrückstellung für VG des AV auf Basis einer nicht dauerhaften Wertminderung ist unzulässig.
Rz. 150
Bei Beschaffungsgeschäften über VG des UV sind aufgrund des strengen Niederstwertprinzips Drohverlustrückstellungen geboten.
Ein Unt hat am Abschlussstichtag Modeartikel als Handelsware bestellt, die noch nicht geliefert worden sind. Bei Bilanzaufstellung ist erkennbar, dass aufgrund der Schnelllebigkeit bei Modeartikeln der Beschaffungspreis für diese Artikel bereits am Abschlussstichtag signifikant gesunken ist. Gleiches gilt für die zu erwartenden Absatzpreise der Handelswaren, die aufgrund eines neuen "trendigeren" Konkurrenzprodukts ebenfalls stark rückläufig sind.
Es ist im Jahresabschluss 01 eine Rückstellung für drohende Verluste zu bilden. Die Höhe bestimmt sich mit dem voraussichtlichen Abschreibungsbedarf, der im Zeitpunkt des Bezugs der Waren zu berücksichtigen ist.
Rz. 151
Die Ermittlung des erwarteten Verlusts richtet sich bei VG des UV nach der Ermittlung des zu erwartenden Abschreibungsbedarfs bei Lieferung der VG gem. § 253 Abs. 4 HGB. Danach ist die Höhe der Drohverlustrückstellung anhand eines Börsen- oder Marktpreises oder – falls diese nicht vorhanden sind – des beizulegenden Werts zu bestimmen. Der beizulegende Wert kann sich grds. nach dem Absatz- oder Beschaffungsmarkt bestimmen, wobei nach der hier vertretenen Auffassung grds. auf den Absatzmarkt abzustellen ist (§ 253 Rz 290).
Rz. 152
Da Drohverlustrückstellungen lediglich drohende Verluste, nicht aber entgehende Gewinne erfassen, ist bei der Bemessung des Verpflichtungsüberschusses ein Gewinnaufschlag des bilanzierenden Unt nicht zu berücksichtigen. Gleiches gilt für kalkulatorische Kosten, da diese nicht zu bilanziellen Verlusten führen dürfen.