Rz. 155
Die Aufstellung der Steuerbilanz gründet sich auf die gesetzlichen Grundlagen in §§ 140, 141 AO. Aufgrund der im vorigen Abschnitt dargestellten vielfältigen Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz hat der Gesetzgeber mit § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG eine Vorschrift erlassen, die die Führung spezieller steuerlicher Verzeichnisse fordert, wenn in der Steuerbilanz VG nicht mit dem handelsrechtlichen Wert angesetzt werden.
Wesentlicher Anwendungsfall ist das Anlagevermögen, für das – soweit steuerliche Wahlrechte ausgeübt werden sollen – eine separate Anlagenbuchhaltung zu führen ist. Gängige Softwareprogramme stellen entsprechende Funktionalitäten bereit. Allerdings sind diese in der vom Grundsatz der Einheitsbilanz geprägten Vergangenheit zumeist nicht genutzt worden, weil es nicht erforderlich war. Einige Bilanzierende kennen bereits diese mehrfache Bewertung für unterschiedliche Zwecke, indem sie bspw. für die Erstellung von IFRS-Abschlüssen oder für die Abbildung von Versicherungswerten separate Bewertungen in ihren Anlagenbuchhaltungen abgebildet haben.
Im Schrifttum wurde die Auffassung vertreten, dass für die Bildung unversteuerter Rücklagen in der Steuerbilanz derartige separate Verzeichnisse nicht zu führen sind. Das BMF-Schreiben vom 12.3.2010 bestätigt diese Sichtweise. Soweit diese Rücklagen in der Steuerbilanz ausgewiesen sind, genügt dies für den Nachweis.
Rz. 156
Je nach Umfang der Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz bieten sich verschiedene Techniken zur Aufstellung der Steuerbilanz an. Bestehen nur sehr wenige Abweichungen, so kann ausgehend von der Handelsbilanz die Steuerbilanz durch wenige Korrekturbuchungen (z. B. in einem separaten Kontenkreis oder per Tabellenkalkulation) entwickelt werden. Die früher nach § 60 Abs. 2 EStDV zulässige Anlage zur Steuererklärung zur Überleitung des handelsrechtlichen auf das steuerliche Ergebnis ist durch die Vorschrift des § 5b EStG (elektronische Übermittlung von Bilanz und GuV) nicht mehr möglich.
Bei einer Vielzahl von Abweichungen empfiehlt sich die Verwendung einer eigenen Steuerbilanzbuchhaltung, die in einem integrierten System abgebildet werden kann. Dieses bei IFRS-Anwendern bekannte Modell (Y-Modell) sieht einen gemeinsamen Kontenrahmen für Handels- und Steuerbilanz vor. Bestimmte Konten erscheinen sowohl in Handels- und Steuerbilanz (z. B. Bankkonten), andere entweder nur in der Handels- oder der Steuerbilanz. Dies erfordert, dass für abweichende Sachverhalte spezielle handels- und steuerrechtliche Konten eingerichtet werden (z. B. für Anlagevermögen, Rückstellungen).
Rz. 157
Bei Aufstellung der Handels- und Steuerbilanz sind verschiedene Gestaltungsüberlegungen zu berücksichtigen. Bei vielen Bilanzierenden steht der Grundsatz der Einheitsbilanz im Vordergrund, der z. T. sogar aufgrund gesellschaftsvertraglicher Regelungen vorgegeben war. Abgesehen von in bestimmten Fällen unvermeidbaren Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz (z. B. Bewertung von Pensionsrückstellungen) können bei anderen Sachverhalten Einheitsbilanzüberlegungen nur über den Verzicht auf steuerliche Fördermaßnahmen hergestellt werden. So kann das Sachanlagevermögen nach Handels- und Steuerrecht dergestalt übereinstimmend bewertet werden, indem ausschl. lineare Abschreibungen berücksichtigt werden. Dies würde aber den Verzicht auf steuerliche Fördermaßnahmen (z. B. degressive Abschreibung, Vornahme von Sonderabschreibungen) voraussetzen.