Klaus Bertram, Prof. Dr. Sabine Heusinger-Lange
Rz. 338
§ 253 Abs. 6 HGB sieht eine Ausschüttungssperre bei Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen vor. Danach ist i. H. d. Betrags, um den die auf Basis des zehnjährigen Durchschnittszinssatzes ermittelte Rückstellung den nach dem siebenjährigen Durchschnittszinssatz berechneten Wertansatz unterschreitet, eine Ausschüttungssperre zu beachten. Dieser Unterschiedsbetrag ist im Anhang oder unter der Bilanz anzugeben. Bei Kfl., die einen Anhang aufstellen müssen, empfiehlt sich eine Anhangangabe, ggf. zusammen mit weiteren ausschüttungsgesperrten Beträge i. S. d. § 268 Abs. 8 HGB (§ 285 Rz 166).
Rz. 339
Für den Jahresabschlussersteller bedeutet dies, dass die Gutachten für die Pensionsrückstellungen beide Werte enthalten müssen, d. h. die Rückstellungsberechnung einmal mit dem zehnjährigen Durchschnittszinssatz und einmal mit dem siebenjährigen Durchschnittszinssatz.
Die GmbH weist in ihrem Jahresabschluss Pensionsrückstellungen aus. Gem. dem versicherungsmathematischen Gutachten eines Aktuars beläuft sich der handelsrechtliche Rückstellungsbetrag (vor Saldierung mit Deckungsvermögen) auf 550 TEUR (ermittelt mit dem zehnjährigen Durchschnittszinssatz). Eine Berechnung mit dem siebenjährigen Durchschnittszinssatz würde lt. dem Gutachten zu einem Rückstellungsbetrag i. H. v. 600 TEUR führen.
I. H. d. Unterschiedsbetrags von 50 TEUR ist eine Ausschüttungssperre gem. § 253 Abs. 6 HGB zu berücksichtigen und im Anhang anzugeben. Die nach einer Ausschüttung verbleibenden frei verfügbaren Rücklagen (erhöht um einen Gewinnvortrag und gekürzt um einen Verlustvortrag) müssen danach mind. 50 TEUR betragen.
Das Gesetz lässt offen, ob bei der Anhangangabe auch der jeweilige Vorjahresbetrag anzugeben ist. Nach der hier vertretenen Auffassung sind keine Vorjahresbeträge anzugeben, da die Vorschrift in den für alle Kfl. gültigen Vorschriften enthalten ist, für die die Regelung des § 265 Abs. 2 HGB nicht gilt.
Rz. 340
Die Ausschüttungssperre gilt aufgrund der unterschiedlichen Haftungsverfassungen von KapG und PersG nur für KapG. Bei PersG und EKfl gibt es keine Gewinnausschüttung, sodass auch die Ausschüttungssperre ins Leere greift. Unabhängig davon haben diese gleichwohl die Angabepflicht unter der Bilanz oder im Anhang zu beachten. Für PersG (auch für haftungsbeschränkte nach § 264a HGB) stellt sich die Frage, ob der Unterschiedsbetrag – analog zu den Ausschüttungssperren gem. § 268 Abs. 8 HGB – vom Kapitalanteil in Abzug zu bringen ist, wenn zu beurteilen ist, inwieweit Entnahmen eines Kommanditisten zu einem Wiederaufleben seiner Außenhaftung führen (§ 172 Abs. 4 HGB). U. E. liegt auch ohne ausdrücklichen Gesetzesbefehl eine Gleichbehandlung mit den übrigen gegen Ausschüttung gesperrten Beträgen nahe.
Rz. 341
§ 253 Abs. 6 HGB regelt ausschl. eine Ausschüttungssperre. Bei Bilanzierenden, die als abhängige Ges. einen Ergebnisabführungsvertrag geschlossen haben, stellt sich die Frage, ob eine entsprechende Abführungssperre besteht. Auch insoweit hat der Gesetzgeber auf eine analoge Regelung verzichtet. Aus gesetzessystematischen Erwägungen liegt es nahe, auch ohne den expliziten Verweis in § 301 AktG eine Abführungssperre für den Unterschiedsbetrag anzunehmen. Juristisch setzt die Annahme einer solchen Abführungssperre in § 301 AktG allerdings eine planwidrige, d. h. "versehentliche" Gesetzeslücke voraus. Im Gesetzgebungsverfahren wurde mehrfach die Einführung einer zusätzlichen Abführungssperre angemahnt. Gleichwohl hat der Gesetzgeber diese nicht in das Gesetz aufgenommen. Deshalb liegt der Gedanke nahe, der Gesetzgeber habe bewusst von einer Anpassung des § 301 AktG abgesehen. Für die betroffenen Unt schafft dies eine erhebliche Unsicherheit und v.a. steuerliche Risiken, da ein nicht ordnungsgemäß durchgeführter Ergebnisabführungsvertrag von der Finanzverwaltung nicht anerkannt wird. Eine Klarstellung von gesetzgeberischer Seite ist mehr als wünschenswert. Mind. die Finanzverwaltung hat sich nunmehr dazu geäußert und dargelegt, dass nach ihrer Auffassung keine Abführungssperre besteht. Danach sind zur ordnungsgemäßen Durchführung eines Ergebnisabführungsvertrags auch die Bewertungsgewinne abzuführen. Eine mittelbare Ausschüttungssperre ergibt sich für diese Beträge auch nicht auf Ebene des beherrschenden Unt.