Leitsatz
Beim rechtsgeschäftlichen Erwerb von Teileigentum ist der vereinbarte Kaufpreis als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nicht um die anteilige Instandhaltungsrückstellung zu mindern.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, § 1 Abs. 3 WEG, § 10 Abs. 7, § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG a.F.
Sachverhalt
Die Klägerin erwarb im Jahr 2016 mehrere Teileigentumsrechte. In dem Kaufvertrag heißt es, der Anteil des Verkäufers an den gemeinschaftlichen Geldern (Vorschüsse, Instandhaltungsrücklage usw.) gehe bei Besitzübergang auf den Käufer über. Das FA setzte die Grunderwerbsteuer unter Berücksichtigung des im Vertrag vereinbarten Kaufpreises fest.
Mit ihrem Einspruch machte die Klägerin geltend, die Bemessungsgrundlage der Steuer sei um die anteilige Instandhaltungsrücklage zu mindern. Einspruch und Klage blieben erfolglos (FG Köln, Urteil vom 17.10.2017, 5 K 2297/16, Haufe-Index 11550041, EFG 2018, 470).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision der Klägerin aus den in den Praxis-Hinweisen genannten Gründen als unbegründet zurück.
Hinweis
Der BFH befasst sich im Besprechungsurteil mit der Frage, ob beim Erwerb von Teileigentum der vereinbarte Kaufpreis als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer um die anteilige Instandhaltungsrückstellung zu mindern ist. Er verneint diese Frage, und zwar inzident auch für den Erwerb von Wohneigentum.
1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer u.a. ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG) begründet. Zu diesen Grundstücken gehören auch das Wohnungseigentum (§ 1 Abs. 2 WEG) und das Teileigentum (§ 1 Abs. 3 WEG).
2. Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ist gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG die Gegenleistung. Bei einem Grundstückskauf gilt nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG als Gegenleistung der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Danach gehören alle Leistungen des Erwerbers zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung (Bemessungsgrundlage), die dieser nach den vertraglichen Vereinbarungen gewährt, um das Grundstück zu erwerben.
3. Umfasst der Kaufvertrag Gegenstände, deren Erwerb nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt, ist der Kaufpreis entsprechend den Grundsätzen zur Aufteilung einer Gesamtgegenleistung aufzuteilen. Leistungen des Erwerbers, die nicht den der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorgang betreffen, insbesondere also für eine andere Leistung aufgewendet werden als für die Verpflichtung, Besitz und Eigentum an dem Grundstück zu verschaffen, scheiden folglich aus der Gegenleistung i.S.v. § 8 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG aus.
4. Eine derartige Aufteilung des Kaufpreises ist beim Erwerb eines Teileigentums nicht im Hinblick auf die anteilige Instandhaltungsrückstellung vorzunehmen.
a) Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist ein vom jeweiligen Mitgliederbestand unabhängiger teilrechtsfähiger und parteifähiger Verband sui generis. Ihr gehört nach § 10 Abs. 7 Satz 1 WEG a.F. (zur jetzt gültigen Fassung s. Bekanntmachung vom 12.1.2021, BGBl I 2021, 34) das Verwaltungsvermögen. Dieses besteht aus den im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gesetzlich begründeten und rechtsgeschäftlich erworbenen Sachen und Rechten sowie den entstandenen Verbindlichkeiten (§ 10 Abs. 7 Satz 2 WEG a.F.). Die Wohnungseigentümer haben keinen Anteil am Verwaltungsvermögen, über den sie verfügen können.
b) Eine ordnungsmäßige, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechende Verwaltung erfordert nach § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG a.F. auch die Ansammlung einer angemessenen Instandhaltungsrückstellung, die zum Verwaltungsvermögen zählt. Die Instandhaltungsrückstellung i.S.d. § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG a.F., bei der es sich nicht um eine Rückstellung im bilanztechnischen Sinne handelt, ist die Ansammlung einer angemessenen Geldsumme, die der wirtschaftlichen Absicherung künftig notwendiger Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum dient und die im Wesentlichen durch Beiträge der Wohnungseigentümer angesammelt wird. Sie bleibt bei einem Eigentümerwechsel Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft. Ein rechtsgeschäftlicher Erwerb dieser Position ist zivilrechtlich nicht möglich.
Anders als das Zubehör eines Grundstücks i.S.d. § 97 Abs. 1 Satz 1, § 98 Nr. 1 BGB, das nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt, kann damit die (anteilige) Instandhaltungsrückstellung beim Eigentumserwerb durch Rechtsgeschäft auch bei entsprechender Einigung von Veräußerer und Erwerber über den Übergang der Instandhaltungsrückstellung nicht auf den Erwerber übergehen.
c) Ein für die Grunderwerbsteuer als Rechtsverkehrsteuer typischer Rechtsträgerwechsel findet somit bezüglich der Instandhaltungsrückstellung nicht statt. Auch wenn die Vertragsparteien vereinbart haben, dass ein Teil des Kaufpreises "für die Übernahme des in der Instandhalt...