Zusammenfassung
Die Beschäftigungsabweichung zeigt das Ausmaß der Kapazitätsausnutzung auf und liefert so wichtige Informationen für die Kosten- und Kapazitätsplanung. Sie tritt dadurch auf, dass im Falle der Unterbeschäftigung (niedrigere Auslastung als geplant) zu wenig und im Falle der Überbeschäftigung (höhere Auslastung als geplant) zu viele fixe Kosten auf die Kostenträger verrechnet werden.
1 Wie entsteht die Beschäftigungsabweichung?
Das vorrangige Ziel einer nach dem Vollkostenprinzip aufgebauten flexiblen Plankostenrechnung ist die Intensivierung der Kostenkontrolle. In deren Rahmen werden etwaige Abweichungen von den vorgegebenen bzw. geplanten Kosten ermittelt und im Hinblick auf ihre Ursachen analysiert. Bei Anwendung des Vollkostenprinzips werden die den Planbeschäftigungen entsprechenden fixen Kosten in die Kalkulationssätze einbezogen. Hierdurch werden die fixen Kosten "rechnerisch proportionalisiert". Da den Kostenstellen im Soll-Ist-Kostenvergleich unabhängig von der Beschäftigung die geplanten fixen Kosten belastet werden, entstehen bei einer von der Planung abweichenden Beschäftigung Fixkosten-Verrechnungsabweichungen, die als Beschäftigungsabweichungen bezeichnet werden. Planbeschäftigung und Istbeschäftigung werden dabei in Arbeitsstunden, Maschinenstunden, Stückzahlen je Zeiteinheit (Monat, Quartal) festgelegt.
2 Wie werden Beschäftigungsabweichungen ermittelt?
Die Ermittlung der Beschäftigungsabweichung erfolgt durch Gegenüberstellung der Sollkosten (Plankosten bei Istbeschäftigung) mit den verrechneten Plankosten:
Beschäftigungsabweichung = Sollkosten – verrechnete Plankosten
Die verrechneten Plankosten werden folgendermaßen ermittelt:
Kv = kp × b(i) + KF |
x |
b(i) |
|
b(p) |
|
Kv |
verrechnete Plankosten |
kp |
proportionale Kosten |
KF |
Fixkosten |
b(i) |
Istbeschäftigung |
b(p) |
Planbeschäftigung |
Der Plankostenverrechnungssatz enthält bei der Vollplankostenrechnung fixe und proportionale Kosten. Infolgedessen werden auch die nicht proportionalen Kostenbestandteile wie proportionale verrechnet, wenn der Istbeschäftigungsgrad vom Planbeschäftigungsgrad abweicht. Durch diese Proportionalisierung der Fixkosten entsteht
- eine Überdeckung, wenn der Istbeschäftigungsgrad größer,
- eine Unterdeckung, wenn er kleiner
ist als der Planbeschäftigungsgrad (s. Abb. 1).
Abb. 1: Beschäftigungsabweichung: Fixkostenüber- oder -unterdeckung
Wie Abb. 1 erkennen lässt, stimmen die verrechneten Plankosten nur bei Planbeschäftigung BPlan mit den Sollkosten überein. Bei anderen Beschäftigungsgraden weicht die Kurve der verrechneten Plankosten vom Sollkostenverlauf ab. Die Plankostenkurve stellt im Gegensatz zum Sollkostenverlauf keine realisierbare Kostenkurve dar. Dies wäre nur dann der Fall, wenn alle Kostenarten sich rein proportional zur Beschäftigung verhalten würden. Die Kurve der verrechneten Plankosten hat in der flexiblen Plankostenrechnung nur eine rein rechentechnische Bedeutung. Die Beschäftigungsabweichung einer Kostenstelle gibt an, welche Kostendifferenz zwischen der Kostenstellenrechnung und der Kostenträgerrechnung entsteht, wenn man in der Plankalkulation bei jeder Beschäftigung den Plankostenverrechnungssatz beibehält. Sie unterscheidet sich von den übrigen Kostenabweichungen (Preisabweichung, Verbrauchsabweichung) der Plankostenrechnung dadurch, dass sie keine echten Mehr- oder Minderkosten sind, sondern die bei Unterbeschäftigung zu wenig bzw. bei Überbeschäftigung zu viel kalkulatorisch verrechneten fixen Kosten wiedergeben.
Die Beschäftigungsabweichung ist auf eine andere Kapazitätsauslastung oder auf eine geänderte Produktionszusammensetzung zurückzuführen und liegt somit auch außerhalb des Einflussbereichs des Kostenstellenverantwortlichen, denn die Ursachen sind auf bereits in der Vergangenheit getroffene Entscheidungen zurückzuführen.
3 Aufteilung der fixen Kosten in Leerkosten und Nutzkosten
Zur Analyse der Fixkostenauslastung hat O. Bredt den Begriff Leerkosten eingeführt, den E. Gutenberg später in die Kostentheorie übernahm und durch den komplementären Begriff Nutzkosten ergänzte. Die Leerkosten sind der mit Fixkosten bewertete Teil der Kapazität, der im Kontrollzeitraum nicht genutzt wurde, die Nutzkosten sind der genutzte Teil, also die Fixkosten abzüglich der Leerkosten.
Die Kenntnis und Analyse der Leerkosten sind insofern sinnvoll, als sie dem Unternehmen als "Deckungskontrolle der fixen Kosten" die notwendigen Informationen zur Anpassung der Größe der Produktionskapazität (Erzeugnisanlagen) an den erzielbaren Absatz (und umgekehrt) liefern.
In Abb. 2 werden die Leer- und Nutzkosten sowie der Zusammenhang zwischen Beschäftigungsabweichung und Leerkosten abgebildet:
Abb. 2: Beschäftigungsabweichung und Nutzkosten/Leerkosten
4 Wie kann die Beschäftigungsabweichung zur Steuerung genutzt werden?
Die Beschäftigungsabweichung ist für kurzfristige Belange unerheblich. Mittel- bis langfristig kann sie ein Indikator für die Ausnutzung der vorhandenen Kapazität in der Kostenstelle sein, der ungenutzte Mitarbeiter- bzw. Maschinenkapazitäten transparent macht und somit die Dringlichkeit der Anpassung der Kapazität an die Beschäftigung aufzeigt. Dies gilt insbesondere bei "Kapazitätsplanung", d. h., die Planbeschäftigung wird an die Kapazitäts...