Bei den folgenden Sachverhalten muss der Abschlussprüfer einen Versagungsvermerk gem. § 322 Abs. 2 Nr. 3 HGB erteilen:
- Es liegen wesentliche Beanstandungen gegen den Jahresabschluss vor, die sich auf diesen als Ganzes auswirken und so bedeutend oder zahlreich sind, dass eine bloße Einschränkung des Bestätigungsvermerks nicht mehr angemessen ist.
- Die Auswirkungen von vorliegenden Prüfungshemmnissen sind als so wesentlich einzustufen, dass der Abschlussprüfer nicht in der Lage ist, zu einem – ggf. eingeschränkten – Prüfungsurteil mit positiver Gesamtaussage zu kommen.
Alle wesentlichen Gründe für die Erteilung eines Versagungsvermerks sind im ersten Absatz des Prüfungsurteils zu erläutern und zu beschreiben.
Versagungsvermerk gem. IDW PS 405 aufgrund von Einwendungen
Versagungsvermerk aufgrund negativer Gesamtaussage:
„Meine Prüfung hat zu folgenden Einwendungen geführt: Der Jahresabschluss wurde unzulässigerweise unter der Annahme des Fortbestands der Gesellschaft aufgestellt, obwohl wegen der ungesicherten Liquiditätsausstattung der Gesellschaft hiervon nicht ausgegangen werden kann. Die wirtschaftliche Lage wird auch im Lagebericht nicht zutreffend dargestellt. Die Buchführung der Gesellschaft ist nicht ordnungsgemäß. Da aufgrund dieser Einwendungen eine positive Gesamtaussage zur Rechnungslegung nicht mehr möglich ist, versage ich den Bestätigungsvermerk.
Nach meiner Überzeugung vermittelt der Jahresabschluss kein unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft. Der Lagebericht gibt insgesamt keine zutreffende Vorstellung von der Lage der Gesellschaft und stellt die Risiken der künftigen Entwicklung nicht zutreffend dar.”
Beispielhaft können die folgenden Einzelgründe zu einem Versagungsvermerk führen:
- Unvollständige Erfassung von wichtigen Geschäftsvorfällen in der Buchführung.
- Klarheit und Übersichtlichkeit des Jahresabschlusses ist nicht gewährleistet.
- Aktivposten sind überbewertet oder Passivposten sind unterbewertet bzw. weggelassen (jeweils wesentlich).
- Unvollständige Angaben im Anhang.
Von besonderer Bedeutung ist die Unterscheidung, wann ein Abschlussprüfer einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk und wann einen Versagungsvermerk zu erteilen hat. Grundsätzlich ist hierbei darauf abzustellen, ob ein Positivbefund zur Rechnungslegung noch möglich ist oder nicht. Besonders ausschlaggebend ist hierbei, ob die Einwendungen auf Mängeln basieren oder Prüfungshemmnisse sich auf klar abgrenzbare Teile der Rechnungslegung beziehen oder ob klare Abgrenzungen nicht möglich sind. Im Extremfall kann der Prüfer gar kein Urteil abgeben.
Nach IDW PS 405 muss der Abschlussprüfer ein versagtes Prüfungsurteil zum Abschluss abgeben, wenn er nach Erlangung ausreichender und angemessener Prüfungsnachweise zu dem Schluss gelangt, dass Einwendungen gegen den Abschluss nicht nur wesentlich, sondern auch "umfassend" sind. Umfassende Auswirkungen auf den Abschluss sind solche, die nach der Beurteilung des Abschlussprüfers
- nicht auf bestimmte Bestandteile, Konten oder Posten der Finanzaufstellungen abgrenzbar sind,
- auch wenn sie abgrenzbar sind, einen erheblichen Teil des Abschlusses betreffen oder betreffen könnten, oder
- in Bezug auf Angaben grundlegend für das Verständnis des Abschlusses durch die Adressaten sind.
Entsprechendes gilt für ein versagtes Prüfungsurteil zum Lagebericht bzw. zu einem sonstigen Prüfungsgegenstand sowie für die Erklärung der Nichtabgabe eines Prüfungsurteils zum Abschluss, zum Lagebericht bzw. zu einem sonstigen Prüfungsgegenstand.
Kein Kündigungsgrund bei Streit über Bestätigungs- bzw. Versagungsvermerk
Ein von dem Abschlussprüfer angenommener Prüfungsauftrag kann nur von ihm (nicht von der zu prüfenden Gesellschaft) und nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Als wichtiger Grund ist es nicht anzusehen, wenn Meinungsverschiedenheiten über den Inhalt des Bestätigungsvermerks, seine Einschränkung oder Versagung bestehen.