OFD Magdeburg, Verfügung v. 30.4.2013, S 2252 - 119 - St 214 V

Die Hapimag AG (Hapimag) betreibt europaweit Ferienwohnungen, die sie nach einem speziellen Punktesystem ihren Aktionären zu besonderen Bedingungen zur Verfügung stellt.

Mit Urteil vom 16.12.1992, I R 32/92 (BStBl 1993 II S. 399) hat der BFH zur steuerlichen Behandlung bereits Stellung genommen und in der Sachverhaltsdarstellung die ‚Anlage’ nachfolgend wie folgt beschrieben:

„Die Hapimag AG ist eine nach schweizerischem Recht gegründete und in der Schweiz ansässige Aktiengesellschaft, die Ferienhäuser und Ferienappartements bewirtschaftet und ihren Aktionären bis auf entstehende Nebenkosten unentgeltlich zur Verfügung stellt. Jeder Aktienerwerber ist verpflichtet, der Aktiengesellschaft ein unverzinsliches Darlehen in Höhe von 1.100 sfr zu gewähren. Die Aktionäre erhalten keine Dividende. Für jede Aktie schreibt die Aktiengesellschaft dem Aktionär zwölf Wohnberechtigungspunkte pro Jahr gut. Die Punkte können über 5 Jahre hinweg angesammelt werden. Sie vermitteln die Möglichkeit, in den von der Aktiengesellschaft bewirtschafteten Ferienanlagen Häuser oder Wohnungen unentgeltlich zu nutzen. In dem damaligen Streitjahr benötigte ein Aktionär in der Hauptsaison 24 Punkte, um eine Wohnung eine Woche lang unentgeltlich unter gesonderter Berechnung der sog. Nebenkosten (Heizung, Strom, Wasser, Reinigung usw.) nutzen zu können.”

Der BFH hatte damals entschieden, dass der Aktionär einen sonstigen Bezug aus Aktien im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG erzielt, wenn eine Aktiengesellschaft satzungsgemäß ihren Aktionären Ferienwohnungen zur zeitlich vorübergehenden Nutzung nach Maßgabe eines Wohnungsberechtigungspunktesystems überlässt.

Der Zufluss eines derartigen sonstigen Bezuges vollzieht sich erst mit der Nutzungsüberlassung einer Wohnung an den Aktionär. Er ist gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG mit dem üblichen Mittelpreis des Verbrauchsortes zu bewerten.

Nach einer Abstimmung mit Vertretern des Bundes und der Länder ist beschlossen worden, dass die Aktionäre der Hapimag durch die Überlassung von Ferienwohnungen entsprechend der bisherigen steuerlichen Beurteilung und basierend auf der BFH-Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 16.12.1992, I R 32/92, a.a.O.) weiterhin Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielen.

Darüber hinaus hatte der BFH entschieden, dass es sich bei den Verwaltungskostenbeiträgen um Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen handelt. Mit der Einführung der Regelungen zur Abgeltungsteuer zum 1.1.2009 ist jedoch zu beachten, dass Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen nur noch in Höhe des Sparer-Pauschbetrages berücksichtigt werden können (§ 20 Abs. 9 EStG).

Beim Finanzgericht Münster ist unter dem Az. 11 K 4508/11 E eine Klage zu der Frage anhängig, ob der Nutzungsvorteil der Hapimag-Aktionäre aus der zeitlich vorübergehenden Nutzung nach Maßgabe eines Wohnungsberechtigungspunktesystems abweichend von den oben dargestellten Grundsätzen steuerrechtlich zu würdigen ist.

Dabei machen die Kläger geltend, dass es sich bei der Nutzungsüberlassung – entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung – nicht um sonstige Bezüge i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, sondern um verdeckte Gewinnausschüttungen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG handele. Die Höhe der steuerpflichtigen Einnahmen berechne sich dabei nicht nach den üblichen Vergleichsmieten, sondern nach dem Nutzungswert.

Die Kläger haben hierzu ein Gutachten vorgelegt. Hierin kommen die Gutachter zu dem Ergebnis, dass der Nutzungswert je Wohnpunkt bei rund 2 EUR bzw. ab 2010 bei 0,40 EUR liege (ab 2010 werden den Aktionären 60 Wohnpunkte je Aktie gutgeschrieben, wobei sich der Gesamtwert der erhaltenen Wohnpunkte nicht verändert). Bei den vom Gutachter durchgeführten Ermittlung werden jedoch die von den Aktionären jährlich zu zahlenden Verwaltungskostenbeiträge wertmindernd berücksichtigt, so dass im Ergebnis das ab 2009 geltende Werbungskostenabzugsverbot nach § 20 Abs. 9 EStG umgangen werden soll.

Weiterhin führen die Kläger aus, dass insbesondere die Qualifizierung der Jahresbeiträge als Werbungskosten unzutreffend sei und begründen dies damit, dass es sich bei den Kosten, die über den Jahresbeitrag auf die Aktionäre umgelegt werden, um Betriebsausgaben der Hapimag handele. Insoweit sei die Rechtsprechung zu dem Verwaltungskostenanteil bei Kapitallebensversicherungen auf den vorliegenden Fall übertragbar (vgl. FG Münster vom 17.6.2009, 12 K 6167/03, EFG 2009 S. 1928; bestätigt durch BFH vom 6.11.2009, VIII B 186/09, BFH/NV 2010 S. 235).

Es bestehen keine Bedenken, Rechtsbehelfsverfahren in gleich gelagerten Fällen nach § 363 Abs. 2 Satz 1 AO mit Zustimmung des Einspruchsführers ruhend zu stellen. AdV ist nicht zu gewähren.

 

Normenkette

EStG § 20

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