Kommentar
Das BMF äußert sich zur einkommensteuerlichen Behandlung von Geldleistungen für Kinder in Vollzeitpflege und anderen Betreuungsverhältnissen. Neu sind insbesondere Aussagen zur Steuerfreiheit von Pflegegeldern eines freien Trägers der Jugendhilfe
Geldleistungen für Kinder in Betreuung
Wenn Kinder und Jugendliche bei ihrem Start ins Leben auf Hilfestellungen angewiesen sind, können sie in verschiedenen Betreuungsformen "aufgefangen" werden, beispielsweis in einer Vollzeitpflege, in Tagesgruppen oder in betreuten Wohnformen. Das BMF hat sich mit Schreiben vom 31.8.2021 zur steuerlichen Behandlung von Geldleistungen in Zusammenhang mit diesen Betreuungsformen geäußert. Einige Aussagen aus dem neuen Schreiben im Überblick:
Vollzeitpflege
Durch eine Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII) soll Kindern im Haushalt der Pflegeeltern - zeitlich befristet oder dauerhaft - ein neues Zuhause geboten werden; zwischen ihnen soll ein dem Eltern-Kind-Verhältnis ähnliches Band entstehen.
Hinweis: Vollzeitpflege existiert in Form der Dauerpflege, der Kurzzeitpflege, der Bereitschaftspflege, der Wochenpflege, der Sonderpflege, der Familienpflege und der Betreuung von Kindern und Jugendlichen im Privathaushalt ausgebildeter Erzieher.
Im Rahmen der Vollzeitpflege gezahlte Pflegegelder und anlassbezogene Beihilfen und Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln können steuerfrei bezogen werden können (nach § 3 Nr. 11 EStG), sofern die Pflege nicht im Rahmen einer Erwerbstätigkeit erfolgt. Hierbei nimmt das BMF folgende Unterscheidung vor:
- Sofern im Haushalt nicht mehr als sechs Kinder betreut werden, sollen die Finanzämter ohne weitere Prüfung davon ausgehen, dass die Pflege nicht erwerbsmäßig betrieben wird (sodass die Gelder steuerfrei bleiben können).
- Werden mehr als sechs Kinder gleichzeitig in einem Haushalt aufgenommen, wird die Erwerbstätigkeit vermutet (sodass eine Steuerfreiheit ausgeschlossen ist).
Hinweis: Vergütungen an Bereitschaftspflegepersonen, die unabhängig von der tatsächlichen Aufnahme eines Kindes geleistet werden (z.B. Platzhaltekosten und Bereitschaftsgelder), sind grundsätzlich steuerpflichtig, weil sie nicht unmittelbar die Erziehung fördern.
Tagesgruppen
Die Erziehung in einer Tagesgruppe (§ 32 SGB VIII) soll die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen unterstützen und den Verbleib in ihrer Familie sichern. Diese Erziehungsform findet in der Regel in einem institutionalisierten Rahmen statt; die Betreuung wird erwerbsmäßig von Fachkräften geleistet, die bei dem jeweiligen Träger angestellt sind. Das BMF weist darauf hin, dass Einnahmen aus diesen Tagesgruppen nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei belassen werden können.
Ausnahme: Die Erziehung in einer Tagesgruppe kann nach § 32 S. 2 SGB VIII auch in geeigneten Formen der Familienpflege geleistet werden. Diese Form der spezialisierten Tagespflege stellt bestimmte pädagogische Anforderungen an die betreuende Person. Dabei wird auch der notwendige Unterhalt des Kindes bzw. Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sichergestellt; er umfasst die Kosten für den Sachaufwand und für die Pflege und Erziehung. Das BMF weist darauf hin, dass Pflegepersonen entsprechende Geldleistungen der Jugendämter steuerfrei beziehen können (nach § 3 Nr. 11 EStG), weil die Zahlungen unmittelbar die Erziehung fördern und aus öffentlichen Mitteln stammen.
Heime und sonstige betreute Wohnformen
Die Erziehung in Heimen und sonstigen betreuten Wohnformen (§ 34 SGB VIII) soll Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung fördern, indem Alltagserleben und pädagogische bzw. therapeutische Angebote miteinander verbunden werden.
Die Erziehung in sonstigen betreuten Wohnformen wird grundsätzlich durch besonders qualifizierte Fachkräfte übernommen, sodass diese Form der Erziehungshilfe regelmäßig erwerbsmäßig ausgeübt wird und eine berufliche Tätigkeit der Betreuungsperson darstellt. Hierfür gezahlte Gelder sind wegen ihres entgeltlichen Charakters steuerpflichtig und fallen nicht unter die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG.
Erhält die Betreuungsperson Zahlungen für die Bestreitung der Sach- und Unterhaltsaufwendungen des Kindes, müssen diese Gelder als (steuerpflichtige) Betriebseinnahmen erfasst werden, wenn die Betreuungsperson freiberuflich tätig ist. Die tatsächlich angefallenen (und nachgewiesenen) Sach- und Unterhaltskosten für das Kind können im Gegenzug als Betriebsausgaben abgesetzt werden. Die Finanzämter beanstanden es jedoch nicht, wenn die Betreuungsperson aus Vereinfachungsgründen einen pauschalen Betriebsausgabenabzug für diese Kosten in Höhe der hierfür erhaltenen kinderbezogenen Leistungen geltend macht.
Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung
Bedürfen Jugendliche einer intensiven Unterstützung zur sozialen Integration und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung, soll ihnen eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung (§ 35 SGB VIII) gewährt werden. Diese Hilfeform ist an besonders belastete oder gefährdete Jugendliche gerichtet, die beispielsweise Gewalt erfahren haben oder ber...