Prof. Dr. Bernd Heuermann
Leitsatz
1. Zur Berechnung des Auflösungsgewinns aus einer in ausländischer Währung angeschafften und veräußerten Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft sind sowohl die Anschaffungskosten als auch der Veräußerungspreis zum Zeitpunkt ihres jeweiligen Entstehens in Euro umzurechnen und nicht lediglich der Saldo des in ausländischer Währung errechneten Veräußerungsgewinns/Veräußerungsverlustes zum Zeitpunkt der Veräußerung.
2. Zur Auslegung von Vereinbarungen über die Lieferung von Gold (Goldunzen/Goldmünzen).
Normenkette
§ 17 Abs. 1, 2, 4, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG
Sachverhalt
Beteiligung: K erwarb am 4.5.1998 1.042.970.858 Anteile (Shares) an der A. Ltd. (Bahamas). Die Anschaffungskosten betrugen 52.627.569 US‐$. Nachdem K einen Teil der Anteile in den Jahren 1999 bis 2001 veräußert hatte, beschloss die Gesellschaft am 14.12.2001 ihre Auflösung. Zu diesem Zeitpunkt war K noch zu 49,3 % an der Gesellschaft beteiligt. Der auf K entfallende Liquidationserlös bestand aus verzinslichen Wertpapieren, deren Nennbetrag im Regelfall auf US‐$ lautete, teilweise aber auch auf EUR. Ferner erhielt K Geldüberweisungen in US‐$ und EUR. Insgesamt betrug der Erlös in Form von Wertpapieren einschließlich Stückzinsen 24.198.638,07 US‐$ und 1.049.483,33 EUR; die Überweisungsbeträge summierten sich auf 4.400.185,84 US‐$ und 1.553.841,60 EUR. Der gesamte an K ausgekehrte Liquidationserlös betrug 28.638.824 US‐$ und 2.603.325 EUR.
Goldgeschäft: Des Weiteren erwarb K von der BANK AG in Luxemburg im Februar 2002 Ansprüche auf Lieferung von insgesamt 16.000 Goldunzen. Für diesen Sachlieferungsanspruch zahlte K an die BANK AG insgesamt 4.724.560,48 US-$ (5.417.457,65 EUR). Die Käufe wurden über K´s Konto bei der BANK AG in Luxemburg abgewickelt. Für den Verkauf von 16.000 Goldunzen wurden K aufgrund der Vereinbarung vom 7.5.2002 von der BANK AG am 10.5.2002 auf dem Konto 5.024.000 US‐$ (5.509.980,26 EUR) gutgeschrieben (Kurs der Goldunze: 314 US‐$). Am selben Tag erhielt K ebenfalls aufgrund der Vereinbarung vom 7.5.2002 insgesamt 16.000 kanadische Goldmünzen Maple Leaf. Dafür wurde sein Konto bei der BANK AG mit 5,2 Mio. US‐$ belastet (Kurs der Goldmünze: 325 US‐$).
Es ging in dem Rechtsstreit nun darum, welche Werte man zugrunde legt. Berücksichtigt man die Werte allein zum Veräußerungszeitpunkt, wäre der Verlust des K höher gewesen. Indes vertraten FA und FG die Auffassung, es müsste zum Zeitpunkt der Anschaffung in ausländische Währung umgerechnet werden.
Entscheidung
Der BFH folgte der Vorentscheidung des FG Düsseldorf (Urteil vom 30.9.2010, 8 K 2608/09 E,F, Haufe-Index 2552299, EFG 2011, 440) und billigte auch die Würdigung des FG bei der rechtlichen Bewertung des Goldgeschäfts.
Hinweis
Diese Entscheidung umfasst zwei vollständig getrennte Sachkomplexe.
1. Unser Protagonist K erwirbt eine Beteiligung i.S. d. § 17 Abs. 1 EStG an einer Ltd. auf den Bahamas in US-$, die drei Jahre später aufgelöst wird. Nach welchen Maßstäben richtet sich die Umrechnung der ausländischen Währung zur Ermittlung des Auflösungsverlustes?
a) |
Bei einer in ausländischer Währung angeschafften und veräußerten Beteiligung sind die für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns maßgeblichen Bemessungsgrundlagen (Anschaffungskosten, Veräußerungspreis, Veräußerungskosten) im Zeitpunkt ihrer jeweiligen Entstehung in EUR umzurechnen. |
b) |
Der Veräußerungs- bzw. Auflösungsgewinn i.S.v. § 17 Abs. 1, 4 EStG ist grundsätzlich in dem Zeitpunkt zu ermitteln, in dem er entstanden ist. Dies ist auch der maßgebliche Zeitpunkt für die Ermittlung des gemeinen Werts des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft i.S.v. § 17 Abs. 4 Satz 2 EStG. |
c) |
Für eine in Fremdwährung veräußerte Beteiligung i.S.v. § 17 EStG ist der Veräußerungspreis im Zeitpunkt der Veräußerung in DM/EUR umzurechnen. Entsprechendes gilt für die Bewertung von im Zuge der Auflösung einer Kapitalgesellschaft zugeteiltem, auf ausländische Währung lautendem Vermögen. Maßgeblich ist grundsätzlich der amtliche Umrechnungskurs im Bewertungszeitpunkt. Der Entstehenszeitpunkt ist auch maßgeblich für die Umrechnung der im Zeitpunkt der Anschaffung in ausländischer Währung entstandenen – historischen – Anschaffungskosten. Dabei ist unerheblich, ob – wie im vorliegenden Fall – Anschaffung und Veräußerung/Liquidation in gleicher ausländischer Währung erfolgten oder nur einer der beiden Akte. |
d) |
Wenn Währungskursschwankungen sich auf die Höhe des Gewinns auswirken, besteuert § 17 EStG nicht etwa eine nicht realisierte Vermögensmehrung. Um eine Beteiligung in fremder Währung anzuschaffen, muss der Steuerpflichtige nämlich erst diese Fremdwährung anschaffen, d.h. deutsche Währung eintauschen. Seine wirtschaftliche Belastung besteht in dem in deutscher Währung dafür investierten oder umgerechneten Betrag. Der Kurs der ausländischen Währung bestimmt durchaus die mit der Anschaffung einhergehende Leistungsfähigkeitsminderung. Diese ist mit dem Veräußerungspreis bzw. Liquidationserlös zu ver... |