Prof. Dr. Stefan Müller, Patrick Saile
1.1 Definition nach § 271 HGB
Rz. 1
Nach § 271 Abs. 1 Satz 1 HGB sind Beteiligungen Anteile an anderen Unternehmen, die bestimmt sind, dem eigenen Geschäftsbetrieb durch Herstellung einer dauernden Verbindung zu jener Kapitalgesellschaft oder Personenhandelsgesellschaft nach § 264a HGB zu dienen. Da dies im 2. Abschnitt des Dritten Buches des HGB geregelt ist, beschränkt sich der Anwenderkreis zunächst auf Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften i. S. d. § 264a HGB. Zudem enthält auch das Publizitätsgesetz (PublG) in § 5 Abs. 1 HGB einen Verweis auf den § 271 HGB. Daher ist eine Anwendung insb. auch auf Personengesellschaften und Einzelkaufleute zwingend, die die Größenmerkmale des § 1 PublG überschreiten. Weitere Verweise bestehen für Genossenschaften (§ 336 Abs. 2 HGB) sowie für Kreditinstitute und Versicherungen (§§ 340a Abs. 1 und 341a Abs. 1 HGB). Für alle übrigen Kaufleute gilt die Definition über die GoB mittelbar. Diese mittelbare Wirkung wird nach der Literatur auf Basis der Begründung des Rechtsausschusses zum BiRiLiG zu § 271 HGB immer dann als notwendig erachtet, wenn die Begrifflichkeiten der "Beteiligung" und des verbundenen Unternehmens im Rahmen der Jahresabschlusses eines Unternehmens von Bedeutung sind. Dies gilt insb. auch für den Fall der freiwilligen Anwendung des Bilanzgliederungsschemas nach § 266 Abs. 2 HGB.
1.2 Objektive und subjektive Merkmale des § 271 HGB
Rz. 2
Vorstehende Definition des § 271 Abs. 1 HGB zeigt
objektive Merkmale:
- es muss sich um Anteile an anderen Unternehmen handeln;
subjektive Merkmale:
- die Anteile an den anderen Unternehmen müssen "dem eigenen Geschäftsbetrieb dienen" und es muss zu den anderen Unternehmen "eine dauernde Verbindung" bestehen.
Rz. 3
Zum objektiven Merkmal "Anteil" ist zunächst festzuhalten, dass nach § 271 Abs. 1 Satz 2 HGB ein Anteil nicht in Wertpapieren verbrieft sein muss. Damit kommen GmbH-Anteile, Aktien, Anteile von Komplementären oder auch von Kommanditisten, also Anteile an einer Kapitalgesellschaft oder Personengesellschaft in Betracht, selbst an einer BGB-Gesellschaft (GbR), wenn diese lt. Gesellschaftsvertrag ein entsprechendes Gesamthandsvermögen hat. Anteil bedeutet, dass wirtschaftlich eine Teilhabe vorliegt, d. h. Ansprüche am Gewinn und am Liquidationserlös bestehen. Entscheidend ist ein wirtschaftliches Miteigentum am Unternehmen. Verwaltungsrechte, Mitsprache- und Kontrollrechte sowie Gläubigerrechte – z. B. Genussrechte typisch stille Beteiligung – begründen keinen Anteil, da die Annahme des materiellen Eigenkapitals nicht erfüllt ist. Ausschließliche Gläubigerrechte können keinen Anteil i. S. d. § 271 Abs. 1 HGB begründen. Die Kriterien, die für eine Annahme materiellen Eigenkapitals entwickelt wurden, sind eine Verlustteilnahme, eine Nachrangigkeit, eine Längerfristigkeit der Kapitalüberlassung und eine Gewinnabhängigkeit der Vergütung.
Der Anteil muss an einem anderen in- oder ausländischen Unternehmen bestehen, also an einer Kapitalgesellschaft (AG, GmbH, KGaA), an einer Personenhandelsgesellschaft (OHG, KG, GmbH & Co. KG), an sonstigen juristischen Personen (z. B. Stiftung), an einer GbR oder an einer EWIV. Eigene Anteile sind nach § 272 Abs. 1a HGB offen vom Eigenkapital abzusetzen. Bruchteilsgemeinschaften sind i. d. R. nicht als Unternehmen anzusehen, auch Investmentfonds begründen kein Unternehmen. Kraft der Bestimmung in § 271 Abs. 1 Satz 5 HGB gilt die Mitgliedschaft in einer eingetragenen Genossenschaft nicht als Beteiligung.
Rz. 4
Die subjektiven Merkmale der Beteiligung fordern, dass die Anteile dem eigenen Geschäftsbetrieb zu dienen bestimmt sein müssen durch Herstellung einer dauernden Verbindung zu dem anderen Unternehmen. Anteile an anderen Unternehmen, die nur der Kapitalanlage dienen, fallen nicht unter den Beteiligungsbegriff. Das HGB fordert keine unmittelbare Einflussnahme auf die Geschäftsführung, daher finden sich in der Literatur unterschiedliche Interpretationen über die Zwecksetzung "dem eigenen Geschäftsbetrieb dienen". Die Absicht der Einflussnahme auf die Geschäftsführung spricht allerdings für das Vorliegen einer Beteiligung. Andere (schwächere) Formen, die eine Dauerhalteabsicht untermauern sind etwa
- langfristig angelegte Lieferungs- und Leistungsverträge,
- Kooperationen einzelner Unternehmenssparten (z. B. Einkauf, Vertrieb),
- Personaltausch, gemeinsame Personalschulungen,
- Nutzung gemeinsamer Vertriebswege.
Ist der Zusammenhang zwischen Beteiligungserwerb und der Absicht der Förderung des eigenen Geschäftsbetriebs nicht gegeben, liegt keine "Beteiligung" i. S. v. § 271 Abs. 1 HGB vor.
Zur "dauernden Verbindung bestimmt" bedeutet, dass der Bilanzierende die Absicht haben muss zu einer mehrjährigen Besitzdauer; ein Ausweis im Anlagevermögen (Hinweis auf § 247 Abs. 2 HGB) ist das Zeichen der Dauerhaftigkeit. Die Dauerhalteabsicht hat eine objektive (können die Anteile überhaupt langfristig gehalten werde...