Leitsatz
Die Beteiligung einer Stadt an einer gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personengesellschaft ist kein Betrieb gewerblicher Art.
Normenkette
§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG, § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG
Sachverhalt
Die Stadt (Klägerin) war im Streitjahr (2008) alleinige Kommanditistin der im Jahr 2000 gegründeten A AG & Co. KG (KG). Komplementärin der KG war die nicht am Kapital beteiligte A AG. Die KG hielt Beteiligungen an drei kommunalen Gesellschaften, nämlich der Stadtwerke GmbH, an der Stadtverkehr GmbH, und an der Stadtbäder-(S-)GmbH, die das Freibad und ein Blockheizkraftwerk betrieb. Zwischen der KG und den drei Beteiligungsgesellschaften bestand jeweils ein Gewinnabführungsvertrag.
Das Verluste erwirtschaftende städtische Hallenbad wurde von der Klägerin in eigener Trägerschaft betrieben und als BgA behandelt (BgA Hallenbad). Dabei erfasste man die Beteiligung der Stadt an der KG als gewillkürtes Betriebsvermögen des BgA Hallenbad und gelangte dadurch zu einer Saldierung der Verluste mit den Erträgen aus der Beteiligung an der KG.
Ab dem Streitjahr behandelte das FA die Beteiligung an der KG als eigenständigen BgA mit der Folge, dass die Verluste aus dem Betrieb des Hallenbads dort nicht gewinnmindernd zum Ansatz kamen. Die Klage blieb ohne Erfolg (FG Nürnberg, Urteil vom 16.6.2015, 1 K 1305/13, Haufe-Index 9065311, EFG 2016, 592).
Entscheidung
Der BFH hat das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen; es sind noch Feststellungen zu Art und Umfang der wirtschaftlichen Betätigung der KG zu treffen.
Hinweis
1. Begründet die Beteiligung einer Stadt an einer KG bereits einen (eigenständigen) Betrieb gewerblicher Art (BgA), der bekanntlich der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterliegt? Mit dieser Frage, deren bejahende Antwort wegen des ertragsteuerrechtlichen Prinzips der transparenten Behandlung der Mitunternehmerschaften bei Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb durch die KG naheliegt, entscheidet sich das Schicksal der hier zu beurteilenden steuerinduzierten Gestaltung zur innerkommunalen Verlustverrechnung.
2. Der Ausgangspunkt ist allerdings klar: Das Halten einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung ist grundsätzlich keine gewerbliche Betätigung, sondern dem Bereich der Vermögensverwaltung zuzuordnen. Immerhin kann eine andere Beurteilung in Betracht kommen, wenn die Körperschaft über eine Zusammenfassung mehrerer Beteiligungen in einer Holding planmäßig Unternehmenspolitik betreibt (sog. geschäftsleitende Holding) oder in anderer Weise entscheidenden Einfluss auf die laufende Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft ausübt und damit durch sie unmittelbar selbst am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt.
Die bisherigen Feststellungen des FG ließen dazu ("Agieren der KG als geschäftsleitende Holding der Beteiligungsgesellschaften?") und zu einer etwaigen anderen gewerblichen Tätigkeit der KG keine abschließende Entscheidung zu.
3. Denn jedenfalls – und das ist der entscheidende Inhalt des Urteils – reicht die Beteiligung der Klägerin an der KG nicht bereits deshalb aus, weil die einzige persönlich haftende Gesellschafterin der KG eine AG ist: Eine "gewerbliche Prägung" i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG führt nicht in § 4 KStG hinein. Denn § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG enthält eine eigenständige, von den einkommensteuerrechtlichen Begriffen des Gewerbebetriebs und gewerblicher Einkünfte unabhängige und ausschließlich tätigkeitsbezogene Definition des BgA.
Zwar liegt der Zweck des § 4 KStG darin, Wettbewerbsverzerrungen zulasten der privaten Wirtschaft zu verhindern, die entstehen würden, wenn sich die öffentliche Hand außerhalb ihrer hoheitlichen Tätigkeit wirtschaftlich betätigen könnte, ohne besteuert zu werden. Allerdings misst der Gesetzgeber einer vermögensverwaltenden Tätigkeit offenkundig keine Bedeutung im Hinblick auf die Wettbewerbsneutralität zu.
4. Ergänzend wird vom BFH betont, dass eine gewerbliche Betätigung der KG nicht allein daraus folgt, dass diese mit den drei gewerblich tätigen Beteiligungsgesellschaften Gewinnabführungsverträge geschlossen hat – immerhin tritt die damit intendierte Rechtsfolge nur bei originärer gewerblicher Tätigkeit der KG (als Organträgerin) ein.
Ebenso wenig "hilft" es weiter, dass das für die KG zuständige FA durch Gewinnfeststellungsbescheid die Erzielung gewerblicher Einkünfte bereits festgestellt und diese der Klägerin als Kommanditistin zugerechnet hatte. Denn im Feststellungsverfahren einer Personengesellschaft, an der eine juristische Person des öffentlichen Rechts beteiligt ist, wird nicht darüber entschieden, inwiefern die juristische Person des öffentlichen Rechts mit ihrer Beteiligung einen BgA unterhält.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 29.11.2017 – I R 83/15