2.1 Persönlicher Geltungsbereich
§ 167 Abs. 1 Satz 1 SGB IX gilt für alle Beschäftigten. Es kommt auch nicht darauf an, ob eine Schwerbehinderung oder Gleichstellung vorliegt.
Die Vorschrift gilt für alle Arbeitgeber. Es kommt nicht auf die Betriebsgröße an, weshalb Klein- und Kleinstbetriebe ebenso betroffen sind. Auch der Geschäftsgegenstand und die Existenz einer Mitarbeiter-/Schwerbehindertenvertretung spielt keine Rolle.
2.2 Pflicht des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Durchführung des BEM anzubieten. Allerdings ist die Verletzung dieser Pflicht nicht unmittelbar gesetzlich sanktioniert, weshalb ein gewisser Spielraum zur Entscheidung besteht, ob und zu welchem Zeitpunkt das BEM angeboten werden soll.
Ein BEM ist anzubieten, sobald die zeitliche Grenze von 6 Wochen Arbeitsunfähigkeit überschritten ist. Der Betrachtungszeitraum ist ein Jahr (nicht Kalenderjahr), also vom jeweiligen Betrachtungszeitpunkt aus gesehen, rückblickend 12 Monate. Unerheblich ist, ob eine zusammenhängende Arbeitsunfähigkeit oder mehrere Arbeitsunfähigkeitszeiten vorliegen. Auch die Ursachen spielen keine Rolle.
Die nach § 5 Abs. 1 EFZG vom Arbeitnehmer dem Arbeitgeber angezeigten Arbeitsunfähigkeitszeiten bilden die Grundlage für die Berechnung des 6-Wochenzeitraums nach § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX.
Mehrere Arbeitsunfähigkeiten
Erkrankt eine beschäftigte Person im Mai 3 Wochen und ist sie im Oktober desselben Jahres 4 Wochen aufgrund einer anderen Erkrankung arbeitsunfähig, sind die Voraussetzungen der Vorschrift erfüllt.
Das BEM ist auch dann durchzuführen, wenn die Arbeitsunfähigkeit noch andauert. Das ergibt sich bereits daraus, dass nach § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX auch zu klären ist, "wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden" kann.
Zeitpunkt des BEM-Angebots
Nicht selten wird ein BEM-Angebot des Arbeitgebers während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit von den Beschäftigten als negativ empfunden. Sie meinen, man wolle ihre "krankheitsbedingte Schwäche" ausnutzen. Daher kann es vertrauensfördernd sein, im BEM-Einladungsschreiben die Möglichkeit anzubieten, den Zeitpunkt des BEM auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Ein Hinweis auf die bestehenden Unterstützungsmöglichkeiten im BEM kann die Beschäftigten aber auch motivieren, bereits während ihrer Arbeitsunfähigkeit gemeinsam mit dem Arbeitgeber ihre Rückkehr an den Arbeitsplatz zu planen.
Wie bei Kurzerkrankungen und Teilzeitbeschäftigung der 6-Wochenzeitraum ermittelt wird, sagt das Gesetz nicht.
Kurzerkrankungen und Teilzeitbeschäftigung
Es bietet sich an, entsprechend den Regelungen des BUrlG vorzugehen. Damit sind 6 Wochen bei einer 5-Tage-Woche 30 Arbeitstage (6 × 5). Bei einer 3 Tage-Woche sind es 6 × 3 = 18 Arbeitstage.
Die beschäftigte Person kann frei entscheiden, ob sie an einem BEM teilnehmen will und damit auch, ob ein solches stattfindet.
Entscheidet sie sich dagegen, was nicht begründet werden muss, kann der Arbeitgeber das BEM nicht einleiten. Das BEM gilt dann als abgelehnt. Dann muss der Arbeitgeber der beschäftigten Person erst dann wieder ein BEM anbieten, wenn sich in einem Zeitraum von maximal 365 Tagen abermals Fehlzeiten über 6 Wochen angesammelt haben. Schweigt diese jedoch auf ein BEM-Angebot, liegt darin keine Ablehnung, wenn der Arbeitgeber zuvor keine Frist zur Erklärung gesetzt hat.
2.3 Sachliche Voraussetzungen
Entscheidung des Arbeitgebers, dass kein BEM erforderlich ist
Variante 1: Der Arbeitgeber kennt die Gründe der Arbeitsunfähigkeit(en) und weiß, dass der Gesundungsprozess zwar etwas länger, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich und folgenlos für das Arbeitsverhältnis ablaufen wird (z. B. Unfall mit Beinbruch).
Variante 2: Dem Arbeitgeber ist klar, dass eine Genesung nicht mehr erhofft werden kann und deshalb ein BEM keinen Sinn ergibt.
Zu Variante 1: Selbst bei scheinbar offensichtlichen Sachverhalten wird dem Arbeitgeber das Angebot eines BEM-Verfahrens empfohlen. Denn in der Praxis hat sich auch hier häufig zumindest befristeter Unterstützungsbedarf gezeigt. Ferner wird dadurch dem Anschein einer selektiven Auswahl bzw. Ungleichbehandlung von BEM-berechtigten Beschäftigten entgegenwirkt.
Zu Variante 2: Will sich der Arbeitgeber die Option einer krankheitsbedingten Kündigung offen halten, bleibt grundsätzlich nichts anderes übrig, als ein BEM anzubieten. Geschieht dies nicht, ist der Arbeitgeber in der Beweispflicht, dass ein BEM erfolglos geblieben wäre.
2.4 Beteiligte beim BEM
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Zwingend zu beteiligen sind zunächst der Arbeitgeber bzw. eine von ihm benannte vertretungsberechtigte Person und die beschäftigte und BEM-berechtigte Person. Der Arbeitgeber hat das BEM anzubieten und bei Zustimmung der beschäftigten Person (i. d. R. des Arbeitnehmers) durchzuführen. Er m...