Leitsatz
Ein Einzelunternehmer, der seinen Betrieb aufgibt, kann den dabei entstehenden Gewinn unter den Voraussetzungen der §§ 16, 34 EStGermäßigt besteuern. Nimmt er seine Tätigkeit jedoch sofort wieder auf, unterliegt der Aufgabegewinn im Regelfall der laufenden Besteuerung. Letzteres gilt aber nicht, wenn alle wesentlichen Betriebsgrundlagen entnommen oder veräußert werden und der neue Betrieb "auf Sparflamme" läuft .
Sachverhalt
Der Inhaber eines Elektroeinzelhandels gab seinen Betrieb auf und erklärte daraus einen Gewinn von 138.000 DM. Er hatte einen Totalräumungsverkauf durchgeführt, das Ladengeschäft im Erdgeschoss eines mehrstöckigen Gebäudes komplett geräumt, die Immobilie ins Privatvermögen überführt und an eine Lebensmittelkette vermietet. Taggleich eröffnete er jedoch in der ersten Etage des Gebäudes einen neuen Gewerbebetrieb mit gleichem Zweck. Bis zur Betriebsaufgabe erzielte er Umsätze von ca. 400.000 DM jährlich, im neuen Betrieb dagegen von ca. 17.700 DM bis zuletzt 4.600 DM. Wegen der Neuanmeldung versagte das Finanzamt die begünstigte Besteuerung des Aufgabegewinns.
Entscheidung
Anders dagegen das FG: Da alle wesentlichen Betriebsgrundlagen ins Privatvermögen überführt bzw. veräußert worden waren und die mit diesen Gegenständen ausgeübte Tätigkeit eingestellt worden war, war der ganze Gewerbebetrieb aufgegeben worden. Die erneute Gewerbeanmeldung und -ausübung war unschädlich, da
- sie nur auf Aufforderung des Gewerbeamtes zustande gekommen war,
- sie nur einen Teil des alten Kundenkreises betraf und dazu diente, Garantieleistungen abzuwickeln, um Regresse zu vermeiden,
- Handel nur in geringem Umfang betrieben, kein Lager vorgehalten, sondern Ware per Katalog bestellt und geliefert wurde,
- auf die Altkunden Einnahmen von weniger als 10 % der früheren Umsätze entfielen.
Hinweis
Damit liegt das FG auf der Linie der Rechtsprechung des BFH, der die Zurückbehaltung von Kunden (bei Gewerbetreibenden) bzw. Mandanten (bei Freiberuflern) dann als unschädlich für die steuerbegünstigte Betriebs- bzw. Praxisaufgabe ansieht, wenn auf diese in den letzten 3 Jahren vor der Aufgabe weniger als 10 % der gesamten Einnahmen entfielen (BFH, Urteil v. 7.11.1991, IV R 14/99, BStBl 1992 II S. 457). Wie sich diese Kundenbeziehungen nach der Betriebsaufgabe entwickeln und ob sie in vollem Umfang genutzt werden, ist dabei unerheblich.
Link zur Entscheidung
FG des Saarlandes, Urteil vom 25.09.2002, 1 K 145/99