Dr. Hubertus Gschwendtner
Leitsatz
Ist im Gesellschaftsvertrag einer GbR die Führung der Geschäfte einem Gesellschafter allein übertragen, dann beherrscht dieser Gesellschafter die Gesellschaft im Sinn der Rechtsprechungsgrundsätze zur Betriebsaufspaltung auch dann, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag die Gesellschafterbeschlüsse einstimmig zu fassen sind.
Normenkette
§ 15 EStG , § 709 BGB , § 710 BGB
Sachverhalt
Die Klägerin war eine GbR, an der HW zu 60 % und AK zu 40 % beteiligt waren. Sie hatte ihr Bürogebäude an die T-GmbH vermietet, an der HW und AK zusammen mit 62,5 % des Stammkapitals beteiligt waren.
HW und AK nahmen ihre Ehefrauen unentgeltlich mit jeweils 5 % des Gesellschaftskapitals in die GbR auf. Sie durften ihre Anteile nur jeweils mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter veräußern. Gesellschafterbeschlüsse waren einstimmig zu fassen. Zum alleinigen Geschäftsführer wurde HW bestellt. Darüber hinaus hatten die Ehefrauen ihren Ehemännern Generalvollmachten zur Vertretung in allen privaten und behördlichen Angelegenheiten erteilt.
Das FA vertrat die Ansicht, dass die Mieteinnahmen der Klägerin gewerbliche Einkünfte seien; es liege eine Betriebsaufspaltung zwischen der GbR und der GmbH vor. Die Klage blieb erfolglos (EFG 2001, 1274).
Entscheidung
Auch nach Ansicht des BFH lag eine Betriebsaufspaltung vor. Hinsichtlich der sachlichen Verflechtung bei Vermietung von Bürogebäuden verwies er auf seine inzwischen ständige Rechtsprechung.
Die personelle Verflechtung sei trotz der vereinbarten Einstimmigkeit bei der Besitz-GbR jedenfalls dann gegeben, wenn die die Betriebs-GmbH beherrschende Person oder Personengruppe die gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäfte der Besitz-GbR beherrsche. Diese Voraussetzung sei erfüllt, wenn einem Gesellschafter, der zusammen mit anderen Gesellschaftern die Betriebs-GmbH beherrsche, im Gesellschaftsvertrag der Besitz-GbR die alleinige Geschäftsführung übertragen worden sei. Damit sei gesichert, dass die gleichgerichteten Interessen in beiden Gesellschaften durchgesetzt werden könnten; der Gesellschafter-Geschäftsführer repräsentiere die die GmbH beherrschende Personengruppe in der GbR.
Hinweis
Das Urteil zeigt, dass die personelle Verflechtung zwischen Besitzunternehmen und Betriebsunternehmen als Voraussetzung der Betriebsaufspaltung immer wieder neue Probleme bereitet. Die Unternehmen sind nur dann miteinander verflochten, wenn eine Person oder Personengruppe beide Unternehmen beherrscht. Das hat die Rechtsprechung grundsätzlich verneint, wenn an der Betriebsgesellschaft nicht alle Gesellschafter einer Besitz-Personengesellschaft beteiligt sind und die Beschlüsse der Besitzgesellschaft – wie grundsätzlich bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) – einstimmig zu fassen sind (vgl. dazu BFH, Urteil vom 21.1.1999, IV R 96/96, BStBl II 2002, 71).
Im vorliegenden Fall ging es jedoch nicht um die Fassung von Beschlüssen der GbR, sondern um die Maßnahmen der Geschäftsführung, die nach dem Gesellschaftsvertrag nicht gemeinschaftlich durch die Gesellschafter, sondern unter Ausschluss der übrigen nur durch einen Gesellschafter getroffen werden sollten. Die – bisher noch nicht entschiedene – Frage war deshalb, ob eine solche Einzelgeschäftsführung und -vertretung im Sinn von §§ 710, 714 BGB zu einer – rechtlichen, nicht nur faktischen (dazu BFH, Urteil vom 15.2.2000, VIII R 82/98, BStBl II 2002, 774) – Beherrschung im Sinn der Rechtsprechungsgrundsätze zur Betriebsaufspaltung führt.
Die Frage ist unter zwei Gesichtspunkten zu prüfen: Zum einen nach der Art der Gesellschaft und zum anderen nach der Art der von der Gesellschaft geführten Geschäfte.
Die rechtliche Stellung eines Geschäftsführers ist bei den verschiedenen Arten von Gesellschaften unterschiedlich. Für eine GmbH (dazu unter anderem BFH, Urteil vom 21.8.1996, X R 25/93, BStBl II 1997, 44) gilt nicht dasselbe wie für eine KG (dazu z.B. BFH, Urteil vom 7.12.1999, VIII R 50, 51/96, BFH/NV 2000, 601) oder eine GbR. Dem Gesellschafter einer GbR kann die Alleingeschäftsführung nach § 712 BGB nur aus wichtigem Grund (z.B. einer groben Pflichtverletzung oder bei Unfähigkeit zu einer ordnungsmäßigen Geschäftsführung) entzogen werden; seine Stellung ist besonders stark ausgeprägt.
Die rechtliche Stellung eines Geschäftsführers ist bei den verschiedenen Arten von Gesellschaften auch nach der Art des jeweils zu führenden Geschäfts unterschiedlich. Seine Beherrschungsmöglichkeiten sind nach den jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen verschieden, je nachdem, ob es sich um gewöhnliche Geschäfte des täglichen Lebens, außergewöhnliche Geschäfte oder um sog. Grundlagengeschäfte handelt. Auch hier ist die Stellung des Alleingeschäftsführers einer GbR besonders stark ausgeprägt; die übrigen Gesellschafter können ihm bei gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäften keine Weisungen erteilen. Nur Grundlagengeschäfte sind ihm verwehrt; insoweit gilt das gesetzliche oder gesellschaftsvertraglich vereinbarte Einstimmigkeitsprinzip.
Nun kann man mit guten Grü...