Rz. 114
Wie sich aus der Übersicht unter Rz. 106 ergibt, werden bei der Übernahme von Einzelwirtschaftsgütern durch Mitunternehmer, die natürliche Einzelpersonen sind, die Buchwerte fortgeführt, wenn der Übernehmer die Wirtschaftsgüter in sein Betriebsvermögen übernimmt und bei ihm die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist.
Rz. 115
In der Regel handelt es sich bei den Einzelwirtschaftsgütern um Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Aufseiten der Gesellschaft und des übernehmenden Gesellschafters wird bei der Übertragung des Wirtschaftsguts jeweils der Buchwert angesetzt. Letztlich versteuert also der übernehmende Gesellschafter die stillen Reserven des übernommenen Wirtschaftsguts, indem er bei abnutzbaren Anlagegegenständen während der Nutzungsdauer nur vom weitergeführten Buchwert abschreibt und bei einem Ausscheiden der Wirtschaftsgüter aus seinem Betriebsvermögen die stillen Reserven in Höhe des Unterschieds zwischen dem fortgeführten Buchwert und dem Veräußerungspreis bei Veräußerungen bzw. dem Teilwert bei Entnahmen versteuert.
Da aufseiten der Personengesellschaft und der Gesellschafter die in das Betriebsvermögen des übernehmenden Gesellschafters übertragenen Wirtschaftsgüter mit den Buchwerten angesetzt werden, sind entsprechend die Kapitalkonten anzupassen (Kapitalkontenanpassungsmethode). Die Auf- bzw. Abstockung erfolgt gewinnneutral.
An der A, B OHG sind A und B je zur Hälfte beteiligt. Jeder Gesellschafter hat ein Kapitalkonto in Höhe von 50.000 EUR. Das Kapital der OHG beträgt also 100.000 EUR. Die Gesellschaft wird real geteilt, indem A und B Einzelwirtschaftsgüter erhalten. Beide überführen sie in ihr jeweiliges Betriebsvermögen. Die Besteuerung der stillen Reserven ist sichergestellt. Zunächst sind die Kapitalkonten von A und B anzupassen. A soll die zur Gruppe I zusammengefassten Wirtschaftsgüter übernehmen und B die Wirtschaftsgüter der Gruppe II.
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Buchwerte |
Teilwerte |
Stille Reserven |
Gruppe I |
80.000 EUR |
100.000 EUR |
20.000 EUR |
Gruppe II |
20.000 EUR |
100.000 EUR |
80.000 EUR |
Summe |
100.000 EUR |
200.000 EUR |
100.000 EUR |
Die Kapitalkonten der Gesellschafter sind an die übernommenen Buchwerte anzupassen:
Kapitalkonto A: 50.000 EUR + 30.000 EUR = 80.000 EUR
Kapitalkonto B: 50.000 EUR – 30.000 EUR = 20.000 EUR
Die stillen Reserven der übernommenen Wirtschaftsgüter betragen insgesamt 100.000 EUR. An ihnen waren A und B je zur Hälfte beteiligt, also jeder in Höhe von 50.000 EUR. Sie haben sich in Bezug auf die Gesellschafter entwickelt:
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Vor der Realteilung |
Nach der Realteilung |
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A |
50.000 EUR |
20.000 EUR |
– 30.000 EUR |
B |
50.000 EUR |
80.000 EUR |
+ 30.000 EUR |
Es sind also von A nach B 30.000 EUR stille Reserven übergegangen.
Rz. 116
Werden also die Buchwerte fortgeführt, weil die übernehmenden Gesellschafter die Wirtschaftsgüter in ihr Betriebsvermögen übertragen, kommt es im Regelfall zur Verlagerung von stillen Reserven.
Im vorstehenden Beispiel waren A und B zu gleichen Teilen an der Gesellschaft beteiligt. Sie erhielten bei der Realteilung Wirtschaftsgüter, deren Teilwerte in ihrer Summe gleich waren. Daher ist eine Ausgleichszahlung des B an A im Hinblick darauf, dass er 30.000 EUR mehr an stillen Reserven erhielt, nicht erforderlich. Er aktiviert in seinem Betriebsvermögen die Wirtschaftsgüter mit den fortgeführten Buchwerten in Höhe von 80.000 EUR. In Höhe von 30.000 EUR hat er zwar ein höheres Abschreibungsvolumen. Entsprechend erhöhen sich aber, soweit es sich um abnutzbare Anlagegegenstände handelt, auf die Nutzungsdauer verteilt die jährlichen Abschreibungen. Infolgedessen verringern sich in diesen Wirtschaftsjahren die Gewinne. Wirtschaftlich gesehen gleicht sich daher das Mehr an stillen Reserven wieder aus. Ertragsteuerlich hat A zwar den Vorteil, dass er durch die höheren AfA eine entsprechend geringere Steuerbelastung hat.