Prof. Dr. René Schäfer, Simon Hauck
1 Dreiteilung des Vermögens
1.1 Grundsatz
Rz. 1
Unter dem gesetzlich nicht definierten Begriff des Betriebsvermögens kann grundlegend die Summe aller Wirtschaftsgüter verstanden werden, die einem Unternehmer zugerechnet werden und in einen tatsächlichen oder wirtschaftlichen Förderungszusammenhang zum Betrieb gestellt sind. Der Terminus Betriebsvermögen existiert dabei zwar lediglich im Rahmen der Gewinneinkunftsarten (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb und aus selbstständiger Arbeit), er kommt allerdings sowohl im Rahmen der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG), als auch bei der Ermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) zur Anwendung.
Rz. 2
Hinsichtlich der Prüfung, ob ein Wirtschaftsgut als Betriebsvermögen qualifiziert werden muss respektive kann und somit in die betriebliche Gewinnermittlung einbezogen werden muss bzw. kann, ist nach den Rechtsprechungsgrundsätzen eine sog. "Dreiteilung" durchzuführen. Nach diesen Grundsätzen wird bei der Zuordnung von Wirtschaftsgütern zwischen dem Betriebsvermögen, welches wiederum zwischen notwendigem und gewillkürtem Betriebsvermögen differenziert, einerseits, sowie dem Privatvermögen andererseits unterschieden.
1.2 Notwendiges Betriebsvermögen
Rz. 3
Ein Wirtschaftsgut wird als notwendiges Betriebsvermögen qualifiziert, wenn es dem Betrieb dergestalt unmittelbar dient, dass es objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb selbst bestimmt ist. Im Zuge dieser Beurteilung ist auf die tatsächliche Zweckbestimmung, also die konkrete Funktion des Wirtschaftsguts im Betrieb, abzustellen. Erforderlich für diese Zweckbestimmung ist eine "endgültige" Funktionszuweisung, die allerdings bereits bei einer abschließenden Bestimmung zur zukünftigen betrieblichen Nutzung des Wirtschaftsguts gegeben ist. An einer endgültigen Funktionszuweisung fehlt es hingegen, wenn der Einsatz des Wirtschaftsguts im Betrieb zwar als möglich in Betracht kommt, aber noch nicht sicher ist. Nach diesen Grundsätzen kann ein Wirtschaftsgut somit als Anlageobjekt oder als auf Vorrat gehalten dem notwendigen Betriebsvermögen zugehören; dies setzt jedoch voraus, dass eine andere als die betriebliche Verwendung nach den objektiven Gegebenheiten künftig nicht in Betracht kommen wird.
Rz. 4
Da bei der Qualifikation als notwendiges Betriebsvermögen "lediglich" auf die tatsächliche Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts abgestellt wird, setzt das Vorliegen von notwendigem Betriebsvermögen weder voraus, dass ein Wirtschaftsgut für den Betrieb notwendig ist, noch dass es wesentlich oder gar unentbehrlich für diesen ist. Auch eine tatsächliche Nutzung, eine weitere Einlagehandlung beziehungsweise eine Aktivierung des Wirtschaftsguts werden im Rahmen der Qualifikation als notwendiges Betriebsvermögen nicht verlangt. Notwendiges Betriebsvermögen wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass das Wirtschaftsgut seiner Funktion nachgeht, selbst wenn es – unzutreffend– im Privatvermögen gehalten wird.
Rz. 5
Besonderheiten gelten bei dem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen. Erbringt ein Landwirt mit Wirtschaftsgütern seines Betriebsvermögens auch Dienstleistungen für andere Land- und Forstwirte, kann es sich um landwirtschaftliche Nebenleistungen handeln, wenn diese Wirtschaftsgüter auch für den eigenen landwirtschaftlichen Betrieb notwendig sind. Nutzt der Landwirt die Maschinen im eigenen Betrieb in einem zeitlichen Umfang von mindestens 10 %, kann er sie – obwohl er sie weit überwiegend in fremden land- und forstwirtschaftlichen Betrieben einsetzt – durch eine endgültige Funktionszuweisung seinem notwendigen land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen zuordnen. Eine von der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit unabhängige gewerbliche Tätigkeit (§ 15 Abs. 2 Satz 1 EStG und § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG) und somit die Zuordnung zu dem aufgrund dieser Tätigkeit entstehenden (eigenständigen) gewerblichen Betriebsvermögen, wird nur dann erforderlich, wenn der Einsatz des Wirtschaftsguts für eigenbetriebliche (land- und forstwirtschaftliche) Zwecke nachhaltig einen zeitlichen Umfang von 10 % unterschreitet. Der Steuerpflichtige hat es diesbezüglich in der Hand, den Umfang seiner betrieblichen Tätigkeit und seiner Betriebsausgaben zu bestimmen.